Amcrika bereits AnsäHe fesi, was um so wichtiger isi, als dies Land die
tcchnische Steigerung Europas bedeutet. Brinckmann glaubt, daß hier cin
Seitensiück zum bisherigen deutsehen Bildungsideal ersteht. Auch Liebert
isi ähnlicher Ansicht: „Der amerikanische Typus trägt in sich nicht weniger
Gehalte und Bewegtheiten als jene srnheren Lebenssormen und -gesialten,
die wir als Humanismus oder als Renaissancetypus zu bezeichnen pflegen."
Im GegensaH zu solcher Aufsassung sehen die Bertreter der sprachlich-literari-
schen Bildung in der Technik den Todseind aller Bildung überhaupt und ver-
mögen Lhr keine gute Seite abzugewinnen. Selbsi Männer von dem geisiigen
Rang eines Ermatinger versieigen sich zu wahrhast grotesken Behauptungen:
„Eine neue Flugleisiung entzündet heute in einem Augenblick die Phantasie von
so vielen Millionen Köpsen, wie sie in einem Iahrhundert sich nicht um den
Goetheschen Fausi gekümmert haben." (Geisi und Technik. Annalen 1927.) Als
ob der Fausi, der selbsi vielen Literaturhistorikern mehr Gegensiand philolo-
gischer Grübelei als persönlicher Lebensvertiesung geworden, jemals eine Sache
sür Millionen Köpfe werden könnte. Auch Spengler, der sich zur Technik
positiv einsiellt, sieht in ihrem Emporkommen ein Wesensmerkmal des abend-
ländischen Kulturverfalles. Ähnlich Keyserling. Bor allem wenden sich gegen
die Maschine die ösilich gerichteten Denker. Während einzelne wache und frische
Gcisicr sür die Einbeziehung Lechnischen Dcnkens und Schasscns in unscr Bil-
dungsideal überzcugt einkreten, sehen andere darin dessen Gefährdung.
Als eine menschliche Betätigung, in der ungemein viel Geisi, guter Wille und
vielscitige Lcisiung siecken, verlangt die Technik schon um derenwillen die Ein-
ordnung in unser Lebensganzes. Als eine siarke und ersolgreiche Äußerung
des rational-organisatorischen Zuges unserer Natur sordert sie eine Synthese
mit unserer irrational-mysiischen Beranlagung, nicht aber die Aufrichtung eines
unvereinbaren GegensaHes. Wie wir heute mit Kank die Grenzen der exakten
Wissenschafk, die allzu lange als Wissenschafk schlechthin gegolten, aufs ncue
erkennen, den von ihr hervorgerufenen Materialismus und Atheismus dnrch
eine universelle Ersassung des Wissenschastsbegrisses überwinden wollen, so
gilt es auch, die Technik mit den geisiigen und moralischcn Idealen enger zu
verbinden. Es gilt cinen neuen Kamps um die Frciheit der Menschenrechke,
die diesmal ungleich schwerer und viclseitiger bedroht sind als zur Zeit der
sranzösischen Revolukion: heute ist der Mensch als Ganzes gesährdet und
nicht nur von ein paar höheren herrschendcn Klasscn; diese selbst sind gc-
sährdck. So gesehen wird die Technik nur ein Tcilproblem, das sich in gewis-
sem Sinn von selbsi lösi, wenn wir uns wieder der Borherrschaft wahrcr
Kultur fügen, wcnn dcr „Dritte Humanismus", an den ich mit Spranger
u. a. glaube, Antike, Christcnkum und moderne Lebensaussassnng zn ciner
neuen Einheit verschmolzen, die reicher und unseren Gegenwartsbedürsnissen
angemessener isi als seine srüheren Formen. Bis zur Erreichung dieses Zieles
hat es aber noch weite Wege; doch können wir sie mit vorbereiten, wenn wir
die Technik in solchem Sinne erfassen und ihre Auswirkungen bceinslussen.
