müssen: zwar ist der Mensch iminer dazu ausgerusen, mit Gott und Welt
seinen Frieden zn machen, aber zu bestimmten Zeiten gibt es dazu immer einen
bestinnnten, einen besonderen, zeitwichtigen Weg. Der Weg, den Toboggan
geht, rst der besondere, zeitwichtige Weg der Gegenwart. TroH seines Irrens
geht er uns alle an. Denn er irrt unseren Irrtum, er begehk jene Ver-
fehlung, die uns allen heute aufgegeben rst, sofern wir kräftig und entschlos-
sen mrt unserer Zeit leben. Sehen Sie in unsre Zeit hinein, wo Sie wollen,
Sre finden überall, daß die Menschen versuchen, wie weit sie kommen mit der
menscheneigenen Bernunft, mit dem menscheneigenen Willen. Sie bieten un-
gehenre Kräfte auf, um die Welt nach den menscheneigenen Maßstäben einzu-
richten. llnd ob wir uns hundertmal sagen, daß dies im leHLen Grunde ein
Irren ist: es ist historischer Zwang, es ist göttlicher Zwang, auf dicser Linie
alles zu versuchen, damit sich zum Schlusse eine echte, eine wahrhast erfahrene
und erlebte Wiedereinordnung in den großen Zusammenhang vollziehen l'önne.
Was ich über diese Dinge meine, läßt sich am besten zusammensassen in dem
Wort: Das Irren einer Zeit ist nicht sinnlose Willkür der Menschen, ist
nicht zwecklose Zielversehlung, sondern: das Irren einer Zeit ist der ihr von
Gott gewiesene und aufgegebene Weg zur Wahrheit.
Lose BläLLer
Der Bauer
Erzählung von
I r m g a r d v o n F a b e r d u F a u r
l.
s I ber den Gratweg kam cin Daner. Von den beiden Menschcnarten, die
"^^sich hierzulande mischcn, den großen, die ihr Werk tun, als wäre cs ein
.lruhen und Hinschreiten wie von Ewigkeit zu Ewigkeit, und den Kleinercn, die
sich viel sichtbarer bewegen und leichter ihr Gleichmaß verlieren, gehörte er
eher dem kleineren, beweglichen Schlage au. Sein wetterbraunes Gesicht war
in srühzeitigc Falten geknittert, wie es bei diesen Bauern häusig iß. skcur seine
Augen sprühten lebendig wie Spiegelungen aus einem abgründigen Brunncn.
Der Psad lies zur einen Hand hart nebcn der Schlucht, die ihn von wildcn
Grpseln trennte. Zur anderen Hand lag unter der tieseren, bewaldeten Kuppel
die Hochfläche des Vorgebirgcs, und weiter hinaus in die Tiese dchnte sich die
Erde zu einer slachen, blauen, verdämmernden Schcibe. Daraus waren Dörser,
Seen, Städte und Wälder zu Nlchtigkeiten verweht, Wolkenschatten löschten
ganze Strecken weit alles Sichtbare aus. Die Lust kam in breikem Strom an,
wie eine Brandung gegen das Gestade.
Vor diescr Weite ohne Halt faßte dcn Mann aus dem Grat ein Schwindcl
an. Sein Gang war noch schwankend von einer kürzlich übcrstandenen Krank-
heit, die schon bis an sein Herz dic Flut geführk hakte, die ihn wegreißen wollke.
IeHt erlebte er noch cinmal das gleiche Erschrccken.
Neben ihm ragke ein riesiger Felsenturm wild und sinnlos in die Luft hinaus.
Er lehnte sich an den Stein und deckke die Hand über die Augen. So stand cr
überschauert, wic er sein Leben uicht gestanden war.
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seinen Frieden zn machen, aber zu bestimmten Zeiten gibt es dazu immer einen
bestinnnten, einen besonderen, zeitwichtigen Weg. Der Weg, den Toboggan
geht, rst der besondere, zeitwichtige Weg der Gegenwart. TroH seines Irrens
geht er uns alle an. Denn er irrt unseren Irrtum, er begehk jene Ver-
fehlung, die uns allen heute aufgegeben rst, sofern wir kräftig und entschlos-
sen mrt unserer Zeit leben. Sehen Sie in unsre Zeit hinein, wo Sie wollen,
Sre finden überall, daß die Menschen versuchen, wie weit sie kommen mit der
menscheneigenen Bernunft, mit dem menscheneigenen Willen. Sie bieten un-
gehenre Kräfte auf, um die Welt nach den menscheneigenen Maßstäben einzu-
richten. llnd ob wir uns hundertmal sagen, daß dies im leHLen Grunde ein
Irren ist: es ist historischer Zwang, es ist göttlicher Zwang, auf dicser Linie
alles zu versuchen, damit sich zum Schlusse eine echte, eine wahrhast erfahrene
und erlebte Wiedereinordnung in den großen Zusammenhang vollziehen l'önne.
Was ich über diese Dinge meine, läßt sich am besten zusammensassen in dem
Wort: Das Irren einer Zeit ist nicht sinnlose Willkür der Menschen, ist
nicht zwecklose Zielversehlung, sondern: das Irren einer Zeit ist der ihr von
Gott gewiesene und aufgegebene Weg zur Wahrheit.
Lose BläLLer
Der Bauer
Erzählung von
I r m g a r d v o n F a b e r d u F a u r
l.
s I ber den Gratweg kam cin Daner. Von den beiden Menschcnarten, die
"^^sich hierzulande mischcn, den großen, die ihr Werk tun, als wäre cs ein
.lruhen und Hinschreiten wie von Ewigkeit zu Ewigkeit, und den Kleinercn, die
sich viel sichtbarer bewegen und leichter ihr Gleichmaß verlieren, gehörte er
eher dem kleineren, beweglichen Schlage au. Sein wetterbraunes Gesicht war
in srühzeitigc Falten geknittert, wie es bei diesen Bauern häusig iß. skcur seine
Augen sprühten lebendig wie Spiegelungen aus einem abgründigen Brunncn.
Der Psad lies zur einen Hand hart nebcn der Schlucht, die ihn von wildcn
Grpseln trennte. Zur anderen Hand lag unter der tieseren, bewaldeten Kuppel
die Hochfläche des Vorgebirgcs, und weiter hinaus in die Tiese dchnte sich die
Erde zu einer slachen, blauen, verdämmernden Schcibe. Daraus waren Dörser,
Seen, Städte und Wälder zu Nlchtigkeiten verweht, Wolkenschatten löschten
ganze Strecken weit alles Sichtbare aus. Die Lust kam in breikem Strom an,
wie eine Brandung gegen das Gestade.
Vor diescr Weite ohne Halt faßte dcn Mann aus dem Grat ein Schwindcl
an. Sein Gang war noch schwankend von einer kürzlich übcrstandenen Krank-
heit, die schon bis an sein Herz dic Flut geführk hakte, die ihn wegreißen wollke.
IeHt erlebte er noch cinmal das gleiche Erschrccken.
Neben ihm ragke ein riesiger Felsenturm wild und sinnlos in die Luft hinaus.
Er lehnte sich an den Stein und deckke die Hand über die Augen. So stand cr
überschauert, wic er sein Leben uicht gestanden war.
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