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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

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Oktoberheft
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Neuerwerbungen der steirischen Landesbildergalerien
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Friedländer über James Simon: Versteigerung des Nachlasses bei Lepke am 29. November
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https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0046

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Neuerwerbungen der steirischen Landesbildergalerie

Aus Graz wird uns geschrieben:

Dem Charakter des Provinzmuseums entsprechend, legt die
Direktion bei allen Erwerbungen das Hauptgewicht auf die
beiden großen künstlerischen Epochen Österreichs, an denen
auch Steiermark ganz bedeutenden Anteil hat: Gotik und Ba-
rock. Die beschränkten Landesmittel hatten eine empfindliche
Kürzung des Dotationsfonds zur Folge, so daß die Möglichkeit
neuer Erwerbungen aus Beratungen bei Kunstsammlern, Ge-
schenken und Legaten beschränkt blieb. Im Laufe der zehn-
jährigen Tätigkeit konnte der jetzige Galeriedirektor Dr. Karl
v. Garzarolli-Thurnlackh einige ganz hervorragende Werke hei-
mischer Herkunft dem Lande durch Erwerbung für die Galerie
sichern.

Aus gotischer Zeit1 stammen: eine steirische Tafel aus der Ge-
gend von Murau um 1400, darstellend vier heilige Frauen und
einen jugendlichen Bischof (Ankauf); zwei Flügel eines stei-
rischen Altars um 1440 mit einer Verkündigung (Leihgabe des
Landesdenkmalamtes); zwei steirisch-kärntnerische Tafeln aus
der Gegend um Murau, um 1480, mit einer Vermählung und
einer Spenden verteilenden Hl. Elisabeth (Legat Prof. Dr. Gold-
bacher) ; zwei steirisch-salzburgische Tafeln aus der Ramsau, um
1490, mit Hl. Rupert und Hl. Florian (Widmung des Museums-
vereines Joanneum) und eine obersteirische Tafel um 1518, Ma-
donna mit Kind von Apostelfürsten und Heiligen umgeben (Leih-
gabe des Kreisdekanates Judenburg). Nicht minder kostbar ist
der neue Bestand an plastischen Werken. Davon wären zu
nennen: eine Schutzmantelmadonna mit alter Fassung, steirische
Arbeit zwischen 1290 und 1500; eine Madonna mit Kind und
Granatapfel, ein Werk des Vorläufers des Großlobminger Mei-
sters aus dem Ende des 14. Jahrhunderts: ein Heil. Johannes aus
einer Kreuzigungsgruppe mit wundervollem Schmerzausdruck
im Gesicht, obersteirisch um 1440; eine Pieta, ebenfalls ober-
steirisch, um 1440; eine Anna Selb!ritt, auch obersteirisch, um
dieselbe Zeit und ein Kruzifixusfragment aus dem oberen Murtal
um 1470. Die mittelalterliche Glasmalerei ist durch einen wun-
dervollen Schmerzensmann aus der Pankrazerfolge (1360/70)
und eine Wappenscheibe und ein Kreuzigungsfragment um 1420

aus der Gottesleichuamskapelle des Zisterzienserstiftes Drein ver-
treten, Stücke die eine ungemein wertvolle Bereicherung der
Sammlung repräsentieren. Ton den Barockmeistern sind eben-
falls Spitzenleistungen als Neuerwerbungen zu buchen: Flurer,
Hl. Georg aus der Schloßkapelle Windischlandsberg (Leihgabe
des Grafen Attems); Jantl, Stäubung Christi; Kremser Schmid,
Madonna mit Kind und Christus im Hause des Simon; Maul-
pertsch, Martyrium des Hl. Andreas; Paul Troger, Martyrium
der Hl. Agatha (Skizze für Altenburg) und Daniel Gran, das
Wunder des Hl. Nikolaus (Skizze für das Altarbild in der
Schwarzspanierkirche, heute in der Minoritenkirche in Wien);
ferner von Sebastiano Ricci, Die Hl. Einsiedler Paulus und An-
tonius. Von den neuerworbenen Werken der barocken Plastik
verdienen vor allem der Josef Stammei, Petrus und Magdalena
(Leihgabe des Stiftes Admont) und der prachtvolle, signierte
Elfenbeinkruzifixus von Joh. Veit Königer (Ankauf) erwähnt zu
werden.

