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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0200

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383

Literatur

384

steckt haltend, in der Nacht von Freitag auf Samstag den
Diebstahl verübten, um dann morgens nach Öffnen der
Kirche unbemerkt zu verschwinden. Zinkolypien nach dem
übrigens sehr bekannten Gemälde werden nun nach allen
Richtungen der Welt verschickt werden. Man bietet alles
auf, was der Fall erheischt, das Bild wieder zu ge-
winnen. Seit mehr als einem Menschenalter ist dies der
einzige hier vorgekommene Fall eines so dreisten Ge-
mäldediebstahls. Das Bild selbst stellt in lebensgroßer
Halbfigur die Madonna hinter einer Marmorbrüstung dar,
an welcher der »Cartello« angebracht ist mit der Aufschrift
JOANNES BELLINNVS. (Seltsamerweise mit Doppel-n
geschrieben). Die Madonna hat blauen Mantel, rotes unter
der Brust durch eine Schnur gegürtetes Untergewand.
Sie drückt das auf ihrer rechten Hand sitzende Kind mit
der Linken fest an sich. Dieses blickt mit geöffnetem Mund,
in welchem, weil weit geöffnet, die zwei oberen Schneide-
zähne sichtbar werden, nach oben. Es ist mit einem dunkel-
braunroten Samthemdehen verhüllt, welches jedoch Arme
und Beinchen freiläßt. Unter dem über den Kopf ge-
zogenen blauen Mantel ist die Stirne der Madonna mit
weißem Schleier verhüllt. Sie blickt wehmütig ernst aus dem
Bilde heraus mit leicht nach links geneigtem Haupte. Hinter
ihr ist, wie üblich, ein reich in Gold und rot mit Ananas-
musterdamaszierterTeppich aufgehängt, welchernach beiden
Seiten nicht Luft, sondern Goldgrund frei läßt, in welchem
hoch oben rechts die Buchstaben OV und auf der anderen
Seite etwas über dem Kopfe des Kindes IG Xü zu lesen
sind. Das Kind hat einen einfachen Kreuznimbus, die
Madonna nur einen einfachen Nimbus. Das Bild, dessen
Verlust tief zu beklagen ist, dürfte wohl für Venedig ver-
loren sein, da der Diebstahl gerade dieses Bildes Kenner-
schaft voraussetzt. Zum Wiederverkauf kann es nicht ge-
stohlen sein seiner Notarietät halber. Das Bild ist auf
Holz gemalt, zirka 0,80 m hoch, 0,55 breit. August Wolf.

LITERATUR

Die Reiterdenkmäler Berlins und Wiens. Von Fer-
dinand Laban. G. Grotesche Verlagsbuchhandlung,
Berlin.

Laban ist einer der besten Köpfe unter den deutschen
Kunsthistorikern. Er schreibt wenig, aber er hat das Glück,
mit seinen Aufsätzen entscheidende Anregungen gegeben
zu haben, deren breite und tiefe Wirkung nach geraumer
Zeit durchbricht (wobei man sich »natürlich« des Ur-
sprunges gar nicht mehr erinnert.) So soll es ihm unver-
gessen bleiben, daß er 1893 in einem Aufsatz des K. Pr.

