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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 14.1932

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Septemberheft
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Bloch, Vitale: Jan Lievens
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https://doi.org/10.11588/diglit.26709#0017

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Rembrandt siedelt nach Amsterdam über. Lievens
geht nach London und Antwerpen. Über seinen eng-
lischen Aufenthalt sind wir wenig unterrichtet. Da-
gegen wissen wir, daß Lievens in Antwerpen mit
Stechern aus dem Kreise des van Dyck in Berührung
kommt und Freundschaft mit Malern, wie Brouwer
und Jan D. de LIeem, schließt. Seine Malweise ändert
sich vollkommen. Lievens wird ein flämischer Maler,
vom venezianisch- van Dyckschen Schlage, liell und
schön im Kolorit, aber schwach im Ausdruck und arm
an Ideen. Er zeichnet sich aber — wie schon früher —
im Porträt aus. In diese Zeit gehören Meisterwerke,
wie das Selbstbildnis in der Londoner National Gal-
lery. Zugleich lernen wir Lievens von einer neuen
Seite, nämlich als Landschaftsmaler, kennen. Wir glau-
ben, daß Lievens auf diesem dem Kunstfreund wenig
bekannten Gebiet das Schönste geschaffen hat. Diese
Bilder sind u. E. innerhalb der holländischen Malerei
prinzipiell etwas Neues. Trotz offensichtlicher An-
klänge an Brouwer, Rubens und Rembrandt sind diese
Tafeln im Motivischen und Malerischen durchaus un-
gewöhnlich und wirken oft so „modern“, daß sie
irrtümlich für „achtzehntes Jahrhundert“ gehalten
werden.

Es folgt dann, mit wenigen Unterbrechungen, der
Amsterdamer Aufenthalt des Künstlers, die Zeit des
Gedeihens und Niederganges (von 1644 bis 1674). Als

angesehener Maler wird Lievens auch mit offiziellen
Bestellungen betraut. Aber das Schicksal der holländi-
schen offiziellen Malerei, die zum Schmuck öffentlicher
Gebäude bestimmt war, der eigentlichen holländischen
Barockmalerei, war tragisch. Pathos, Geste, Schwung
sind dem Wesen der holländischen Malerei fremd, und
alle Versuche in dieser Richtung, ob von Lievens, Bol
oder Flinck unternommen, schlagen fehl.

Lievens ist 1674 gestorben, ohne viele glückliche
Werke in seinem Alter geschaffen zu haben. „Er ist
zum Nachfolger Vieler und Fremder geworden, die er
gefunden hatte, während er sich selber dabei verlor.“
(S. 66.)

Lievens künstlerische Entwicklung, die wir hier
schematisch skizzierten, ist von Schneider mit einer
hervorragenden Sachkenntnis dargestellt. Besonders
glücklich und einleuchtend hat Schneider das Land-
schaftsproblem gelöst. Jeden Satz genau abwägend,
keinen Augenblick für seinen Helden eingenommen,
stets gerecht, namentlich in bezug auf das Verhältnis
zu Rembrandt, hat Schneider mit seinem Werk ein
Muster an objektiver kunstkritischer Betrachtung ge-
geben. Nur muß uns Schneider entschuldigen, wenn
wir der Auswahl der Abbildungen und mancher neuen
Bestimmung nicht ohne weiteres zustimmen können.

Jan Lievens / Landschaft
Holz, 55 lA ■47 cm
Sammlung van Es, Rotterdam

3*7
 
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