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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 25,4.1912

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Heft 24 (2. Septemberheft 1912)
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Rundsschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.9025#0493
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Von der „Wiederent-
deckung des Auges"

ie unsre Leser aus ausführ--
lichen Zeitungsberichten wissen,
hat in Dresden zusaminen mit
einer großen Ausstellung für
Kunstunterricht, Zeichnen und
angewandte Kunst auch der I n --
ternationale Kongreß statt-
gefunden, der demselben Gegenstande
gewidmet war. Die Ausstellung war
schon dem Raume nach so ausge-
dehnt, daß an eine Besprechung an
dieser Stelle gar nicht zu deuken ist,
und der Kongreß so reich, daß für
ihn dasselbe gilt. „Programme,
Kongreßbestimmungen, Vorträge
und Berichte" bringt in der Haupt-
sache ein H20 Seiten starker Band,
den die Kongreßleitung durch Karl
Elßner, Dresden-A., Hohestr. 82,
herausgegeben hat, der eigentliche
„Hauptbericht" aber soll im No-
vember folgen. Auf diese Veröffeut-
lichungen und aus den großen Kata-
log muß hingewiesen werden, wer
irgendwelche Einzelinteressen befrie-
digen will. Später denken natürlich
auch wir auf diese oder jene Ergeb-
nisse als Anregungen zurückzukom-
men.

„Wenn jetzt ein Geist hernieder-
stiege", der zu seinen irdischen Iah-
ren nur den früheren Zeichen-
unterricht gekannt hätte, würd er
sich überhaupt noch auskennen? Es
kann in Ruhe gesagt werden: die
gute alte Zeit des Kopierens von
Vorlagen mit dem Ideal möglichst
vollkommener Ich-Entäußerung und
einwandsrei paralleler Schraffie-
rung ist in allen Ländern, in denen
Frau Kultur wohnt, so gut wie ganz
zu Ende. Vielleicht ist es wahr, daß
da und dort zu wenig Zeichner ge-
bildet werden, die imstande sind, Ra-
turgegenstände ganz zuverlässig
sachlich richtig wiederzugeben.
Es ist überhaupt nicht unmöglich,

daß der moderne Zeichenunterricht
und, weiter gefaßt, der Kunstunter-
richt in seiner Entdeckerfreude einige
Sonder-Aufgaben unterschätzt, in-
dem er das Ich des Zeichners mit-
unter als zu herrschberechtigt gegen-
über dem Es des Gegenstandes be-
trachtet. Aber Entdeckerfreude hat er,
man könnte sagen: wir leben im Zeit-
alter der Wiederentdeckung desAuges
als eines bildenden Sinnes,
nicht nur eines vermittelnden. Theo-
retisch wußte man davon ja in den
vorhergehenden Iahren auch, insbe--
sondere wußten davon natürlich die
Künstler, aber jetzt wird es allgemein
gefühlt. Das ist das eigentlich
Neue, das auch bei der zwischenvöl-
kischen Dresdner Schau und Aus-
sprache an hundert Stellen hervor»
trat.

Eisenreliefs

waren zu Empire- und Bieder-
meierzeiten beliebt, um eine größere
oder kleinere Fläche, etwa eine
Kassette, ein Schrankfeld oder
auch eine Zimmerwand (zum Bei-
spiel eine bespannte im Garten-
häuschen) mit ihnen zu schmücken,
wo dann zugleich durch ihre
Schwärze das Material ringsum
koloristisch gehoben und belebt
wurde. Sie konnten so aus der
Ferne wirken wie Schönheits-
pflästerchen in einem Gesicht, aus
größerer Nähe aber wirkten sie wie
eine Silhouette. Dann ist das alles
aus der Mode gekommen, und nur
ganz selten fand man an altem
Gemöbel oder Gemäuer etwas aus
dieser Großvaterkunst.

Die Hofkunsthandlung von Lud-
wig Schaller in Stuttgart hat aber
jetzt aus alten Formen neue gießen
lassen, Stücke von G. K. Weit-
brecht (l?96—(836) und von seinem
Schüler und Nachfolger Christian
Plock, welche zwei beide am Kgl.
württembergischen Hüttenwerk Was-

2. Septemberhest (9(2 H03
 
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