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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — 5.1889

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Heft 8
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Falke, Otto von: Orientalische Fayencen mit Lüsterverzierung
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https://doi.org/10.11588/diglit.3586#0133

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Lrientalische Fayencen mit Lüsterverzierung.

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werk, das hier nvch die Stelle der später zu
so zierlicher Vollendung ausgebildeten Arabeske
vertreten muß. Arabische Jnschriften werden
in dieser Zeit auf Gefäßen fast gar nicht, häufig
dagegen bei den Fliesen als Ornament ver-
wendet. Bedentende Unterschiede zwischen den
pcrsischcn nnd ägyptischen Stücken sind nicht vor-
handen; sowohl die Motive der Verzierung, als
die ziemlich rohe und primitive Ausführung
derselben weisen die größte Verwandtschaft auf.
Dabci ist freilich zn bemerken, daß bis jetzt
nnr ein sehr beschränktes Vergleichsmaterial zu
Tage gefvrdert ist. — Dic Vcrzierung der er-
wähnten Vasen ist dieselbe. Sie haben die
gleichen charakteristischen Tiere nnd menschlichen
Figuren mit den unförmigen, nnr durch eine
sparsamc Jnnenzeichnnng gegliederten Körpern
und die gleiche regellose Bildung des Blattwerks.
Ein Vergleich der abgebildeten Schnabelkanne mit
figürlichem Dekor (Fig. 1 u. 2) und des Bruch-
stückes aus Ray läßt diese Verwandtschaft deut-
lich erkennen. Da diese Vasen zumeist in Sici-
licu gefunden wurden, hat man sie als dic Er-
zeugnisse einer sicilisch-arabischen Keramik be-
trachtet. Ebenso möglich ist es freilich, daß sie
vom Orient nach Jtalien importirt wordcn sind.
Jhrc Ähnlichkeit mit den persischen und arabi-
schcn Arbeiten kann für ihre genaue Herkunst
uichts beweisen, sondern nur die zeitliche Zu-
sammenhörigkeit feststellen; jedenfalls, wenn auch
in Sicilien entstanden, tragen sie in allcm und
jedem orientalischen Charakter.

Weitaus zahlreicher als Gefäße sind aus
dieser Periode, dem 13. Jahrhundert, Fliescn
crhalten. Das ist sehr erklärlich, denn in ihrer
festen Vcrbindung mit der Wand, namcntlich in
gehciligtcn Gebäudeu, waren dicselben vor Ver-
schlcppung wie vor Zerstörung besser geschützt.
Wie erwähnt ist die Herstellungszeit derselben
hüufig durch ornamental vcrwertete arabische
Jnschristen auf den Fliesen genau bestimmt.
Die ältestcn datirten Stücke in unseren Musecn
gehören in das 13. Jahrhundert, das früheste
bis jetzt publizirte Datum nennt, in christliche
Zeitrechnnng übcrtragen, das Jahr 1217. Alle
diese Flicsen sind persischer Herknnft; in größercn
Mengen haben sie sich in ihrer alten Verwen-
dung noch in den Moscheen der Städte Tauris,
Natinz, Veramin uud Kaschan erhalten. Wäh-
rend die figurenreichen Darstellungen auf den alt-
orientalischen Flicsen von Ninive und Susa und
die Blumenmuster der polychromen Fayencen

des 16. und 17. Jahrhunderts sich übcr die
ganzeWanderstrecken, überdieFugeu dereinzelncn
Stücke hinweglaufend, trägt hier jede Platte ihr
Ornament in sich abgeschlossen (Fig. 3 u. 4). Eine
Musternng der Wand wird nur durch die
Formen der Fliesen selbst hergestellt. Wo nicht
die spezielle Verivendung des Stückes als Zwickel-
füllung oder als Mittelstück einer Gebetnische
eine andere Form bedingt, sind die goldlüstrirtcn
Fliesen regelmäßig aneinander passende stern-
und kreuzförmige Platteu. Zweisellos ist diesc
kreuz- und sternförmige Bildnng der Fliescn
dem Einflnß der Araber zuznschreiben, die da-
durch das von ihnen so bevorzugte und ihrer
Kunst eigentümliche geometrische Ornamcnt
auch iu die Wanddekoratiouen übertragen konnten.
— Die Motive der Ornamcntation sind bei den
Fliesen dieselben wie bei den Gefäßen. Nur

Fig. L. Schalenbode» aus Ray. Ansang 13. Jahrh.

ist zu bemerken, daß die Tierdarstellungen sich
hier dauernd erhalten, während sie bei den Ge-
fäßen in der Folgezeit vor den Blumenmustern
zurücktreten. Vielfach kommen Paare und Gruppen
von Tieren vor, die den bekannten Jagddar-
stellungen cntnommen sind, welche dem Orna-
mente des sassanidischcn Persiens eigentümlich
nnd ans den Gcwebendicser Zeit in die muhamme-
danische Knnst übcrgegangen sind. Regelmäßig
ist bei den Fliesen der Rand durch die Be-
malnng mit dem Mittclfeld in Kontrast gesetzt;
das geschieht häufig dadurch, daß der Raud mit
Kobaltblau nnter der Glasur bcmalt wird, wäh-
rend die Mitte nur mit Gold auf weißcm
Grunde verziert ist. Dieser Gegensatz zwischen
Rand und Mittelfeld hat zur Folgc, daß die
geometrische Musterung der Wand cnergischer
hervorgehoben wird, als es durch die Fugen
zwischen dcn einzelnen Platten allein mvglich
ist. — Nicht inimer ist die Zeichnung in Gold
aufgetragen, sondern oft ist dieselbe in dem

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