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Beiträge zur Geschichtc dcr Kunsttöpferei.
seits geht daraus hervar, daß auch die von
Brinckmann vermißte Dekoration mit Blau zu
Zeiten genbt worden ist. Z Anßer Standgefäßen
1) Das selteuere Vorkommen solcher Stücke hat
seinen Grund darin, daß das bunte Geschirr dem
bäuerlichen Geschmack zusagte und daher besseren
Absatz fand. Als im Jahr 1776, um die Kas-
seler Fayencewaren in den hessischen Landen mög-
lichst gegen die Konkurrenz der Mündener Fabri-
kate zu schützen, auf letztere ein Eingangszoll gelegt
ivurde, war ein Steuerbeamter, Reservatkommissarius
Motz zu Witzenhausen, etwas scharf gegen die mit Mün-
dischenWaren auf denMärktenund sonstumherziehenden
Händler vorgegangen. Der damalige Besitzer der
Mündencr Fabrik, Oberamtmann uud Landdrost von
Hanstein beklagtc sich bei der hessischen Regierung,
daß der genannte Beamte die Einfuhr ausländischer
für Apotheken mit blauanfgemakter Kartusche
befinden sich in der Sammlnng des Verfasscrs
mehrere nnr mit Blanmalerei verzierte Stücke,
welche durch eigenartige Gestaltung nnd origi-
nelle Dessins bemerkenswert sind.
Bei dem fast hundert Jahre hindurch
stattgehabten flotten Betriebe der Fabrik und
der dadnrch bedingten Mannigfaltigkeit der
Erzeugnissc, von denen hier beispielsweisc
auch größere und kleinere Figuren, sowie Ge-
branchsgegenstände in Form von solchen crwähnt
seien i), wäre es in hohem Grade lehrreich und
interessank, an einer möglichst vollständigcn
Kollcktion die verschiedenen Perioden stndiren
zu können und daher wünschenswert, daß von
seiten eincr größeren öffentlichen Sammlung
tyig. 2. Wappcn des Carl Ariedrich von Hanstcin, geb. 1700. i 1775, l>aniiöverschcr Landdrost in Miindcn, dcr Gründer der
Fabril, scin Sohn Johann Carl Friedrich Sittig v. H.. geb. 1728, -s-17g6, hannövr. Oberhauptmann in Mllndcn ux I7S0. Lucie
Wilhclmine von Linsingen. gcb. 1730, -s!7M.
Ware mit Konfiskation bedroht habe. Jn der
Verteidigung des letzteren (v. 18. Sept. 1776) wegen
seines schroffen Vorgehens findet sich folgende Stelle:
„Jndeffen kann und dars ich doch die sprache nicht
ändern, wenn ich anders die gnädigste intsntion mit
der kabrigus in der hiesigen Gegend erreichen soll.
Denn der Bauer siehet, bloß aufs bunte und
wohlfeile, und in beydem betracht müssen wir der
Mündischen tabrigns nachstehen, folglich werde ich
das hiesige taz'snos in dieser Gegend nimmcrmehr
aufbringen, wenn ich ganz offenbahr mit dem mün-
dcner al xari gehen und mich nicht wenigstens böser
stellen soll, als ich jemahls seyn werde.
Jch bitte daher unterthänigst, der kabrigns nur
die orärs zu geben, daß sie den hiesigen äspositorinm
nur mit frey bunter (d. h. mit der Hand bemalter
nicht durch aufgedruckte Darstellungen verzierter) und
wohlfeiler wahre versehe, denn jetzo sind die Kirmessen,
wo es gilt. Der Herr Orosts wird sich hcrnach
so leichte nicht über würckliche eoutiscaticmss be-
schwehren können.
6otks äasssn können unsere Bauern nicht brau-
chen, mithin müssen es näpfe und andere wahren seyn."
in dieser Richtung etwas geschähe. Leider ist
cinc günstige Gelegenheit zur Bildung und zum
Erwerb einer solchen Sammlung entschwunden,
wie die nachstchende Mitteilung des Herrn W.
beweist; er schrieb: „Ein Antiguar, vermutlich
aus Verden, hat vor längerer Zeit die künst-
lerischen Bildungen an Terrinen, Vasen und
sonstigen Schmnckgefäßen bis zu 10 Thlr. per
Stück känftich erstanden nnd angeblich nach
Holland verwertet." Dieselbe bezog sich ver-
mntlich anf die veränßcrtcn Restbestände des
Lagers der Fabrik. Jn Privatbesitz schcint
indcssen cinc derartigc Sanimlung zu existircn,
I) Man findet u. a. Figuren, welche die Jahres-
zeitcn darstellen und ohngesähr 30 om hoch sind,
Krüge in Form eines aus einemFasse sitzendenBauern;
auf der eingangs erwähntcn Ausstellnng zu Kassel
war auch eine Punschbowle in Gestalt eines liegen-
den Löwen von der Größe eincs iiiittclmäßigen Hnndes.
