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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,3.1910

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Heft 13 (1. Aprilheft 1910)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9021#0093
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Von der rechten Rede

ine rechte Rede ist wie eine
Schlacht, eine Hunnenschlacht, in
der die Geister noch fortkämpfen,
wenn bereits die Leiber erschlagen
worden. Die am Boden liegenden
Leichname sind die toten, die kämp--
fenden Geister sind die lebendigen
Worte; die Feldherrcn sind der
Genius der Sprache und der
Genins des Sprechenden. Der
lebendige Sinn und Geist des Red-

ners ringt mit dem fertigen,
gerüsteten Formenverstande der
Sprache auf Leben und Tod; und
wenn sich erst die eitlen Redens-
arten totgeschlagen haben, kämpft
jegliches Wort im Geiste mit allen
andern Worten, bis der Genius
des Redners und Schriftstellers,
wiedergeboren in dem der Sprache,
als lichter Sieger dasteht.

Bogumil Goltz

Unjre Btwer und Boten

ie Dogge, die Wilhelm Trübner vor unser Heft gesetzt hat,
D hält dort in all ihrer Bedeutendheit nicht nur des guten Humores
wegen Posto; wer aber sagen wollte, ihr hingen die Würste allein
des schönen Kolorits wegen über die Nase, erklärte damit ihren Meister
und Bändiger sicherlich zu Unrecht bloß für einen Astheten und Augen-
mann. Den gespannten Geist einer bei äußerer Ruhe innerlich durchaus
beteiligten und bewegten Hundepersönlichkeit bringt nicht so „monumental"
zum Ausdruck, wer allein auf das achtet, was das Prisma zerlegt und
der Pinsel wieder zusammenholt. Trübners Doggenbild ist kein Späßchen
von wegen des Aufwartens, bevor er die Würste kriegt (wofür zwanzig
schnelle Federstriche genügen würden), ist ebensowenig nichts als kolori-
stische Studie, es ist ein mit Humor sowohl wie mit Liebe zum Tier von
feinstem Malerauge gestaltetes Tierporträt. Von feinstem Malerauge!
Denn freilich: auch rein als Farbengebilde, rein als Malerei ist es
entzückend. Und da uns auch unser Steindruck so schön gelungen scheint,
daß man die Augen auf ihm wohl schmausen lassen kann, so haben wir
ihn in guter Ausstattung auch als Vorzugsdruck des Kunstwarts heraus-
gegeben. ,

Die beiden Landschaften nach Trübner, das Dörfchen im flachen Tal
und der Hof eines alten Gebäudes, verraten sich dem Kenner schnell
als Gebilde desselbcn Meisters, wenn auch nicht aus seinen letzten Iahren.
Wir möchten auch vor ihnen den Rat wiederholen, den wir schon so
oft wiederholt haben, weil er gar nicht oft genug wiederholt werden kann:
man sehe nicht schnell über die Drucke hin, man lasse sie gemächlich und
geraume Zeit auf sich wirken. Dann wcrden selbst in diesen einfarbigen
Wiedergaben vornehm-zarte Werte zu leuchten beginnen gerade da, wo
man mit den ersten Blicken vielleicht nur ziemlich grobe Wirkungen,
wenn nicht gar allein die berufenen „Klexe" sah. Man wird mit Er-
staunen gewahr werden, daß die Trübnerschen „Klexe" sich hier überall
ordnen zu höchst lebendig gefühlter Form, — ausnahmelos überall.
Das Dörfchen in seinen Felderhügeln, der Hof mit den schier bewegten
Schatten des Baumgezweigs an der rechten Gemäuerwand unb der Spiege-
lung im dunkeln Tümpel vorn — das alles wird dann mit reizvollem
Flimmerlicht und samtigen Tiefen zu kleinen Tummelplätzen malerischen
Lebens.

H Aprilheft (M ?9

Lebende Worte
 
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