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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

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Septemberheft
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Schmidt, Heinrich von: Neue Kunstbücher
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Kinsky, Georg: Reiz und Wert des Autographensammelns
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https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0028

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von Grund aus neu zu behandeln. In diesem Büchlein, das z. T.
durch die zahlreichen, an den Farbenfabrikanten gerichteten
technischen Anfragen, angeregt ist, hält sich der Verfasser im
wesentlichen an einige große Richtlinien, die sich eng an-
schließen an das, was in größerem Zusammenhang Max Doerner
in seinem ausgezeichneten Buch (Malmaterial und seine Verwen-
dung im Bilde, München 1921, Neue Auflage, Verlag Benjamin
Harz, Berlin-Wien) an neuem Handwerksgut der Malerei wirk-
lich wieder erschlossen hat. K. Wehlte, der aus Doerners Schule
stammt, verweist selbst darauf und schließt sich auch in dem
Aufbau der Gedankengänge eng an die Gliederung des ge-
nannten Buches an. Nach einer Einleitung über das Wesen der
Tempera als Emulsion werden in einzelnen Abschnitten die Mal-
gründe, Farbstoffe, Mal- und Bindemittel und Malweisen behan-
delt. In den Abbildungen wird versucht, die einzelnen Mal-
weisen vor Augen zu führen, was durch kurze Beschreibung des
besonderen Werkvorgangs unmittelbar neben dem Bild unter-
stützt wird. Die Tatbestände können gerade in dieser knappen
Form dem Maler wie dem Forscher anschaulich nahegebracht
werden. Die mit dem Pinsel strichelnd, gleichsam schraffierend,
vorgehende Temperamalweise der Quattrocentro-Meister ist deut-
lich auf dem abgebiideten Ausschnitt aus einem Altargemälde
des Cosimo Tura zu erkennen. Wie wichtig derartige Ausschnitte
auch für den Forscher sind, haben schon die vor beinahe zwei
Jahrzehnten erfolgten ersten Versuche Fritz Burgers erwiesen,
die technologischen Voraussetzungen in die allgemeine kunst-
wissenschaftliche Betrachtungsweise der Malerei einzuführen.
Man kann sich davon in dem ersten Bande des von Burger an-
geregten Handbuchs der Kunstwissenschaft überzeugen. (S. 77 ff.
Abb. 71, Taf. 8 und 9.) Auch hier bildet die Lehrtätigkeit Max
Doerners an der. Akademie zu München die Grundlage, die
diese Betrachtungsweise ermöglichte. Gerade weil dies Probleme
sind, die unmittelbar mit den gegenwärtigen Nöten und Not-
wendigkeiten Zusammenhängen, sind sie besonders geeignet,
uns an Hand von Gemälden der Gegenwart und jüngsten Ver-
gangenheit in die technischen Probleme der großen Epochen der
Malerei einzuführen. So muß es besonders dankbar anerkannt
werden, daß der Arbeitsvorgang an modernen Bildern vor
Augen geführt wird, wo sich zum Teil der Vorgang in mehreren

Stadien an dem gleichen Bilde veranschaulichen ließ. Man sollte
bei solchen Gegenüberstellungen aber auch den Endzustand
(Abb. 7) in dem gleichen Ausschnitt und der gleichen Größe
wiedergeben wie die vorhergehenden Ausschnitte (Abb. 5 u. 6),
die zwei Zustände während der Arbeit zeigen. Im übrigen gilt
von diesen Dingen auch heute noch, daß hier Probieren über
Studieren geht. Wenn man die technischen Probleme sich wirk-
lich, sei es als Forscher oder Künstler, zu eigen machen will,
muß man sich von einem Maler unmittelbar vor den Gegen-
ständeneinführen lassen oder selbst zum Handwerkszeug greifen,
um sich damit auseinanderzusetzen. Immer können aber gerade
solch kurze, auf das Wesentliche beschränkte Einführungen,
wie sie durch das vorliegende Büchlein geboten werden, von
großem Nutzen sein. Heinrich Schmidt.



