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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

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November-Dezemberheft
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Adler, Leo: Eichendorff und die Wiederherstellung der Marienburg
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Dürer und Holbein im Deutschen Museum: ein neues Kabinett
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https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0073

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Eichendorff und die Wiederherstellung der Marienburg

Yon

Dr.-lng. Leo Adler.

Joseph Eichendorff, der gebürtige Schlesier und berühmte
Dichter des „Taugenichts“ — sein 75. Todestag jährte sich am
26. November —, hat lange Jahre in Danzig, wohin er als Schul-
rat versetzt worden war, und dann in Königsberg als Ober-
präsidialrat gelebt. Hierbei konnte es nicht ausbleiben, daß die
Marienburg auf die romantische Seele des Dichters starken Ein-
druck machte, so daß er sich mit Freuden der Aufgabe widmete,
an seinem Teil an der „Wiederherstellung des Schlosses der
Deutschen Ordensritter zu Marienburg“ mitzuwirken; Arbeiten,
denen er 1844 eine Denkschrift widmete. Da die Marienburg
die dichterische Phantasie Eichendorffs erregte — sie veranlaßte
ihn zu der Niederschrift seines freilich fast unbekannten Dra-
mas „Der letzte Held der Marienburg“ —, ist diese Denkschrift
mehr als ein amtlich-nüchternes Schriftstück geworden, obwohl
auch sie halb vergessen in Bibliotheken verstaubt.

Neben einer von dramatischem Gehalte erfüllten Darstellung
der Geschichte des Ordens sind es namentlich Schilderungen aus
dem Leben der Ritter in Krieg und Frieden, die das Büchlein
heute noch lesenswert machen und Eichendorffs Schrift neben
Treitschkes 1362 erschienene Abhandlung über „Das deutsche
Ordensland Preußen“ rücken.

Schon der Titel des ersten Abschnittes von Eichendorffs Schrift,
„Größe, Schuld und Buße“, zeigt, daß der Dichter in ihm die
Geschicke des Ordens und der Burg als eine wahre Schicksals-
tragödie auffaßte. Sie findet ihren Abschluß damit, daß 1457 die
Söldnerführer des Ordens die ihnen für rückständigen Sold ver-
pfändete Burg an Polen verkaufen, in dessen Besitz sie bis zur
ersten Teilung Polens, 1772, verbleibt. „Die polnische Wirt-
schaft“, wie Eichendorff es nennt, brachte dem Schlosse manche

Unbill, so daß Preußen die Burg in halbverfallenem Zustand
übernahm; aber auch „die Zopfzeit“ ließ es an jedem Verständ-
nis für die Bedeutung des Baues fehlen: die Burg wurde zum
Teil preußische Infanteriekaserne, zum Teil Speicher für Salz
und Getreide. „Ja, der Oberbaurat Gilly hatte sogar — um
1800 — den Vorschlag gemacht, das hohe Schloß und das Mittel-
schloß ganz abzubrechen, um aus den alten Ziegeln ein neues
Magazin herzustellen, ein Plan, der . . . scheiterte. Doch — wun-
derliche Zeit der Verwirrung — während der alte Gilly über
seinem Zerstörungsplane brütet, sitzt sein Sohn auf den Trüm-
mern, um noch in aller Geschwindigkeit die ursprüngliche Schön-
heit des Schlosses, bevor es gänzlich zerstört, für die Nachwelt
aufzuzeichnen, und diese Zeichnungen . . . haben auch wirklich
zum ersten Male die Aufmerksamkeit der Mitwelt auf die ver-
sinkende Herrlichkeit gerichtet.“ 1804 befahl der König durch
eine Kabinettsorder, „daß für die Erhaltung des Schlosses, als
eines so vorzüglichen Denkmals alter Baukunst, alle Sorge ge-
tragen werden solle“. Doch infolge der Kriegswirren von 1806
und 1815/14 konnten die Arbeiten, die zeitweise unter Schinkels
Oberleitung standen, erst 1817 in Angriff genommen werden.
Eichendorff aber verwaltete von Amts wegen die für die Wieder-
herstellung zusammenfließenden Beträge. Die Instandsetzung
selbst, der Eichendorff den letzten Abschnitt seiner Schrift wid-
met, galt als eine nationale Tat, deren Abschluß in Gegenwart
des Königs festlich begangen wurde.

