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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

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November-Dezemberheft
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Lebahn, Charlotte: Die Zeichner-Familie Wolff in Königsberg i. Pr.
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https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0060

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Die Zeichner-Familie Wolff in Königsberg i. Pr.

Von

Charlotte Lebahn

Professor Dr. h. c. Heinrich Wolff

Der Rückblick auf eine dreißigjährige Arbeits-
spanne ist auch zugleich der Rückblick auf ein
Menschenleben. Heinrich Wolff hat sowohl als Pro-
fessor an der Königsberger Akademie wie als schaffen-
der Künstler dieser Stadt entscheidende Impidse ge-
geben. Nicht zuletzt war er künstlerischer Vertreter
Ostpreußens auch für das ..Reich“, für das die Men-
schen dieses ganz oben, ganz fern gelegenen Nord-
ostens eben ..jenseits des Korridors“ leben.

Vor seinem Wirken fehlte es dort völlig an der
Pflege der graphischen Künste. Nicht einmal eine
Kupferdruckpresse gab es! Heute herrscht — ins-
besondere auf graphischem Gebiet — frisches Leben
in Königsberg. Die Akademie mit ihrer wohl ausgerüste-
ten Druckerei und ihrem ausgezeichneten Drucker be-
deutet dieser Stadt eine notwendige Stütze. Und es
ist gewiß „im Reich“ nicht leicht zu übersehen, was
der Wegfall dieser einzigen Oase zwischen Berlin und
Petersburg für den deutschen Osten bedeuten müßte—
wenn eben doch noch die drohende Auflösung der
Königsberger Akademie eine völlige Auflösung würde.

Als Lehrer, klug und gesund in seinen Anschau-
ungen über Kunsterziehung, legt Heinrich Wolff
keinen Wert darauf, etwa eine Fülle schon von weitem
erkennbarer Wolff-Schüler in die Welt zu setzen.
Tüchtig fürs Leben möchte er sie schon lieber machen.
Grundlage seines Unterrichts ist die Folgerichtigkeit
der Formen und ihre Beziehungen zueinander, wie sie
sich aus dem Studium des Kopfes, mehr noch des
Aktes ergeben. Und dazu natürlich die Kenntnis aller
graphischen Techniken.

Seine kunstpolitische Auffassung von der Gesamt-
lage des Ostens hat er einmal in die Worte gefaßt:
Mehr Export, nicht ausschließlich Import. Sicher wäre
es dankenswert, gute Kunst nach Königsberg zu brin-
gen, aber für die gegenwärtige, besondere Not gerade
der ostpreußischen Künstler sei die Möglichkeit, ihre
eigenen Arbeiten im Reich zu zeigen, noch weit
dringlicher.

Die umfassende Ausstellung, die die Königsberger
Akademie im Januar von Heinrich Wolffs Lebenswerk
veranstaltete, vermochte wohl einen Begriff von der
Vielseitigkeit dieses Schaffens zu geben. Aber sie war
in Ostpreußen — und nicht im Reich! Sie griff zurück
bis auf früheste Arbeiten Wolffs, ja bis auf Breslauer
und Berliner Schülerarbeiten, u. a. eine hübsche Illu-
stration zu dem heute so aktuellen Thema der Kunst-
schulerziehung. Alle Möglichkeiten der Graphik waren
vertreten: Llolzschnitt, Lithographie, Algraphie, ferner
alle Techniken der Radierung und auch der reine
Kupferstich. Zeichnungen mit der Feder oder dem
Tuschpinsel, mit Kreide, Rötel oder Blei. Aber auch

Arbeiten des Scherenschnitts, für dessen Wieder-
belebung sich Wolff wohl einst als erster einsetzte.

Auch stofflich umspannte die Ausstellung ein weites
Gebiet, angefangen bei den Kopien nach alten Mei-
stern, die Wolff einst für Bodes Galeriewerk kopierte.
An Originalen gab es Landschaften und Städtebilder,
Kompositionen und Illustrationen. Das Rückgrat von
Wolffs Kunst bleibt — einstweilen — das Porträt: der
stille Gelehrte, der Arzt, Persönlichkeiten der Regie-
rung und viele geistige Köpfe, Männer und Frauen.

Mit Genehmigung des Kunstvereins Königsberg
in Preußen E. V.

Maler Prot. Fritz Burmann und Frau
Lithographie von Prof. FI. Wolff

Auch manche aus dem Reich, die, in Königsberg als
Gast weilend, in seinem hellen, großen Atelier „saßen“.

Es geschah wohl unter dem Eindruck dieser Aus-
stellung, daß bald danach die medizinische Fakultät
der Albertina Heinrich Wolff zum Ehrendoktor promo-
vierte.

Heinrich Wolff ist in erster Linie der Tradition der
großen Zeichner und Graphiker verbunden, die keine
bloßen Abbildner waren, sondern durch Weglassen
und durch Herausarbeiten des Wesentlichen eine
durchgebildete und beseelte Leistung erstrebten. Wolff
gehört mit zu den ersten Originalradierern, die diese
Kunst wieder selbständig gemacht haben und von
ihrer Eigenschaft als Kopierkunst erlösten.

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