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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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Neues aus holländischen Museen und Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0170

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323

Neues aus holländischen

Museen und Sammlungen

324

zum Teil wieder ausgefüllt — freilich mehr der Zahl
nach. Von den Franzosen — Constant, Corot, Courbet,
Daubigny, Decamps, Delacroix, Diaz, Dupre, Jacque,
Millet, Rousseau, Troyon, die den Hauptbestandteil
jener ausgeschiedenen Sammlung des Herrn van Eeghen
ausmachten, und die ihren Weg seitdem in manche
ausländische Galerie gefunden haben — ist so gut
wie kein Bild wieder in das Städtische Museum ge-
kommen. Eine so ausgewählte Kollektion, wie die
des Herrn van Eeghen war, wird schwerlich je
wieder in diesen Räumen bewundert werden können.
Wie schon gesagt, an Zahl ist die Lücke annähernd
wieder ausgefüllt und zwar in der Hauptsache durch
Werke moderner Holländer, u. a. von Breitner, Haver-
man, Hendriks, Israels, Kamerlingh Onnes, Karsen,
M. Maris, Mesdag, terMeuten, Neuhuys, Suze Bisschop-
Roberison, Roelofs, Voerman. Allerdings ist zu be-
merken, daß nicht alle diese Bilder Eigentum des
Museums sind, sondern viele von ihnen nur Leih-
gaben. So z. B. die beiden Stücke von Alb. Neuhuys,
der also noch immer keinen dauernden Platz in
diesem Museum gefunden hat. Übrigens fehlen leider
auch Vincent van Gogh und Jan Toorop hier noch
gänzlich.

In einem Saal sind ferner für die Monate Januar
bis April fünfzig moderne Gemälde von Bilders (1),
Blommers (1), Th.deBock (5), Bosboom (7), Gabriel (1),
Joz. Israels (2), Kever (3), /. Maris (10), M. Maris (1),
W. Maris (5), A. Mauve (7), A. Neuhuys (1), Jos.
Neuhuys (2), P. v. d. Velden (1), O. Poggenbeek (2)
und J. H. Weißenbruch (1), sämtlich aus dem Besitze
des Kunsthändlers A. Preyer-Haag, leihweise ausgestellt.
Es befinden sich darunter einige vortreffliche Spe-
zimina dieser Meister — meist kleineren Umfanges.
Aber es hat doch nicht jedes Stück für sich etwas
Besonderes über seinen Schöpfer zu sagen. Es ist
eben doch ein Unterschied zwischen der Art, wie
ein Museumsleiter und ein Kunsthändler sammelt.
Jener geht dabei von dem Gesichtspunkte aus, eine
Malerschule und jeden Maler wieder für sich so viel-
seitig wie möglich in Werken sprechen zu lassen,
wobei er sich zugleich bewußt ist, daß die Samm-
lung nachher so als Ganzes dauernd erhalten bleibt.
Der Kunsthändler dagegen sammelt, um die Bilder
nachher wieder zu verkaufen — es ist natürlich, daß
da dem Geschmack des Publikums Rechnung getragen
wird. —

In Haarlem wird der »Stadtschatz«, die Schützen-
und Regentenstücke von Frans Hals in absehbarer
Zeit einen neuen und sichereren Aufbewahrungsplatz
erhalten. Der jetzige im Rathaus genügt, sowohl was
Beleuchtung wie Sicherheit vor Feuersgefahr betrifft,
keineswegs mehr. In jüngster Zeit wurden dazu noch
Klagen laut über die ungünstigen Temperaturverhältnisse
jenes Saales, in dem sie sich bislang befinden, und eine
bei einem Bild angeblich eingetretene Katastrophe führte
zu einer Interpellation im Haarlemer Stadtrat. Es ging
nämlich das Gerücht, daß bei dem letzten starken Frost-
wetter im Dezember vorigen Jahres das Gemälde der
Vorsteher des Altmännerhauses von 1664 unheilbar be-
schädigt worden sei. Aber das waren Übertreibungen

von technisch Unkundigen. In Wirklichkeit handelte es
sich nur um ein Trübwerden des Firnisses, der nur
regeneriert zu werden brauchte. Weder die Leinwand
noch die Farbschicht selbst haben irgendwie Schaden
genommen. Das von einer Sachverständigenkommission
auf Wunsch des Bürgermeisters am 6. Februar ab-
gegebene Urteil über den Zustand der Gemälde von
Frans Hals läßt alle schlimmen Befürchtungen als
grundlos erscheinen. Glücklicherweise!

Aus Leiden ist mehr zu melden. Im Städtischen
Museum ist ein Teil der Kollektion holländischer
Gemälde aus der Sammlung P. Delaroff- St. Petersburg

— auf deren leihweise zweijährige Überlassung an
das Leidener Städtische Museum in diesen Blättern
schon kurz hingewiesen wurde — ausgestellt worden.
Zunächst allerdings erst ein kleiner Teil der Sammlung,
die rund hundertfünfzig Bilder umfassen soll. Es
sind bis jetzt im ganzen vierundzwanzig, meist kleinere
Gemälde ausgestellt, fast sämtlich an der linken Längs-
wand des von der Rembrandtausstellung 1906 her
bekannten großen Oberlichtsaales im Erdgeschoß der
»Lakenhai«. Kann man nun nicht gerade sagen, daß
es durchweg »erste Meister« seien, deren Werke
wir hier antreffen, so finden wir doch manches In-
teressante. Als bedeutendes Hauptstück der Kollektion
ist ohne Frage das 110x167 cm große Gemälde von
Jan Steen anzuführen, das eine lustige Bauernszene
im Wirtshaushof darstellt. Links steht unter einem
Baum auf einer Art Podest ein Dudelsackpfeifer, nach
dessen Musik sich rechts ein junges Bauernpaar im
Tanze bewegt. Dahinter sitzen am Tisch unter einer
Abdachung zechende Bauern und Bäuerinnen, wäh-
rend links, vor dem Eingang zum Hause, sich ver-
schiedene Paare in liebender Absicht zu schaffen
machen oder sich entfernen. Sehr geschickt ist kom-
positionell die Verbindung zwischen dem Musikanten
auf der linken Bildseite und den beiden Tanzenden
rechts durch einen diese letzteren anbellenden Hund
in der Mitte hergestellt.

Sehr willkommen ist auch das große Tafelbild
von Pieter Aertsen, Christus und die Ehebrecherin.
Dies »Thema« ist freilich nur im Mittelgrund be-
handelt, während der Vordergrund ganz von einem
Frucht- und Gemüsestilleben mit Händlerin und
Händlern eingenommen wird. Wie der Direktor des
Museums, Mr. Dr. Overvoorde, in einem Artikel über
diese Sammlung im »Bulletin v. d. Nederl. Oudhk.
Bond« mitteilt, hat Herr Delaroff von dem Bilde zu-
erst das obere Stück erworben, auf dem damals die
Vordergrundfiguren mit einer Straßenansicht übermalt
waren. Erst acht Jahre später — wie Sievers angibt

— glückte es Herrn Delaroff, auch den fehlenden un-
teren Teil zu finden, um das Bild in seiner ursprüng-
lichen Gestalt wiederherzustellen.

Ich kann unmöglich hier die einzelnen Bilder alle
eingehend besprechen und muß mich mit einer summa-
rischen Aufzählung begnügen. Ich halte mich dabei an
das kurze provisorische Verzeichnis, das jetzt im Museum
zu haben ist. Wie ich früher auch schon mitteilte,
soll noch ein ausführlicher, von Herrn Delaroff nach
wissenschaftlichen Prinzipien verfaßter Katalog seiner
 
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