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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,3.1910

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Heft 16 (2. Maiheft 1910)
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Nidden, Ezard: Björnstjerne Björnson
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9021#0277
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die Vorliebe für Probleme aus dem Konfliktgebiet zwischen Sinnlich-
keit und Sittlichkeit. Er hat keine idealistische Lösung dafür, wie
er denn überhaupt zu abstraktem Denken nicht veranlagt war —
wozu seine Worte oben gute Beispiele sind —, und seine Fülle
dem Leben, nicht der Reflexion verdankte. Alles scheint in seinen
Werken selbst erlebt, so fern es auch hergeholt ist, weil die per-
sönliche Kraft alles durchdringt. Statt der einen idealistischen Lösung
hat er eine Reihe genialer Einzeldarstellungen. Und der Freimut
seines Geistes bezaubert. Auch da, wo Verallgemeinerung Ver-
derben wäre, ist er doch nicht in olympischer Heiterkeit jenseit von
Gut und Böse, sondern mitten im Kampf. Die lichten Grundtendenzen
seines hochgestimmten Geistes durchdringen diesen Kampf. Äberall
strahlt der Wille zum Guten hindurch. Der Wille — das ist denn
wohl die letzte Formel für diese in ihren Formen und Wandluugen
überreiche Natur. Seinem Willen zum Guten mußte alles dienen,
und wir staunen, wie sehr er trotz seines unklaren Verhältnisses
zur Kunst auch sie in dessen Dienst gezwungen hat. „Ich lebte mehr
als daß ich sang."

Gewaltiges hat Björnson in seinem Vaterland gewirkt, und die
Spuren dieser expansiven und impulsiven Lebensarbeit werden noch
lange bleiben. Nns bleiben seine Werke. Sie sind berufen, länger
zu bestehen als jene. Denn es hat sie jener Wille geschaffen, der
aus der Liebe zum Guten seine Kraft saugt; erst mit dem Ende
alles Menschlichen kann seine Wirkung enden. Ezard Aidden

Lose Blätter

Aus Björnsons Werken

sWir drucken im folgenden Proben aus Björnsons Werken, um nach
einigen Seiten hin das zn bekräftigen, was im Leitaufsatz dieses Heftes
gesagt ist. Änsre Leser erinnern wir an die früheren Losen Blätter aus
Björnsons Werken (Kw. XIII, (5 und XVI, 22), welche diese ergänzen.

Eine nicht eben kritische Äbersicht über Björnsons Schaffen und dessen
Hauptinhalt bietet das kleine Bnch von B. Kahle „Ibsen, Vjörnson nnd
ihre Zeitgenossen", das in der Sammlung „Aus Natur und Geisteswelt"
enthalten ist nnd viel Wissenswertes enthält. Wenn hier noch ein Äber-
blick über Björnsons Werke zu geben versucht wird, so geschieht das mit
dem Bewußtsein, daß rein subjektive Empfindungen dabei zwar nicht
ausgeschaltet werden können, daß man aber andcrseits gerade bei Björnson
verhältnismäßig davon unabhängig ist; über die Auffassung, welche zu°
grunde liegt, gibt unser Hauptaufsatz überdies Aufschluß. Von Björnsons
Iugenddramen hat wohl „Halte-Hulda" noch die größte Lebenskraft. Auch
„Zwischen den Schlachten" wird man noch mit ungetrübter Teilnahme
lesen. Von der sehr ungleichmäßigen Trilogie „Sigurd Slembe" dürfte
sich der erste Teil überlebt haben. Die bciden andern enthaltcn wirksame
und tiefe Szenen, obwohl sie etwas effektvoll aufgemacht sind. Wenn man
das Ganze ein wenig bearbeitete, gäbe es ein ausgezeichnetes Iugendbuch.
Von „Sigurd Iorsalfar" gilt ähnliches, das Stück ist pshchologisch wohl
feiner, aber in der Arbeit noch gröber. „Maria Stuart in Schottland"

2. Maiheft MO 227
 
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