Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,3.1910

DOI Heft:
Heft 17 (1. Juniheft 1910)
DOI Artikel:
Pfordten, Hermann von der: Robert Schumann
DOI Artikel:
Langen, Gustav: Christliche Kunst, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9021#0352
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
weil es den Charakter einer freien Improvisation trägt. Ilnd warum
versagt der erste und der letzte Satz des Werkes trotz ofsenbar hoch-
strebender Intentionen? weil ihnen dramatische Wucht und Konse--
quenz fehlt, weil sie sogar an die Grenze der Monotonie gelangen.
Ahnlich wird fast überall der Eindruck ein geteilter sein. Aber ebenso
findet sich überall mindestens ein Satz, der uns entschädigt, so in
der im ganzen recht schwachen Es-dur-Symphonie die grandiose Dom-
szene in Es-moll. An wertvollen, langsamen Sätzen ist nach Beethoven
überhaupt kein Musiker so reich wie Schumann: auch in seiner sprü-
henden D°moll°Symphonie werden wir geneigt sein, dem volkstüm-
lichen Gesang der Romanze den Preis zu erteilen.

And was nun endlich seine großen Gesangwerke betrifft, so be-
klage ich es laut, daß man außsr dem „Manfred" fast gar nichts
mehr aufführt. Gewiß, der „Manfred" ist das Schumannisch echteste
von allen. Aber er ist leider keine Oper, sondern ein Melodram, un°
erträglich für jedes empfindliche Ohr. Die „Genoveva" dagegen ist
gar nicht so unwirksam auf der Bühne, als man glaubt; sie enthält
Szenen von erstaunlicher Kraft. And „Paradies und Peri" zerfließt
durchaus nicht in lauter Duft und Schwärmerei; der Freiheitschor
ist hinreißend, anderseits die orchestrale Schilderung der Pest sehr
charakteristisch. Selbst „Der Rose Pilgerfahrt", im ganzen recht matt
und schwach, lohnt das Studium in kleinerem, am besten mit Klavier
im häuslichen Kreis; die Elfenlieder sind reizend, das Grablied wun-
derschön, die Tanzchöre sehr lustig. Der Iägerchor (mit Hörnern) be-
darf allerdings trefflicher Ausführung, um zu wirken. In allen diesen
Werken ist des Schönen und Guten gar viel verborgen, wenn sie
auch alle zusammen beweisen, daß Schumann, der Lyriker, weder
für Oper noch für Oratorium ausreichend befähigt war. Eine Schande
aber muß man es heißen, daß seine Faustszenen weitesten Kreisen
ganz unbekannt sind. Gewiß sind wir diesem Stoff gegenüber doppelt
empfindlich für jede Schwäche; gewiß sind auch diese sechzehn Nummern
von sehr ungleichem Werte. Aber Szenen wie die der vier grauen
Weiber, Fausts Blendung und Tod, und dann der ganze letzte Teil,
der als „Fausts Verklärung" auch ganz gut allein gegeben werden
kann, sind so wundervoll, daß es einfach einen unersetzlichen Verlust
bedeutet, wenn man sie uns vorenthält.

And so sei denn mit der dringenden Mahnung, unsern Schumann
nicht kritiklos zu preisen, aber endlich und wirklich ganz zu kennen,
der Wunsch verbunden, daß sein Iubiläumsjahr ihn uns dauernd
schenke, den Menschen und den Künstler, den Poeten, der es als seine
Sendung erkannte, „Licht zu senden in die Tiefe des menschlichen
Herzens". Hermann v. d. Pfordten

Christliche Kunst

(Schluß statt Fortsehung)

^m^a aber die Kirche Darstellungen Lhristi verlangt, so bleibt zu-
(-H^nächst nichts übrig, als zu versuchen, sie besser zu machen als bisher.

Hierfür schien die vorjährige Ausstellung zunächst drei Möglich-
keiten zu eröffnen. Das Schaffen, erstens unter dem Einfluß der

290

Kunstwart XXIII,
 
Annotationen