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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

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November-Dezemberheft
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Kunstauktionen
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Liebermann über Blechen: eine Blechen-Mappe von Alexander Amersdorffer
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0080

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markt geblieben ist. Das interessante, wenn auch nicht sehr
hochwertige Material wurde leicht, besonders auch infolge des
Vorliegens zahlreicher ausländischer Aufträge, aufgenommen.
Die erzielten Preise sind den Verhältnissen angemessen und über-
stiegen zum Teil wesentlich die Schätzungspreise. Selbst solche
Gebiete, die durch die Krise besonders gelitten hatten, wie
deutsche Literatur und Luxusdrucke, fanden eine gute Auf-
nahme. Zwei freilich sehr seltene Goethe-Erstdrucke, „Erlauchter
Gegner aller Vulkanität“ (1822) und Mercier, Neuer Versuch
über die Schauspielkunst, wurden mit 185,— und 150,— RM. er-
staunlich hoch bezahlt. Den höchsten Preis erzielten die 96 un-
kolorierten Blatt aus dem großen Werk von Audubon über die

amerikanischen Vögel, die mit 800,— RM. geschätzt und mit
1150,— RM. zugeschlagen wurden. Weitere bemerkenswerte
Preise sind 176,— RM. für Biblij czeska 1549, 250,— RM. für
Lötv, Königenbuch, Köln 1598, 460,— RM. für Solis, Ruinen-
architektur, 500,— RM. für Missale Pataviense 1514, 250,— RM.,
für Puig y Cadafalch, l’arquitectura a Catalunya, 500,— RM.
für Folnesics & Braun, Wiener Porzellan, 290,— RM. für Reisch,
Margarita philosophica 1504, 250,— RM. für Listenius, Musica
Leipzig 1544, und 215,— RM. für die Erstausgabe von Praspergs
Musica choralis 1501. Das Mainzer Breviarium von 1509 mit
dem schönen Holzschnitt von Kaldenbach wurde zu 490,— RM.
zugeschlagen.

Liebermann über Blechen

Eine Blechen-Mappe von Alexander Amersdorffer.

Im Verlag der Reichsdruckerei erscheint soeben eine hoch-
interessante Publikation über Karl Blechen. Der Generalsekretär
der Berliner Akademie der Künste, Professor Alexander Amers-
dorffer, veröffentlicht nämlich 12 Skizzen von Blechens Italien-
reise (1828/29). Für diese Publikation schrieb Max Liebermann
das Vorwort; über Blechens Kunst orientiert Amersdorffer in er-
schöpfender Weise. Er weist unter anderem auch auf die bis-
herigen Publikationen über Blechen, auf L. v. Donops „Der
Landschaftsmaler Karl Blechen“ (Berlin, 1903) hin und auf
G. J. Kerns grundlegende Monographie „Karl Blechen, Sein
Leben und seine Werke“ (Berlin, 1911). Die Tafeln der Mappe
sind in der Größe der Originale, die sich sämtlich im Besitz der
Preußischen Akademie der Künste befinden, reproduziert, und
Amersdorffer hat recht, wenn er sagt, daß der Reichsdruckerei
für die große Sorgfalt, die sie auf die Wiedergabe im Farben-
lichtdruck gewandt hat, wärmster Dank gebührt. Die Reichs-
druckerei hat hier wirklich ihr Bestes geleistet.

Liebermanns Vorwort lautet; Karl Blechen war ein Maler
von Gottes Gnaden. Einer der wenigen Auserwählten, der nicht
nur zu den Besten seiner Zeit gehörte — und als solcher übrigens
von seinen Zeitgenossen eingeschätzt wurde —, sondern der auch
auf die Besten seiner Zeit, wie auf Menzel, einen entschiedenen
Einfluß ausgeübt hatte. In Cottbus geboren, kommt er als jun-
ger Mensch nach Berlin, von seinen Eltern für den Kaufmanns-
beruf bestimmt. Aber sein ihm innewohnender künstlerischer
Drang trieb ihn zum Zeichnen und Malen nach der Natur. Er
kommt auf die Berliner Akademie, ist drei Jahre als Dekorations-
maler tätig, lernt in Dresden Dahl kennen und malt unter
dessen Einfluß Landschaften mit romantischem Einschlag, die
auf den Ausstellungen den Beifall der Kenner finden. Aber erst
eine italienische Reise läßt ihn zum Meister werden. Erst in
Italien ringt er sich zur Freiheit durch. Die Studien, die er von
dort mitbringt (alle im kleinsten Format), geben das Höchste,

