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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,4.1912

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Heft 20 (2. Juliheft 1912)
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Rundsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9025#0147
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stige Kultur, die er bei crller Io--
vialität und Selbstzufriedenheit
haben muß, und dem Gabriel Schil--
ling in der Darstellung Willi
Grunwalds vollends jenes spezifi--
sche Gewicht menschlichen und
künstlerischen Wertes, mit dem
allein er sich unser Interesse für
seine Flucht aus Lat und Leben
verdienen könnte.

Friedrich Düsel

Ed. Knoblauchs „Kismet"

Münchner Theater

aß das Münchner Künstler--
theater in seiner neuesten Me-
tamorphose Versuchen dient, die
mit eigentlicher dramatischer Kunst
kaum mehr etwas zu schasfen haben,
mußte ich schon nach der Urauf-
führung der Calderon-Fuchsschen
„Circe" betonen. Trotzdem würde
es wohl eine Unterlassungssünde
bedeuten, über diese Seitensprünge
moderner Bühnenreformlerei, die
immerhin nicht ohne theater-
geschichtliche und auch nicht ohne
allgemeinere kulturhistorische Be-
deutung sind, einfach zu schweigen;
zudem wäre das eine Amgerechtig-
keit gegenüber den bildendkünstle-
rischen und darstellerischen Kräf--
ten, die man dafür mobil machte.
Ihr zweites Ausstattungs-Quodlibet
holten sich die derzeitigen Negenten
des Künstlertheaters aus dem Eng-
lischen; auf Karl Lindaus Ver-
deutschung von Ed. Knoblauchs
groteskem Lraumspiel aus Lau-
sendundeiner Nacht „Kismet" war
die Wahl gefallen, oder vielmehr
auf die Sonder-Bearbeitung, die ein
Anonymus von dieser Verdeut-
schung fürs Künstlsrtheater lieferte.
„Tausendundeine Nacht": der Orient
im Märchenglanz — von vornher-
ein mußten sich da bange Zweifel
erheben, ob die puritanisch schlichte
und spröde Szene des Künstlerthea-

ters, die doch zugunsten einer Be-
schränkung auf intensiv dichterische
und darstellerische Wirkungen ge-
schaffen war, solchem Superlativ
äußerlich reicher Prachtentfaltung
gewachsen sein würde. And diese
Zweifel erwiesen sich auch als be-
gründet: um so begründeter, als
das Ausstattungsstück Knoblauchs
dramatischen Zusammenhalt und
etwas wie eine sinnvolle Idee nur
notdürftig vortäuscht, während es
sich in Wahrheit mit seinen bunt-
wechselnden Bildern nur an die
Sensationslust der Sinne wendet,
wie sie eine Bühne des verpönten
älteren Stils in ungleich üppige-
rem Maße zu befriedigen ver-
möchte. Von dem Vorgang des
Spiels läßt sich mit einiger Deut-
lichkeit und Einheitlichkeit nur so-
viel erfassen, daß ein Bagdader
Bettler in wechselvollen Traum-
Abenteuern wie Grillparzers Ru-
stan Reichtum und Hofgunst ergat-

tert, aber auch wieder in äußerste
Bedrängnis zurückstürzt, worauf der
Erwachte dem Publikum die alte
und hier ohne einleuchtende logi-
sche Verknüpfung angeflickte Weis-
heit vom traumhaften Wesen alles
irdischen Geschehens verkündet. Der
zerfahrene Dialog des Stücks, der
nur immer wieder trügerische Hoff-
nungen auf dramatischen Zusam-
menhang und rein dichterische Wir-
kungen erneuert, stört hier mehr,
als er nützt. Einer vollen Aus-
beutung der sinnlichen Wirkungs-
möglichkeiten stellen sich, wie ge-
sagt, die Eigenschaften der Künstler-
theater-Bühne entgegen, wiewohl
ein Teil der solennen Amzüge
über zwei Aufgänge der Vorder-
bühne geleitet wird, und Ernst
Stern, der Ausstatter von Freksas
„Sumurun", als künstlerischer Ent-
werfer der Dekorationen, Kostüme
und Requisiten im einzelnen aller-
lei apart Reizvolles bietet. Auch

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