(Schluß folgt.)
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tcchnische Steigerung Europas bedeutet. Brinckmann glaubt, daß hier cin
Seitensiück zum bisherigen deutsehen Bildungsideal ersteht. Auch Liebert
isi ähnlicher Ansicht: „Der amerikanische Typus trägt in sich nicht weniger
Gehalte und Bewegtheiten als jene srnheren Lebenssormen und -gesialten,
die wir als Humanismus oder als Renaissancetypus zu bezeichnen pflegen."
Im GegensaH zu solcher Aufsassung sehen die Bertreter der sprachlich-literari-
schen Bildung in der Technik den Todseind aller Bildung überhaupt und ver-
mögen Lhr keine gute Seite abzugewinnen. Selbsi Männer von dem geisiigen
Rang eines Ermatinger versieigen sich zu wahrhast grotesken Behauptungen:
„Eine neue Flugleisiung entzündet heute in einem Augenblick die Phantasie von
so vielen Millionen Köpsen, wie sie in einem Iahrhundert sich nicht um den
Goetheschen Fausi gekümmert haben." (Geisi und Technik. Annalen 1927.) Als
ob der Fausi, der selbsi vielen Literaturhistorikern mehr Gegensiand philolo-
gischer Grübelei als persönlicher Lebensvertiesung geworden, jemals eine Sache
sür Millionen Köpfe werden könnte. Auch Spengler, der sich zur Technik
positiv einsiellt, sieht in ihrem Emporkommen ein Wesensmerkmal des abend-
ländischen Kulturverfalles. Ähnlich Keyserling. Bor allem wenden sich gegen
die Maschine die ösilich gerichteten Denker. Während einzelne wache und frische
Gcisicr sür die Einbeziehung Lechnischen Dcnkens und Schasscns in unscr Bil-
dungsideal überzcugt einkreten, sehen andere darin dessen Gefährdung.
Als eine menschliche Betätigung, in der ungemein viel Geisi, guter Wille und
vielscitige Lcisiung siecken, verlangt die Technik schon um derenwillen die Ein-
ordnung in unser Lebensganzes. Als eine siarke und ersolgreiche Äußerung
des rational-organisatorischen Zuges unserer Natur sordert sie eine Synthese
mit unserer irrational-mysiischen Beranlagung, nicht aber die Aufrichtung eines
unvereinbaren GegensaHes. Wie wir heute mit Kank die Grenzen der exakten
Wissenschafk, die allzu lange als Wissenschafk schlechthin gegolten, aufs ncue
erkennen, den von ihr hervorgerufenen Materialismus und Atheismus dnrch
eine universelle Ersassung des Wissenschastsbegrisses überwinden wollen, so
gilt es auch, die Technik mit den geisiigen und moralischcn Idealen enger zu
verbinden. Es gilt cinen neuen Kamps um die Frciheit der Menschenrechke,
die diesmal ungleich schwerer und viclseitiger bedroht sind als zur Zeit der
sranzösischen Revolukion: heute ist der Mensch als Ganzes gesährdet und
nicht nur von ein paar höheren herrschendcn Klasscn; diese selbst sind gc-
sährdck. So gesehen wird die Technik nur ein Tcilproblem, das sich in gewis-
sem Sinn von selbsi lösi, wenn wir uns wieder der Borherrschaft wahrcr
Kultur fügen, wcnn dcr „Dritte Humanismus", an den ich mit Spranger
u. a. glaube, Antike, Christcnkum und moderne Lebensaussassnng zn ciner
neuen Einheit verschmolzen, die reicher und unseren Gegenwartsbedürsnissen
angemessener isi als seine srüheren Formen. Bis zur Erreichung dieses Zieles
hat es aber noch weite Wege; doch können wir sie mit vorbereiten, wenn wir
die Technik in solchem Sinne erfassen und ihre Auswirkungen bceinslussen.
(Schluß folgt.)
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