was ein Maler zu geben hat, sie geben das wieder, was Blechen
gesehen hat: das Einfachste und daher das Schwerste. Je natu-
ralistischer ein Künstler ist, je mehr er also die Natur abzu-
schreiben scheint, desto weniger tut er es. Der geborene Maler
will nicht nur, sondern er muß malen, was er sieht, denn er
malt ja nicht die Wirklichkeit, sondern die Vorstellung v on der
Wirklichkeit: er malt die subjektive Natur, indem er die ob-
jektive zu malen glaubt, und zwar je größer und stärker die
ihm eingeborene Kraft, d. h. sein Genie, ist, um so subjektiver,
um so mehr wird er seine Natur, d. h. sich, ins Bild hineinmalen.
Ihm selbst unbewußt, denn das Genie ist vor allem naiv: es
sucht nicht, sondern es findet oft erst auf weiten Umwegen.
Natürlich ahmt der Jüngling — auch wenn er ein Raffael oder
Rembrandt ist — zuerst einen Meister nach, aber in dem, was
er seinem Meister entlehnt, kündigt sich der spätere Raffael oder
Rembrandt an. Schon in seinen frühesten Bildern, die sehr der
Art von Dahl oder Caspar David Friedrich ähnlich sind, zeigt
sich der Blechen der italienischen Studien, die abgeschrieben
von der Natur zu sein scheinen, doch der vollendetste Ausdruck
seiner Persönlichkeit sind. Mit anderen Worten: vollendete
Kunstwerke und zu vergleichen mit den köstlichen römischen
Bildern Corots in der Sammlung Morcau-Nelaton, die jetzt das
Louvre aufbewahrt. Corots Lyrismus, dabei treffendste Sicher-
heit im Aufbau. Sie geben — uni Kants Wort zu gebrauchen —
der Kunst die Regel; sie sind mustergültig, denn in ihnen ist es
Blechen gelungen, seine Phantasie zu realisieren. Ebenso charak-
teristisch für Blechen wie auch für sich selbst nannte Schadow
den Künstler einen „unvergleichlichen Skizzierer“: die Zeit ver-
stand unter einem fertigen Bilde das nach überkommenden Re-
geln komponierte und „ausgemalte“ Werk. Erst der folgenden
Generation des Impressionismus war es Vorbehalten, das Rem-
brandtsche Wort wieder zur Geltung zu bringen, daß ein Bild
vollendet ist, wenn der Künstler in ihm ausgedrückt hat, was
er hat ausdrücken wollen.

Kunstausstellungen

Berlin

Die Galerie Hartberg brachte im November eine Ausstellung
von Arbeiten von Werner Scholz aus den Jahren 1951, 1952. Der
Umkreis seiner Darstellungen hat sich in dieser Zeit kaum ge-
wandelt: soziale und geistige Armut, die ihre Quellen in miß-
brauchter Macht eines Stärkeren über den Schwächeren haben.
Selten nur malt er diesen Stärkeren, wie z. B. die Priester der
katholischen Kirche, immer aber die wehrlosen Opfer, klagend
und anklagend. Unter dem Drucke wandeln sich Geister und
Körper. Und der Künstler erschafft ein Wesen, das mit dem
naturgeschaffenen Menschen nur wenig mehr gemeinsam hat, weil
die Freiheit seiner Entwicklung durch Hunger, durch Krankheit,
durch Leiden und Verdummung unterbunden ist. Armselig wird
sein Äußeres wie sein Geist, Individualität einer Masse, nicht
eines einzelnen, und so wird, immer wiederkehrend, diese kör-

perliche Erscheinung der Träger vielfältigen seelischen wie gei-
stigen Ausdrucks. Zu dieser Schöpfung findet Scholz von Jahr
zu Jahr mit zunehmender Intensität und zunehmendem Reich-
tum seine sehr persönliche Form. Die Farbe baut Raum und
Körper, sie bestimmt Qualität und Quantität der Wirkung. Alle
Töne des Weiß sind diesmal besonders häufig in den Bildern, in
den Hintergründen, wie an den Stellen stärkster Gefühlsbetonung.
Sein heftiges Grün ist wärmer und tiefer geworden, unge-
brochen glüht sein Rot neben den gedämpften Klängen eines
Graublau, eines Terrakotta. So stark ist der psychische Aus-
druck seiner Farben und der sparsamen Linien, daß seine
Rückenfiguren fast noch mehr ergreifen als die andern. Kann
Gewalt wuchtiger lasten als im Bilde des voransdhreitenden, von
kleinen Chorknaben gefolgten Priesters, dessen weiße Masse sich,
ins Ungeheure wachsend, drohend über dem armen Häuflein der

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