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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 20.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.5951#0254

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Rede. Ein zweites positives Resultat ist die künstlerische
Gestaltung eines neuen Stadtparkes, die jetzt beschlossen
wurde. Ein altes Sumpftal, das früher weit fort von den
Häusern der Stadt lag, demnächst aber in das bebaute
Gebiet einbezogen werden wird, soll zu einem märkischen
Stadtgarten von typischer Gestaltung umgewandelt werden.
Maßgebend ist dafür die Durchführung der Untergrund-
bahn, die an dieser 100 m breiten Einsenkung des Terrains
gleichsam »zu Tage« tritt und dort nun einen Bahnhof
erhalten soll, über dessen Dach wie über eine Brücke
der Verkehr sich fortzieht. Im Anschluß an diesen Bahn-
hof, den Architekt E. Schaudt in monumentalen Formen
errichtet, wird die eine, kleinere Seite des also durch-
schnittenen Parkterrains streng architektonisch gehalten, in
regelmäßigen Linien, geometrischen Rasenflächen und
Blumenstreifen, während auf der anderen Seite aus einer
gleichfalls regelmäßigen Anlage unmittelbar an dem Bau-
werk ein Übergang zu freierem Landschaftscharakter her-
gestellt werden soll. Aber auch hier wird man alles
Spielerische, Kleinlich-Detailhafte vermeiden, sowohl das
Prunken mit fremden Bäumen und Pflanzen, an deren
Stelle nur einheimische, besonders märkische Gewächse
treten, wie die unnütze und fatale Unterbrechung des
Grünen durch verstreute Bauwerke, Pergola-Anlagen, ge-
türmten »Felsblöcke« usw. Ein Gewässer, das sich in
der Mulde bildet, bleibt als kleiner Bach in seinem natür-
lichen Lauf erhalten, ohne daß damit neue, lächerliche
»Wasserfallkünste« oder »Brückenbauten« verbunden wer-
den. Das Ganze soll ein Musterbeispiel für derartigen
städtischen Schmuck bilden. Ähnlich wird es mit dem
neuen Friedhof der Gemeinde gehalten, bei dem die in
München, Hamburg und an anderen Stellen bereits er-
probten Grundsätze der neuen Friedhofskunst in Anwendung
gebracht werden sollen. Der wichtigste Paragraph der
Ordnung für diesen Begräbnisplatz, der überall nachgeahmt
zu werden verdient, lautet: »Zur Vermeidung der gegen-
seitigen Beeinträchtigung und zur Erzielung eines ent-
sprechenden Eindrucks der Friedhofs-Gesamtanlage dürfen
in den hierfür bestimmten Abteilungen entweder nur Denk-
zeichen aus stehenden oder liegenden Steinen, sowie Kreuze
aus Metall oder Holz errichtet werden. Zu Steindenk-
zeichen dürfen Tuffsteine, Muscheltraß, Nagelfluh, Muschel-
kalk, Granit und körniger Kalkstein verwendet, dagegen
Carrara-Marmorsorten, polierte Steine und alle dunklen und
schwarzen Gesteine nur in Ausnahmefällen zugelassen
werden. Die Kreuze dürfen entweder aus Schmiedeeisen
oder Bronzeguß in Verbindung mit Stein, sowie auch aus
Holz hergestellt sein, Druck- und Sandsteingebläseinschriften
sind unzulässig. Minderwertige, schablonenhafte Dutzend-
ware ist auszuschließen. Zur Bepflanzung der in der Mitte
nicht über 30 cm hoch anzulegenden Grabhügel sind nur
Moosarten, Farn, Efeu, Buchs, Wachholder, Ranken von
wildem Wein und Blumen, in den hierfür bestimmten Ab-
teilungen, zugelassen. Zierformen von Pflanzen sind aus-
zuschließen^. Das sind durchweg sehr gesunde und ver-
nünftige Vorschriften, die es verhindern werden, daß dieser
Ruheplatz der Toten von der kühlen Nüchternheit und ab-
stoßenden Geschmacklosigkeit verschont bleibt, die unseren
großstädtischen Friedhöfen insgemein jede weihevolle
Stimmung raubt.

Der norwegische Landtag hat die Gründung einer
norwegischen Kunstakademie für Malerei und Skulptur
beschlossen.

Ein Katalog der alten Meister des Wiener Hof-
museums ist soeben in neuer, reichillustrierter Ausgabe,
innerlich und äußerlich wesentlich durchgearbeitet und ver-
bessert, erschienen.