Jahrbuchs zum erstenmal Schadows Genie ins rechte Licht
gerückt hat und daß, wenigstens in Deutschland, erst durch
seine Arbeit über Füger die Auferstehung des großen
Kleinmeisters herbeigeführt worden ist. — Wieder so einen
Denkzettel für die Kunstgeschichte gibt nun Laban in
einem jüngst erschienenen schmächtigen Heftchen über
die Reiterdenkmäler Berlins und Wiens ab. Lassen wir
die etwas gesuchte, wenn auch geistreiche, Einkleidung
beiseite; ebenso die unbegreifliche wie unerfreuliche und
absolut ungerechtfertigte Polemik gegen L. Hevesi. Der
Arbeit Kern ist die Behauptung, daß das vor der Wiener
Hofburg stehende Denkmal des Prinzen Eugen eines der
bedeutendsten Reiterstandbilder des 19. Jahrhunderts ist,
und daß sein Schöpfer, der aus Erfurt gebürtige Preuße
A. D. Fernkorn, sehr zu Unrecht heute fast gar nicht oder
nur so nebenbei genannt wird. Laban erblickt in diesem
Denkmal eine der schönsten Heldenverkörperungen, die
die Kunstgeschichte kennt. Aber auch welch eines Hel-
den ! Ersten Ranges als Feldherr, ersten Ranges als Staats-
mann, ersten Ranges als Kenner, Sammler und Förderer
der Künste. Es wird wenigen bekannt sein, daß in
den Schriften des Instituts für österreichische Geschichts-
forschung der Satz niedergelegt ist: »Es ist gar kein
Zweifel, daß es ohne den Prinzen Eugen heute kein
Österreich-Ungarn geben würde.« Und dabei ruht
auf diesem edlen Ritter nicht der allerleiseste Makel.
Als er bei Hofe angeschwärzt wurde und an Rücktritt
denken mußte, sagte er schlicht: »Ich habe jährlich auf
10000 Gulden Einkünfte zu rechnen und ich habe soviele
Bücher, daß ich mich nie langweilen werde.« Er hatte
15000 wundervoll eingebundene Bücher, in denen er auch
wirklich las. Ihm gehörte die schönste Kupferstich- und
Handzeichnungensammlung, die er selbst mit größter Sach-
kenntnis und unterstützt von den ersten Kennern seiner
Zeit zusammengebracht hatte (in der Albertina und der
Hofbibliothek aufgegangen). Auch Antiken sammelte er;
z. B. besaß er den Berliner Betenden Knaben. Eugen
war also einer der umfassenden Geister seiner Zeit und
aller Zeiten. Diesen Heros hat Fernkorn verbildlicht und
mit Würde. Dabei war Fernkorn nicht bloß Bildhauer,
d. h. Modelleur, sondern auch sein eigener Gießer; er
hatte eben von der Pike auf gedient. — Wir haben uns
hier so ausführlich mit Labans nur wenige Seiten um-
fassender Broschüre beschäftigt, um seine Fachgenossen
anzuregen, die Gedanken, die in der Arbeit ausgesprochen
sind, wirksam werden zu lassen. a. K.

STAUFFER-BERN: 10 PROBE-DRUCKE

mit Bemerkungen und Dedikationen an seinen Jugendfreund A. Fleiner, Redactor und Kunstkritiker in Zürich.

J. Eva Dohm (nach links) nach Lehrs II Ätzdruck

2. Peter Halm (groß) nach Lehrs VIII Ätzdruck

3. derselbe (groß) nach Lehrs XIII Ätzdruck

4. derselbe (klein) nach Lehrs IV Ätzdruck

5. derselbe (klein) nach Lehrs V Ätzdruck

6. Adolf Menzel (Profil) n. Lehrs II Ätzdrck.

7. derselbe (Profil) n. Lehrs IV Ätzdrck. ^^ft

8. Conr. Ferd. Meyer n. Lehrs V Ätzdrck.

9. Sophie Stauffer n. Lehrs IX Ätzdrck. Rotbraun.
10. Die Zwangslosen n. Lehrs III Ätzdrck.

Im Gegensatz zu obigen Bestimmungen bezeichnet der Künstler selbst:

Nr. 4 und 5 als: Erstes und Zweites Stadium und
Nr. 6 als: „den Ersten Abzug von der Platte, technisch ausgedrückt avant la lettre No. I".
Abgesehen von den Nadelproben unten links im Blatt mit großem, ganz weißem Rand.

Außerdem ein Relief Medusa-Haupt von Böcklin in umrahmtem Schilde, authentisch von Böcklin selbst koloriert.

Gefl. Kauf-Offerten nimmt entgegen

Frau Witwe Ida Fleiner-Seiler Freie Straße J43 :: Zürich V

Inhalt: Franz WickhofF. Von H. Tietze. — W. Fechner f; F. Hancke f; K. Rodeck f; A. Heß f; V. Puhonny f. — Personalien. — Wettbewerbe: Theater
in Dorpat; Plakat für O.Wagner; Plakat der Waldorf-Astoria-Company; Künstlerhaus in Berlin. — Matkowsky-Gedenktafel; Furtwängler-
Orabmal. — Der neu aufgefundene Lionardo; Damenporträt von J. Jordaens. — Ausstellungen in Wien, Paris, Riga, Amerika. — Erwerbungen
des Kaiser-Friedrich-Museums u. der Nationalgalerie in Berlin; Sammlungen auf Schloß Tiefurt. — Archäolog. Institut in Rom. — Hodlers
Wandgemälde für die Universität in Jena; Arbeiten von Reinhold Begas; Fontane-Plakette von m. Wiese. — Vermischtes. — Literatur.

Herausgeber und verantwortliche Redaktion: E. A. Seemann, Leipzig, Querstraße 13
Druck von Ernst Hedrich Nachf. o. m. b. h. Leipzig
 
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