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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 24,2.1911

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Heft 9 (1. Februarheft 1911)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9018#0254
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erlaubte Begünstigung sei und die
Herren Direktoren zu Herrgöttlis
erhebe, die den Erfolg machen oder
verhindern können. Die Wieder-
holung, die „öftere" nämlich, ist ein
zweischneidiges Schwert. Sie läßt
die Vorzüge der künstlerischen Lei-
stung immer klarer sich offenbaren.
Aber sie enthüllt ebenso unerbitt--
lich die Schwächen und Sterblich-
keiten des wiederholten Kunstge--
bildes. Sie korrigiert das Urteil.

Richard Batka

Denkmäler deutscher Ton-
kunst 1

ir könnten uns niemand den-
ken, dcr ernstlich sich mit bil-
dender Kunst beschäftigte und nichts
von Dürer, Raffael, Tizian, Rem-
brandt wüßte. Wir wären auch
völlig ratlos, wenn wir alle die
Werke dieser und hundert anderer
Maler für die künstlerische Bildung
und Erquickung des Volkes ent-
behren sollten. In der Musik aber
ist's noch immcr ganz anders. Nicht
nur das Volk kennt Kunstschöpfun-
gen, die vor Mozart oder gar vor
Bach liegen, in ganz verschwin-
dender Anzahl, sondern auch eine
Menge Bcrufsmusiker verachtet die-
sen „alten Kram" mit einer Miene,
die man erhaben nennen könnte,
wenn sie nicht komisch wäre.

War in frühercn Zeiten solche
Unkenntnis älterer Musik entschuld-
bar, weil die Werke schwer zugäng-
lich waren, so kann man jetzt, wo
neben einer Menge Sonderaus-
gaben die langen Neihen von
„Denkmälern deutscher Tonkunst"
erschienen sind, nur Bequemlichkeit
uud geistige Beschränkthcit als stich-
haltige Grnnde gclten lassen. Denn
die Mängel, die die „Denkmäler
dentscher Tonkunst" haben, bieten
keinen gcnügcnden Grund für das
Ignorieren des in ihnen aufgespei-
chertcn Materials durch die musi-

kalische Praris. Immerhin: sie er°
wirken mildernde Umstände.

Ich fürchte, die Mängel werden
jene Ausgaben ewig haben. Es
scheint, wenn man in Deutschland
eine Sache mal angefangen hat,
wenn auch ungeschickt und unprak-
tisch, daß man's dann unentwegt
jahrzehntelang immer so weiter
machen muß, um der „Konsequenz"
und „Einheitlichkeit" willen. Ich
habe wiederholt daranf hingewiesen,
daß die Denkmäler-Ausgabe viel zn
teuer ist, daß es Unverstand ist, sie
in dieser kostbaren Weise auszustat-
ten, daß man die Vorreden und
Abhandlnngen getrennt in kleine-
rem Formate drucken solle usw.
Man bleibt beim alten Zopf —
und hat als Nesultat, daß die we°
nigsten Menschen imstande sind, die
Denkmäler käuflich zu erwerben, daß
selbst Bibliotheken und große
Konzertvereine unter der Belastung
durch die Ausgabe seufzcn. Ist
denn niemand, der mal in den
preußischen und bahrischen Mini-
sterien, die doch die Geldcr dazu
hergcben, auf die unrationelle Ver-
wirtschaftung dieser Gelder hin-
weist.

Am aber diese neugehobenen
Schätze alter Musik nicht wieder
völlig in Bibliotheken vergraben
sein zu lassen, wollen wir hier im
Kunstwart im Laufc der Iahre auf
einzelne Bände, die für die Praxis
besonders brauchbar erscheinen, hin-
weisen, und an Beispielen zeigen,
wie man manches daraus troh des
Dcnkmal-Systems nuhbringcnd ver-
werten kann. Es ist ja schon von
vcrschicdenen Seiten der Anfang da°
mit gemacht worden, denn solche
Denkmäler-Ausgabcn sind zu kost-
spielig, wcnn sie nur die Gelüste
von ein paar Historikern befriedigen
sollen. Die Befruchtung unsrcs
Kunstlebens, die Wirkung auf das
Volk ist die Hauptsache, und gerade

s. Februarhest lM 207
 
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