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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

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Septemberheft
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Verres, Rudolf: Zwei Wachsarbeiten des älteren Dubut im Nachlaß James Simons
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https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0014

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Diese Datierung läßt sicli auch noch anderweitig
stützen. Charles Claude Dubut ist, was Hauttmann
entgangen ist, auch Medailleur gewesen. Es gibt von
ihm u. a. eine signierte vortreffliche Papstmedaille von
bedeutender Größe mit dem Profilbildnis Clemens XI.
(1700—1721). Diese Medaille ist bereits bei Fiißli, wenn
auch mit Vorbehalt, als Arbeit unseres Meisters er-
wähnt3). Soweit ich sehe, teilt sie mit der Mehrzahl
der Barockmedaillen das Schicksal, unpubliziert zu
sein, so daß. ich sie liier genauer mit untersuchen
muß. Ein Exemplar von ihr befindet sich im Münz-
kabinett der Berliner Museen (Abb. 4 und 5; Bronze,
Durchm. 12,8 cm). Unter dem Brustabschnitt findet
sich in erhabenen Buchstaben die Bezeichnung
C- DVBVT -F. Die Umschrift auf dem Avers lautet
CLEMENS- XI • PONT • MAX - AN • VII. Die Medaille
ist mithin im 7. Jahre des Pontifikats entstanden, d. h.
1707, da der Papst erst Ende des Jahres 1700 gewählt
Worden war. Der Revers zeigt einen Barockaltar mit

Abb. 4. Papst Clemens XI.

Bronzemcdaille von Ch. C'l. Dubut
Berlin, Münzkabinett der Staatl. Museen

typisch römischen Kandelabern, einem Kruzifix und
den Statuetten Petri und Pauli, die Umschrift lautet:
IN- HONOREM- S- CRESCENTINl • MARTYRIS. Die
Darstellung des Altars bestätigt noch einmal das
Datum auf dem Avers, sie beweist aber zugleich auch,
daß der überlieferte Aufenthalt des Künstlers in Rom
um 1707 anzusetzen ist, denn es läßt sich feststellen,
daß wir es mit einem ganz konkreten Altar zu tun
haben, den er persönlich gesehen hat. Clemens XI.
Albani stammte aus Urbino, wo er 1649 das Licht der
Welt erblickt hatte. Seine Anhänglichkeit an die
Vaterstadt war sehr groß. In Urbino stand der hl. Cres-
centinus in besonderer Verehrung4), und Clemens XL
ließ in Rom einen Altar dieses Heiligen arbeiten, den
er im Frühjahr 1708 auf dem Seewege über Pesaro

3) Füssli, Allgem. Künstler-Lexikon I, 1779, S. 209. ■— Vergi.
dazu auch II, 1806, S. 503. — Für Dubut als Medailleur vergi.
auch L. Forrer, Biographical Dictionary of medalists, Vol. I,
London 1904, S. 640. Im Nachtrag (Vol. VII, 1923, S. 238) erwähnt
Fairer die Papstmedaille; die beiden Dubuts sind dort nicht aus-
einandergehalten.

4) Vergi. J. E. Stadler, Vollständiges Heiligenlexikon I, Augs-
burg 1858, S. 686 f. (unter Crescentianus).

nach Urbino als Geschenk sandte5). Der Altar, an dem
man auf der Medaille links das Wappen des Papstes
Clemens erkennt, steht heute noch im Dom zu Urbino,
wenn auch infolge des Erdbebens von 1787 nicht mehr
ganz in originalem Zustande6). Die Medaille ist mithin
in Rom nach Fertigstellung, aber vor Absendung des
Altars entstanden. Die stilistische Ähnlichkeit des aus-
gezeichneten Papstbildnisses mit den beiden Simon-
sehen Wachsreliefs ist sehr groß, auch zeitlich stehen
sich die Arbeiten sehr nahe. Bei der Verschiedenheit
des Materials kann man zwar keine gänzlich überein-
stimmende Durchmodellierung erwarten, aber sie ist
so weit wie möglich gleichartig. Die Plastizität des
Oberkörpers ist dieselbe. Auf etwas frühere Ent-
stehung des Papstbildnisses weist dagegen u. a. die
noch ziemlich unzulängliche Abgrenzung des Brust-
abschnittes, die eine gewisse Unsicherheit verrät. Im
ganzen aber zählt die Medaille zu den besten Papst-
medaillen der Barockzeit. Der Künstler schuf sie im

Abb. 5

Rückseite der Medaille Clemens XI.

Alter von etwa 20 Jahren7). Ob er gegen 1710, zur Ent-
stehungszeit der Simonschen Medaillons, wieder in
Paris weilte, kann man einstweilen nicht mit Bestimmt-
heit sagen.

Charles Claude Dubuts Bedeutung ist mit seiner
Tätigkeit als Bildhauer, Stukkateur und Bleigießer
nicht erschöpft. Als Medailleur und Wachsbossierer
verdient er es, noch eingehender erforscht zu werden.
James Simon, der stets das gute Kunstwerk, ohne nach
Künstlernamen zu fragen, sammelte, hat auch bei der
Erwerbung der beiden Wachsmedaillons seinen vor-
züglichen Blick bewiesen.

5) L. v. Pastor, Geschichte der Päpste XV, Freiburg i. Br. 1930,
S. 382, Anm. 2.

6) Vergi. Luigi Serra, Urbino (Catalogo delle cose d’arte... V),
Rom 1932, S. 142 und die dort zitierte ältere Literatur. — Der
Altar gilt als Arbeit des Alessandro Specchi, der bekanntlich
u. a. auch den Hauptaltar des Pantheon in Rom 1719 im Auf-
träge Clemens XI. schuf.

7) In der älteren Lokalliteratur von Urbino ist von einer
Medaille mit dem Papstbildnis und dem Altar die Rede, die
im 8. Jahre des Pontifikats gearbeitet worden sei. Es liegt
wohl eine Verwechslung des Jahres der Medaille mit dem der
Altarweihe vor, denn offenbar ist unsere Medaille gemeint.

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