Die Abteilung der fremdländischen Kunst erhielt zwei hervor-
ragende Werke: ein Herrenbildnis von Bernardino Licinio (Fund
im Schloß Rötelstein (Leihgabe des Stiftes Admont) und ein Jo-
hannes der Täufer in der Einöde von Salomon König, das Gegen-
stück dazu befindet sich in der Galerie von Siena. Nicht gering
sind ferner die neuen Werke aus der Biedermeierzeit: Peter
Kraft, Bildnis Dr. Ignaz Werle, Kurarzt in Gleichenberg, und
Leopold Kupelwieser, Bildnis der Frau Magdalena Werle, geb.
Obermayer, Gattin des früheren. Auch etliche Tunner, Moser
und so fort konnten der Galerie gesichert werden. Weiter sind
von fast allen lebenden steirischen Künstlern repräsentative
Werke teils auf dem Wege der Erwerbung, teils als Leihgaben
der Gesellschaft zur Förderung der Künste eingestellt worden.
Im Kupferstichkabinett stieg der Bestand an Stichen und Radie-
rungen auf 2000 Blätter, der der Handzeichnungen auf 800. Neu
angelegt wurde die Plakatsammlung soweit sie Originallitho-
graphien sind und die Abteilung deutscher und österreichischer
barocker Handzeichnungen mit Stücken von hervorragend
künstlerischen Qualitäten. Wesentliche Vermehrung erfuhr das
Dürer- und Rembrandtwerk. Sehr wertvoll ist die neue Durch-
lüftungsanlage der Galerie. or.

Friedländer über James Simon

Versteigerung des Nachlasses bei Lepke am 29. November.

In der Einleitung zum Nachlaß James Simon, der am 29. No-
vember in Rudolph Lepkes Kunstauktionshaus in Berlin statt-
findet, schreibt Geheimrat Dr. iVIax Friedländer, der Direktor
der Staatlichen Gemäldegalerie Berlin: Die Kunstwerke, die in
diesem Katalog sorgfältig verzeichnet sind, stammen aus dem
Nachlasse Dr. James Simons und wecken die Erinnerung an
den verehrungswürdigen Mann, der vor wenigen Monaten dahin-
geschieden ist. Er hat als Sammler in unermüdlicher Wirksam-
keit viel und Dinge von mancherlei Art erworben, viel groß-
herzig verschenkt, schließlich sich v on vielem trennen müssen.
Was er geschaffen hat, bekunden seine Stiftungen in den Ber-
liner Museen, die mit ihm ihren einzigen Gönner großen Stils
verloren haben. Mit tiefem Pflichtgefühl der Allgemeinheit
gegenüber hat er nicht nur mit stets bereiter Freigebigkeit, son-
dern auch mit geistiger Teilnahme, direkt und als anregendes
Vorbild, die staatliche Kunstpflege gefördert.

Wenn einmal die Geschichte des Kunstsammelns geschrieben
werden wird, muß die Berliner Tätigkeit in der Periode zwischen
1871 und 1914 ein bedeutsames Kapitel ausmachen. Wehmütig
blicken wir zurück auf eine üppige Äußerung bürgerlichen Kul-
turehrgeizes — als auf eine Episode. Die entscheidenden An-
stöße kamen von draußen. Die Stadt war traditionsarm. Die
Herren v. Carstanjen, v. Kaufmann, v. Beckerath, M. Kappel
stammten aus dem Rheinland, O. Ilainauer und Huldschinsky

aus Schlesien, Ad. Thiem und L. Koppel aus Sachsen. James
und Eduard Simon waren in diesem Kreise die einzigen Berliner.

Fast alles ist für Berlin verloren gegangen, soweit es nicht von
den Museen festgehalten werden konnte. Dank Bodes weitsich-
tiger Energie stehen einzelne Werke und auch Gruppen von
Werken in den öffentlichen Sammlungen, z. B. im Thiem-Saale
des Kaiser Friedrich-Museums, und halten das Gedächtnis an
diesen oder jenen erfolgreichen Privatsammler wach. Niemand
aber hat sich innerhalb der staatlichen Institute ein so hoch-
ragendes und eindrucksvolles Denkmal gesetzt, wie James Simon.

Was Dr. Simon hinterlassen hat, nimmt sich bescheiden aus,
verglichen mit dem, was er bei Lebzeiten fortgegeben hat, zeugt
aber deutlich von seinen persönlichen Neigungen und berichtet
von der Vielseitigkeit seiner Interessen.

Kleine, in sich fest geschlossene Gruppen setzen sich vonein-
ander ab.

Der römische Goldschmuck, der unter den Augen Robert
Zahns katalogisiert ist, und über den dieser ausgezeichnete Ken-
ner aufklärende Bemerkungen hier anfügt.

Italienische Bronzen und Möbel aus dem 16. und 17. Jahr-
hundert. Dr. Simon folgte vertrauensvoll W. Bodes Führung, als
er diesen Kunstwerken seine Passion zuwandte.

Die Wohnräume waren, wie es nicht anders sein konnte, im
französischen Geschmacke des 18. Jahrhunderts ausgestattet, und
 
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