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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

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November-Dezemberheft
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Schmidt, Paul Ferdinand: Carl Gotthard Langhans: geb. am 15. Dezember 1732
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https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0055

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Carl Gotthard Langhans

geb. am ij. Dezember 1732

Von

Paul F. Schmidt

Yon den großen Architekten, die in Deutschland den
Klassizismus begründeten, nimmt Langhans neben
Erdmannsdorf die erste Stelle ein. Nicht so konsequent
und klar wie der etwas jüngere Erdmannsdorf, hat
er es doch vermocht, durch ein Hauptwerk an bedeu-
tender Stelle weithin als Bahnbrecher zu wirken und
noch heute populär zu sein: durch das Brandenburger
Tor in Berlin, 1789 begonnen, 1794 vollendet.

Ist Langhans’ Name für alle Zeiten mit diesem viel-
leicht schönsten, zum wenigsten volkstümlichsten
Werke des deutschen Klassizismus verbunden, so muß
man doch im Auge behalten, daß er fast 60 Jahre alt
war, als er diesen Hauptgewinn seines Lebens zog,
und daß sein ganzes Wirken auf die Auseinander-
setzung zwischen Barock und Klassizismus abzielte,
daß er an der Grenze zweier Zeitalter stand und sehr
wesentlich dazu beigetragen hat, die neue, durchaus
bürgerlich gestimmte Kultur heraufzuführen, die
unser Leben bis heute bestimmt. Denn allerdings ist
die Baukunst der deutlichste und bedeutsamste Aus-
druck der Kräfte, die das Schicksal der Menschheit
lenken, ist das wahre Symbol ihres kulturellen Wollens
— wie wir es heute wieder an dem Sieg der funk-
tionellen Baukunst erleben.

Die Auseinandersetzung zwischen den alten Mäch-
ten des Barock und der neu heraufkommenden
Schicht des Bürgertums vollzog sich, äußerlich be-
trachtet, in der Ablösung des Rokoko durch die Wie-
dererweckung der klassischen Antike. Das Leben Carl

Gotthard Langhans’ umspannt völlig diese Epoche der
Auseinandersetzung.

Als er (am 15. Dezember 1752 im schlesischen Lan-
deshut) geboren wurde, herrschte uneingeschränkt auf
allen Gebieten das Rokoko. Dessen bedeutendsteWerke
auf deutschem Boden, wie das Würzburger Schloß, die
Asamkirche in München, das Schloß in Münster, ja
die Vollendung der großartigsten Klosterbauten in
Österreich, wie Melk, fallen oft erst Jahrzehnte später;
als er (am 1. Oktober 1808 in dem schlesischen Grün-
eiche) starb, war nicht nur der Sieg des Klassizismus
auf der ganzen Linie entschieden, es stand auch die
deutsche Romantik, die eigentümlichste und persön-
lichste Form der neuen Gesinnung, auf ihrem Höhe-
punkt, und es begann der Siegeszug der neuen, völlig
bürgerlichen Kunst, die durch unermeßliche Abgründe
von der unpersönlich und international gefärbten Kul-
tur des 18. Jahrhunderts getrennt ist.

Langhans d. Ä. hat fast von Anfang seiner baulichen
Tätigkeit an für dieses Neue gewirkt. Ursprünglich
Philologe und Mathematiker, kam er erst etwa mit
50 Jahren zur Architektur, und seine frühen Arbeiten
bewegten sich im üblichen Geleise des Spätbarock.
Wie stark aber das ihm eingeborene Verlangen nach
einem einfachen Ausdruck künstlerischer Wahrheit
gewesen ist, beweist nicht so sehr der berühmteste Bau
seiner Frühzeit, das Ilatzfeldsche Palais in Breslau von
1766, Beispiel einer Wendung zu strenger Llorizontal-
gliederung der Fassade und Anwendung römischer
 
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