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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

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Septemberheft
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Donath, Adolph: Max Slevogt: Gestorben am 20. September 1932
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https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0007

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Max Slevogt

Gestorben am 20. September 1932

Von

Adolph Donath

Unäers»- \

Die deutsche Kunst hat einen ihrer Großen verloren.
Als Max Slevogt am 8. Oktober 1928 die Sechzig er-
reichte, schrieb Emil IValdmann im „Kunstmanderer“:
„Es muß ein glücklicher Stern gewesen sein, unter dem
er geboren wurde. Denn sonst wäre es nicht möglich,
daß seine Kunst so viel Glück verbreitet." Und der
Kenner pries an ihm das echte Zeichen des großen
Künstlers: die Gabe des Yerwandelnkönnens. Er ver-
wandelt die Natur, und er verwandelt sich selber.

Slevogts Persönlichkeit war dreigeteilt und drei-
einig: Wir erlebten in ihm den Maler, den Zeichner,
den Illustrator. Und jedes seiner Talente hatte seinen
eigenen Klang, und die drei zusammen waren ein Drei-
klang von seltener Reinheit. Slevogt war der Typus
der ewigen j ugend, er war ein Temperament, das
niemals die „Vermessenheit" besaß, mit sich zufrieden
zu sein. Aber weil er nicht zu der Kategorie der „zu-
friedenen" Maler gehörte, die man schon in Athen
„schlechte Maler“ genannt hatte, erwarteten wir von
ihm immer noch Höheres. In seinem letzten Monumen-
talwerk, dem Golgatha-Bild der Friedenskirche in
Ludwigshafen — es wurde im vergangenen Sommer
1952 eingeweiht —, gab er Größe des Geistes und Tiefe
der Seele. Es war die Vollendung.

Seine Jugend hatte er, der geborene Landshuter, in
Würzburg verbracht, in der Stadt der Balthasar Neu-
mann und G. B. Tiepolo, deren faszinierende Barock-
wunder die Quellen für sein Schaffen geworden sind.
Als er von Würzburg nach München zog und bei Diez
arbeitete, sagte der I/-ihrer, der die Fünfzig hinter sieh

hatte: „Es ist doch schön, wenn der Mensch Phantasie
hat.“ Dies eben war die wertvollste Gabe, mit der
Slevogt begnadet worden ist. Ein Maler, dem man
nachrühmt, daß er Phantasie hat, lernt niemals aus,
und jener erst recht nicht, dem niemand was vor-
machen kann und der immer darauf abzielt, sein
Können zu steigern. Ein Maler aber, der Phantasie hat,
ist auch Dichter, und einer, dem, wie Max Slevogt,
die Weichheit des Süddeutschen im Herzen saß, die
Freude für alles Lebende in der Natur, für alles
Lebendige im Menschen, für alles Genießerische des
Daseins, griff niemals nach der „unschönen Linie“,
und ein Maler, der selbst der „Töne Meister“ war,
musikalisch bis in die Fingerspitzen, hielt sich nur an
die Harmonie in der Farbe; der Sinn für Dissonanzen
ging ihm ab.

Auch der Humor war ihm angeboren. Er hatte den
Hang zum Fabulieren, die anmutige Grazie, Menschen
und Mitmenschen halb durch die Brille des Lachens
zu sehen, halb durch die des verklärenden Märchens.
Nicht viele haben solche Gabe. Eigentlich aber ist sie
dem Deutschen eigen. Schon in der Schedelschen
Chronik vom Ausgang des 15. Jahrhunderts sprudelt
die Erzählerkunst. Sie fließt dann „sichtlich" in die
Kunst der nächsten Jahrhunderte über, bis zu Schwind
und weiter zu dem malenden Pocci in München, dem
die Schampusflaschen ein Ständchen bringen, wie er
1847 „Hofmusikintendant“ wird, und bis zu den Spitz-
weg, Busch und Oberländer. Während Wilhelm Busch,
der Illustrator, heimlich an seinen „holländischen“

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