Der soeben erschienene Jahresbericht des Preußi-

schen historischen Instituts in Rom gibt Rechenschaft
über die neuen und interessanten Ergebnisse in der Er-
forschung der Denkmäler hohenstauffischer Kunst in Süd-
italien. So ist jetzt das große Kastell in Lucera untersucht
und damit endgültig geklärt, was an den erhaltenen Resten
noch wirklich stauffisch ist.

Eine parlamentarische Kunstdebatte in Brüssel
am 3. Juni. Der mit Spannung erwartete Tag der Be-
fragung des Ministers der Schönen Künste seitens der Ab-
geordneten Destree und Vandervelde bezüglich des Ver-
kaufes der Gemälde und Kunstschätze aus dem Besitze
König Leopolds ist vorüber. Wie erwartet, hat der Minister
nur eine ausweichende, nichtssagende Antwort geben können.
Es sprechen aber bei dieser Angelegenheit so viele allge-
meine künstlerische Interessen und Ansichten mit, daß es
mir unbedingt nötig erscheint, aus der erschöpfenden Rede
des Abgeordneten Destree das herauszuziehen, was die
Kunstwelt interessieren muß. Der sachverständige Abge-
ordnete hat auch bei dieser Gelegenheit so viele neue
Momente der peinlichen Angelegenheit vorgebracht, daß
eine Registrierung derselben notwendig erscheint. Destree
erinnert daran, daß der König vor einigen Jahren von Cardon,
dem bekannten Brüsseler Sammler, eine Aufstellung seiner
Galerie hat vornehmen lassen, weil er sich mit der Absicht
trug, diese der Krondomäne einzuverleiben. Die Krondomäne
wurde von der Kammer verworfen. Darauf wurde die
Galerie abermals von dem Pariser Kunstauktionator Petit
abgeschätzt, und Cardon übernahm es, einen Pariser Händler
für den Verkauf der Bilder herbeizuschaffen. Es muß hier-
bei die auffallende Tatsache festgestellt werden, daß der-
selbe Sammler und Sachverständige Cardon das hervor-
ragendste Mitglied der Ankaufskommission für die belgi-
schen königlichen Museen ist! Damit dürfte über das
nationale Kunstgefühl dieses Herrn der Stab gebrochen
sein. Der Minister der Schönen Künste, Baron Descamp-
David, bestreitet dem Abgeordneten Destree, welcher ver-
langte, daß der famose, in London gedruckte Katalog der
königlichen Sammlung, der Bibliothek der Kammer einver-
leibt werden solle, daß je ein solcher hergestellt worden
sei. Der Kernpunkt der ganzen Frage ist: gehören die
bewußten Kunstschätze überhaupt dem Könige? Sind sie
sein persönliches Eigentum oder gehören sie dem Könige
als dem Staatsoberhaupte? Als Said Pascha dem Herzog
von Brabant die bewußten ägyptischen Altertümer zum
Geschenk machte, hat er sie zweifellos nicht dem Herzog
persönlich, sondern in der Person des Thronfolgers der
belgischen Nation als solcher zuweisen wollen. Wenn dem
Präsidenten einer Orchestergesellschaft eine Medaille zuge-
sprochem wird, so steckt er sie ebenfalls nicht in die Tasche,
sondern überreicht sie der von ihm geleiteten Gesellschaft.
Man sagt nun, was Leopold verkaufe, sei eine »königliche«
Sammlung. Dann könnte der König ebensogut alles an-
dere verkaufen, was königlich heißt: die Monnaie, das
Konservatorium. Es ist außer Zweifel, daß der König
einen Teil der Bilder mit den Geldern der Zivilliste ge-
kauft hat. Die Zivilliste stellt aber keinen Jahresgehalt
vor, sondern eine von der Nation dem Staatsoberhaupte
behufs Repräsentierung der Nation und des Thrones zur
Verfügung gestellte Summe. Der Glanz des Thrones be-
dingt auch eine Förderung der Schönen Künste. Nie
jedoch haben weder Leopold I. noch Leopold II. ein Inter-
esse für die bildenden und ausübenden Künste gezeigt.
Hat nun der König gewisse Bilder mit dem Gelde der
Zivilliste gekauft, so gehören diese nicht ihm persönlich,
sondern dem belgischen Volke. Folglich darf er sie nicht
verkaufen. Die [Zivilliste stellt dem König zu Lebzeiten
möblierte Paläste zur Verfügung und unterhält dieselben.
Sie gibt dem Könige Geld zur Verbesserung des Mobiliars.
 
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