Fachadreßbuch. Nach monatelangen Vorbereitungen erscheint
soeben unter Mitwirkung von Fachverbänden des In- und Aus-
landes im Verlag von Straubing & Müller, Weimar, das Inter-
nationale Adreßbuch des Altkunst- und Antiquitätenhandels 1933
(International Directory of Art and Antique Dealers — Repertoire
International des Antiquaires). Umfang 352 Seiten Groß-Oktav,
in Ganzleinen gebunden, Vorzugspreis bei sofortiger Bestellung
6,50 RM. Dieses einzigartige Fachadreßbuch enthält in alplia-
bethischer Folge genaue Angaben über 4715 Händler der ganzen
Welt, ferner eine Firmenzusammenstellung nach 990 Städten und
ein nach Spezialgebieten geordnetes Verzeichnis, in dem unter
320 Stichwörtern 6140 Firmennennungen erfolgten. Allen Händ-
lern, Sammlern und Museen unentbehrlich ist dieses umfang-
reiche und gewissenhaft zusammengestellte Nachschlagewerk,
das dazu dienen soll, den internationalen Handel wieder zu be-
leben. Ermöglicht es doch, leicht festzustellen, welche Firmen
für den Erwerb oder den Verkauf eines Gegenstandes oder eines
Gebietes zuerst in Frage kommen. Der überaus niedrige Preis
ermöglicht jedem die Anschaffung dieses überaus praktischen
Nachschlagewerkes, über das der Verlag einen ausführlichen
Prospekt mit Probeseiten auf Verlangen vollkommen kostenlos
versendet.

Reiz und Wert des Autographensammelns

Von Georg Kinsky, Köln.

Nicht treffender und kürzer läßt sich der jeder Selbstschrift
eigene Reiz in Worte fassen als in dem Zweizeiler, den der
schwäbische Dichter Eduard Mörike für das Sammlungsver-
zeichnis eines Stuttgarter Freundes verfaßt hat:

„Sei, was er schrieb auf das Blatt auch nur ein Wörtchen,
es haftet doch vom Leben des Mannes immer ein Teilchen
daran.“

Das will besagen, daß jedes Schriftstück eines bedeutenden
Menschen — gleichviel ob es die Niederschrift eines Geistes-
werkes, ein Tagebuchblatt, ein längerer oder kürzerer Brief ist
oder ob es nur einige flüchtig hingeworfene Zeilen sind — etwas
durchaus Einmaliges ist, ein in der Handschrift festgehaltener
Lebensabschnitt, mag- er sich bei einem größeren Werke über
Monate und Wochen erstrecken oder wie bei einem Briefe oder
Entwurf nur einen Bruchteil des Lebens, nur wenige Stunden oder
Minuten umfassen. Darin beruht zunächst der Kuriositätsreiz
(im edelsten Sinne des Wortes!) oder besser: der Reliquienwert
einer jeden Urschrift: es ist eine erstarrte, d. h. für immer —
oder doch für Jahrhunderte — gerettete sichtbare Spur von den
Erdetagen eines auf irgendeinem Gebiete schöpferischen Men-
schen, dessen Leib längst in Staub zerfallen. Was dem Gleich-
gültigen, dem geistig stumpfen Beschauer nur als ein wertloses
beschriebenes Stück alten Papiers erscheint, das ist — nach dem

Ausspruch eines Kenners — „dem Kundigen kostbares Besitz-
tum, höchst lebendiges' Gut. Denn aus ihm weht ihm der Geist
längst vergangener Zeit, in ihm kommt ihm die Lebensspur einer
Persönlichkeit mit zauberhafter Macht entgegen. Auch wenn wir
gar nicht aufs Graphologische ausgehen, so vermögen uns solche
Lebensdokumente rein an sich und durch ihren sachlichen Ge-
halt größten geistigen und seelischen Gewinn zu bringen“. Und
Goethe, der selbst ein sehr eifriger Autographensammler war,
spricht seine Neigung zu diesem Sammelzweig in einem Briefe
vom Jahre 1812 in dem Bekenntnis aus: „Da mir die sinnliche
Anschauung durchaus unentbehrlich ist, so werden mir vorzüg-
liche Menschen durch ihre Handschrift auf eine magische Weise
vergegenwärtigt.“ Ein wahres Wort — denn es ist kein besseres,
lebendigeres Mittel zur Einfühlung und zur Versenkung in die
Geisteswelt eines großen Menschen, ja sogar zur Erkenntnis der
entscheidenden Wende einer ganzen Geschichts- oder Kultur-
epoche denkbar, als eine verständnisvolle Betrachtung jener ver-
gilbter Blätter, die ein Wiedererleben längst entschwundener be-
deutsamer Stunden und Augenblicke ermöglichen! Etwa — um
aus der verwirrenden Fülle der Gesichte ganz willkürlich einige
Beispiele herauszugreifen — das kraftvolle lateinische Recht-
fertigungsschreiben Martin Luthers an Kaiser Kar! V. (1521), das
von der Königin Elisabeth von England Unterzeichnete Todes-
urteil Maria Stuarts (1587), die im Kerker geschriebenen letzten

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