Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

DOI Heft:
Septemberheft
DOI Artikel:
Bloch, Vitale: Jan Lievens
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0016

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Jan Lievens

Von

Vitale Bloch

Stat Magni Nominis Umbra

Lievens war kein Schüler, wie oft irrtümlich an-
genommen wird, von Rembrandt. Er war vielmehr ein
Weggenosse des großen Malers, ein Jahr später als
dieser geboren, in ähnlichen ärmlichen Verhältnissen
in der gemeinsamen Vaterstadt aufgewachsen, die
ziemlich gleiche künstlerische Erziehung genießend.

Es ist sehr wahrscheinlich, daß die beiden jungen
Leute ein gemeinsames Atelier hatten, gewiß standen
sie aber vor denselben malerischen Aufgaben, benutz-
ten dieselben Modelle, ja arbeiteten sogar an ein und
demselben Bilde!

Freilich wurde Rembrandt — Rembrandt, Lievens
wurde dagegen schnell seinen Jugendidealen untreu,

Amsterdam, zeigt wie Rembrandt und Lievens, zwei
vollkommen verschieden angelegte Künstlernaturen,
sich mit den gleichen Vorwürfen, dem religiösen Bilde,
der Historie u. a. auseinandersetzten. Lievens auf den
äußerlichen Effekt bedacht, alle Formen übertreibend,
Großartigkeit und Pracht anstrebend, Rembrandt das
kleine Format vorziehend, dem inneren Sinne des Dar-
gestellten mehr zugetan. Lievens’ biblische Darstellun-
gen sind nur selten für den heutigen Kunstfreund ge-
nießbar, dagegen sind Rembranclts alttestamentarische
oder mythologische Bildchen schon in diesen Jahren
meistens kleine Juwelen; man denke nur an den Raub
der Europa, welcher zidetzt auf der Rembrandt-Aus-

Jan Lievens I Landschaft
Holz, 46>2 ■ 7t cm
Sammlung G. van Heel, Rijssen

suchte fremde Städte auf, unterlag verschiedenen Ein-
flüssen und teilte somit das Schicksal der meisten
Künstler der sogenannten Rembrandtschule, die an-
fangs schöne Werke schufen, um später, dem Zeit-
geschmack nachgehend, ihre Persönlichkeit vollkom-
men zu verleugnen.

Das kürzlich erschienene Werk über Jan Lievens,
eine von „Teylers Tweede Genootschap“ gekrönte
Preisschrift von Hans Schneider, umfaßt den bis ins
letzte Detail durchgearbeiteten Katalog des maleri-
schen, zeichnerischen und graphischen Werkes des
Künstlers, seinen Lebenslauf und seine künstlerische
Entwicklung.

Mit Recht verweilt Schneider am längsten bei den
Leidenschen Jugendjahren. Er schildert die Lehrjahre
bei Joris v. Schooten und vor allem bei Lastman in

Stellung in der Akademie der Künste zu sehen war.
Die Stärke des frühreifen Lievens lag aber mehr auf
dem Gebiete der einzelnen Porträtstudien, wie dies
schon in jener Zeit der kunstsinnige Sekretär des Prin-
zenstatthalters, Constantyn Huygens, beobachten
konnte. Wenn der Name von Lievens fällt, denken wir
vor allem an die reizvollen pausbäckigen Kinderköpfe,
an goldhaarige junge Frauen, an würdige Greise. Es
ist äußerst aufschlußreich, daß manche dieser Bilder
von Rembrandt übergegangen sind oder einfach als
gemeinschaftliche Arbeit von Rembrandt und Lievens
gelten müssen! Wenn auch im Malerischen Lievens
meistens hinter Rembrandt bleibt, so kommt er im Ton
und im geistigen Gehalt dieser Studien Rembrandt
am nächsten. Ja, vielleicht empfing Rembrandt hier
manche Anregung von dem jüngeren Künstler.

526
 
Annotationen