Beiträge zur Geschichtc dcr Kunsttöpferei.
seits geht daraus hervar, daß auch die von
Brinckmann vermißte Dekoration mit Blau zu
Zeiten genbt worden ist. Z Anßer Standgefäßen
1) Das selteuere Vorkommen solcher Stücke hat
seinen Grund darin, daß das bunte Geschirr dem
bäuerlichen Geschmack zusagte und daher besseren
Absatz fand. Als im Jahr 1776, um die Kas-
seler Fayencewaren in den hessischen Landen mög-
lichst gegen die Konkurrenz der Mündener Fabri-
kate zu schützen, auf letztere ein Eingangszoll gelegt
ivurde, war ein Steuerbeamter, Reservatkommissarius
Motz zu Witzenhausen, etwas scharf gegen die mit Mün-
dischenWaren auf denMärktenund sonstumherziehenden
Händler vorgegangen. Der damalige Besitzer der
Mündencr Fabrik, Oberamtmann uud Landdrost von
Hanstein beklagtc sich bei der hessischen Regierung,
daß der genannte Beamte die Einfuhr ausländischer
für Apotheken mit blauanfgemakter Kartusche
befinden sich in der Sammlnng des Verfasscrs
mehrere nnr mit Blanmalerei verzierte Stücke,
welche durch eigenartige Gestaltung nnd origi-
nelle Dessins bemerkenswert sind.
Bei dem fast hundert Jahre hindurch
stattgehabten flotten Betriebe der Fabrik und
der dadnrch bedingten Mannigfaltigkeit der
Erzeugnissc, von denen hier beispielsweisc
auch größere und kleinere Figuren, sowie Ge-
branchsgegenstände in Form von solchen crwähnt
seien i), wäre es in hohem Grade lehrreich und
interessank, an einer möglichst vollständigcn
Kollcktion die verschiedenen Perioden stndiren
zu können und daher wünschenswert, daß von
seiten eincr größeren öffentlichen Sammlung
tyig. 2. Wappcn des Carl Ariedrich von Hanstcin, geb. 1700. i 1775, l>aniiöverschcr Landdrost in Miindcn, dcr Gründer der
Fabril, scin Sohn Johann Carl Friedrich Sittig v. H.. geb. 1728, -s-17g6, hannövr. Oberhauptmann in Mllndcn ux I7S0. Lucie
Wilhclmine von Linsingen. gcb. 1730, -s!7M.
Ware mit Konfiskation bedroht habe. Jn der
Verteidigung des letzteren (v. 18. Sept. 1776) wegen
seines schroffen Vorgehens findet sich folgende Stelle:
„Jndeffen kann und dars ich doch die sprache nicht
ändern, wenn ich anders die gnädigste intsntion mit
der kabrigus in der hiesigen Gegend erreichen soll.
Denn der Bauer siehet, bloß aufs bunte und
wohlfeile, und in beydem betracht müssen wir der
Mündischen tabrigns nachstehen, folglich werde ich
das hiesige taz'snos in dieser Gegend nimmcrmehr
aufbringen, wenn ich ganz offenbahr mit dem mün-
dcner al xari gehen und mich nicht wenigstens böser
stellen soll, als ich jemahls seyn werde.
Jch bitte daher unterthänigst, der kabrigns nur
die orärs zu geben, daß sie den hiesigen äspositorinm
nur mit frey bunter (d. h. mit der Hand bemalter
nicht durch aufgedruckte Darstellungen verzierter) und
wohlfeiler wahre versehe, denn jetzo sind die Kirmessen,
wo es gilt. Der Herr Orosts wird sich hcrnach
so leichte nicht über würckliche eoutiscaticmss be-
schwehren können.
6otks äasssn können unsere Bauern nicht brau-
chen, mithin müssen es näpfe und andere wahren seyn."
in dieser Richtung etwas geschähe. Leider ist
cinc günstige Gelegenheit zur Bildung und zum
Erwerb einer solchen Sammlung entschwunden,
wie die nachstchende Mitteilung des Herrn W.
beweist; er schrieb: „Ein Antiguar, vermutlich
aus Verden, hat vor längerer Zeit die künst-
lerischen Bildungen an Terrinen, Vasen und
sonstigen Schmnckgefäßen bis zu 10 Thlr. per
Stück känftich erstanden nnd angeblich nach
Holland verwertet." Dieselbe bezog sich ver-
mntlich anf die veränßcrtcn Restbestände des
Lagers der Fabrik. Jn Privatbesitz schcint
indcssen cinc derartigc Sanimlung zu existircn,
I) Man findet u. a. Figuren, welche die Jahres-
zeitcn darstellen und ohngesähr 30 om hoch sind,
Krüge in Form eines aus einemFasse sitzendenBauern;
auf der eingangs erwähntcn Ausstellnng zu Kassel
war auch eine Punschbowle in Gestalt eines liegen-
den Löwen von der Größe eincs iiiittclmäßigen Hnndes.