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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 7 (1. Januarheft 1911)
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0060
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„Gibt es denn heute abend nichts andres zn sprechen als von ihm?
Ich fange an eifersüchtig zn werden. Warnm fragen alle so beharrlich
nach ihm?«

„Vermntlich weil es so schwer ist, aus ihm klng zu werden. Ein
stattlicher Mann ist er doch."

„Bruder Mans? Mag sein." Valdemar brach einen Splitter ans
dem bärtigen Bildwerk und warf ihn in das Nebelmeer hinaus, wie in
Erwartung, ihn schwimmen zu sehen. „Er neigt sich stets, wenn er mit
Frauen spricht, abcr er kümmert sich nicht um sie."

„Dann ist er dir auch darin unähnlich."

„Was sollte ich an einem solchen düstern Abend anfangen, wenn ich
dein muntres Geplauder nicht um mich hätte!"

„Ich weiß etwas Süßres, als Frohsinn zu zeigen", sagte sie mit
erhöhter Stimme, und das schmale Gesichtchen zeigte denselben erschreckten
Ausdruck wie vorhin auf der Folkungerbank. „Ich habe immer von dem
heiligen Frieden geträumt, immer geträumt, ins Kloster gehen zu dürfen."

„Eine solche Mißwirtschaft würde ich nie gestatten."

„Ich wußtc nicht, daß du so gierig seist."

„Auf derlci bin ich gierig, wcnn auch nicht auf Geld."

Sie zögerte ein wcnig.

„Wie sollte es werden, wenn du mich einem Manne geben müßtest?
Aber du brauchst nichts zu fürchten. Niemals lasse ich mich einem
Manne schcnken, weder jung noch alt, nicht mit Gutem, nicht mit Gewalt."

„Damit hat es keine Eile, Kindchen. Ließ ich dich nicht eben erst
mit Ehren wie eine Königin holen, als du schriebst, daß dir nach deiner
Schwester bange?"

„Und als ich in das unheimliche Smalaud kam, sagte ich: Lichtre
Wälder hat mein Vatcr auf Seeland."

„Und da stampften wohl die langhaarigen Ziegenhirten mit ihren
Holzschuhen auf und nannten dich einen Engel Gottes."

„Und als ich das harte Brot der Ostgotenbauern essen sollte, schmerz--
ten mir die Zähne, unü da sagte ich: Beßres Mehl hat der Abt in Sorö."

„Und da schmunzelten wohl die guten Ostgoten, die nie böse werden
können, und erwiderten: Das wird nun eine Freude in dcr Iarlburg
wcrden."

„Aber als ich den dunkeln Turm zu Stockholm sah, da rief ich, daß
man es über die ganze Brückc hörte: Glücklich bin ich, daß ich nicht den
grausamen Birger Iarl zum Schwiegervater habe wie meine arme
Schwester. Seht, wie müde und verzagt sie dort auf der Mauer stehtt
Wohiu habt ihr mich geführt? Niemals, niemals fühle ich mich heimisch
bei den Folkungern!"

„Da sprang König Valdemar der Iunge aus dem Turm herab und hob
dich aus dem Sattel . . . hoch über die vielcn kleinen Mägde, die
Roscnblätter streutcn . . . So hoch . . . hoch, hoch!"

Er hob sie auf und hielt sie eine Weile auf seinen ausgestreckten
Armen; aber die Goldzacken ihres Gürtels stachen ihm in die Hände,
daß er sie vorsichtig wieder niedcrlasscn mußte.

„Nun denn, dies ist ja Spiel, bloßes Spiel", sagte er endlich. „Wer
Mächte in einem solchen Mondlichte nicht spielen! Aber cs wird spät.
Wir müssen darandenkcn, hineinzugehen."

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