Es sei noch vermerkt, daß erst eine zweite Periode der In-
standsetzung — seit 1882 — die Marienburg in den Zustand des
völligen W iederaufbaues versetzt hat, in dem sie heute am Ufer
der Nogat wieder ihre Türme und Zinnen himmelwärts reckt.

Dürer und Holbein im Deutschen Museum

Ein neues Kabinett.

Im Deutschen Museum, dessen Plan einst Wilhelm von Bode
entwarf und dessen Direktor Theodor Demmler ist, ist jetzt ein
neues Kabinett eingerichtet worden. Max J. Friedländer, der Di-
rektor der Staatlichen Gemäldegalerie des Kaiser-Friedricli-Mu-
seums, hat hier den Berliner Besitz an Werken der Dürer und
Holbein vereinigt. Das Dürer-Kabinett befindet sich zwischen
dem Riemensclineider-Saal und dem Crauach-Saal an der Stadt-
bahnseite und enthält sieben Werke des deutschen Großmeisters,
die alle erst durch Bode erworben worden sind. Von den vier
llolbeins sind drei Bildnisse des Augsburger Meisters unter Bode
angekauft worden.

Die mittlere von den drei Wänden, die über den Bildern als
„Schmuck“ die drei von 1517 datierten mittelrheinischen Gobelins
(Geschichte des verlorenen Sohnes) aus der Sammlung Fiedler
tragen, zeigt als größtes der Dürer-Formate das Porträt Friedrichs
des Weisen auf grünlichem Grund. Dürer hatte es zwischen 1495
und 1498 gemalt. Flankiert wird es von dem volkstümlichen
Hieronymus Holzscliuher und dem Bildnis des Bürgermeisters
Jakob Muffel, der im gleichen Jahre 1526 gestorben ist, in dem
Dürer seinen Freund Holzscliuher „konterfeit“ hat. Die Bilder
der linken Wand wieder gruppieren sich um die „Madonna mit
dem Zeisig“, die der Rosenkranz-Madonna des Stiftes Straliow
bei Prag verwandt ist und gleichfalls 1506 in Venedig geschaffen
wurde. Es sind das „Bildnis einer jungen Frau“, das junge Mäd-
chen mit dem roten Barett von 1501, die „Betende Maria“
von 1518.

ln der Mitte der rechten Wand, gegenüber von Dürers „Ma-
donna mit dem Zeisig“, hängt Holbeins berühmtes Bildnis des
Kaufmanns Georg Giesze. Holbein hat den Danziger Giosze 1532

gemalt. Das Bild befand sich einst im Besitz des Herzogs von
Orleans und kam mit der Sammlung Solly ins Berliner Museum.
Solly hatte den Giesze für nicht mehr als 60 Guineen erworben.
Die drei anderen Bildnisse von Holbein zeigen das Charakte-
ristische der Art des Meisters, wie Paul Ganz, der international
anerkannte Holbein-Forscher in Basel, dem Bildnis des Augs-
burgers überhaupt nachrühmt, nämlich die „unerhört kluge
Überlegung, mit der er jede Aufgabe erfaßt, die nötigen Motive
zusammensucht und zu einer zweckmäßigen, formvollendeten
Lösung bringt“. Es sind der jüngere Mann von 1553, das Bildnis
eines jüngeren Mannes von 1537 und das Bildnis des alten
Mannes der späten Londoner Zeit des Künstlers.

Die Islamische Sammlung

Am 17. Dezember wird im Vorderasiatischen Museum des Ber-
liner Museumskomplexes auf der Museumsinsel die Islamische
Kunstabteilung (mit der Fassade von Mschatta) eröffnet werden.
Auch diese Abteilung verdankt ihre Entstehung der unvergeß-
lichen Wirksamkeit Wilhelm v. Bodes. Die Abteilung ist durch
Friedrich Sarre, ihren ersten Leiter, der für sic — neben den be-
kannten Stiftungen Bodes — große Schenkungen machte, aus-
gebaut worden. Der jetzige Direktor ist Ernst Külinel. Die Er-
öffnung ist durch den Generaldirektor der Staatlichen Museen,
Wilhelm Waetzoldt, vorgenommen worden.

Am 21. Dezember wird in Bodes Kaiser-Friedrich-Museum
eine große Gezuebeausstellung eröffnet. Sie ist durch Robert
Schmidt, den Direktor des Schlofimuseums Berlin, vorbereitet
und angeordnet worden.
 
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