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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,3.1910

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Heft 18 (2. Juniheft 1910)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9021#0492
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untereinander: das Hhgienische mit
dem Asthetischen, dgs Technische
mit dem Skonomischen, der Vor°
teil mit der Moral.

Eine starke optimistische Sug°
gestion geht von dieser Ausstellung
aus, und das ist wohl der schönste
Erfolg, den eine solche Veranstal-
tung haben kann. Man verläßt
sie gestärkt im Glauben und, was
ja dasselbe ist, im Willen zu
einer besseren Zukunft. Es wird
nun doch langsam eine Wendung
eintreten müssen, man wird nun
doch nicht mehr so gleichgültig,
gedankenlos und profitsüchtig fort°

oder ganzen Iahrhundert die
zehnte Million Linwohner erreicht
hat, dann wird das vielleicht doch
nicht mehr ein sinnloses totcs
Konglomerat von Steinen sein,
sondern in Wirklichkeit ein Stadt-
organismus, wie ihn die großen
Baukünstler in Gedanken tragen.
Dann wird diese Stadt in Raum
und Licht wirklich leben, wirklich
atmen, und das Blut ihres Ver°
kehrs wird stark und gesund zirku-
lieren. Und nicht nur animalisch
wird sie leben, sondern auch gci°
stig, Lharakter und Ausdruck wird
sie zeigen im Rhhthmus ihres

wursteln können nach dem Schema F
des alten wackcrn Reißbrettgeistes
und der Moral der Grundstück-
spekulanten und „geländeerschlie-
ßenden" Volksbeglücker. Man wird
die alten Bauordnungen gründlich
revidieren müssen; wenn man
ihnen verzeiht, daß sie dem jähen
wirtschaftlich-technischen Aufschwung
nicht so schnell nachkommen konn-
ten, jetzt heißt es: marschieren.
Nicht nur die Kommunen, die ja
hier und da schon recht guten
Willen gezeigt haben, sogar der
Fiskus mit der hartgesottenen
Spekulantenseele werden allmäh-
lich sich bequemen müssen. Und
wenn Groß-Berlin in einem halben

Lebens, Größe und Liebenswürdig-
keit in ihrer Physiognomie tragen.
Und dann wird selbst dieses Un°
geheuer, das uns bis jetzt nur
erschreckt, betäubt, crdrückt, Heimat
und Melodie werden und eine
Ouelle der Kraft und Freude.
Solcher Zukunftshoffnung dürfen
wir uns angesichts dieser Aus°
stellung hingeben. Wir dürfen
es, — wenn wir zugleich uns das
feste Versprechen gcben, für diese
Hoffnung uns auch mit aller Tat°
kraft einzusetzen.

Man wird in seiner Hoffnung
noch mehr bestärkt, wenn man
das außerordentliche Interesse
sieht, das die weitesten Kreise


Kunstwart XXIII, s8
 
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