dieser Kunst ebenbürtig. Die alte Wiener Tradition Lobmeyers lebt heute im
gleichen Hause eigenartig sort. Die neue Wiener Schule, die sich sür ihre
kostbaren Gravurarbeiten der ersten Künstler bedienk, seierk in der alten
Schnitt- und Gravurtechmk neue Ersolge. Auch in Berlin sind gute Ein-
zelleistungen zu verzeichnen, zumal die Staaksschulen, die Werkstätken und
Werkbundbestrebungen dazuhelsen. Wie interessant ist der Abstand der aus-
ländischen Werkstätten von den deukschen! Vor allem machk Murano sei-
nem alten Ruf durch schlichtes edles Gebrauchsglas in Wasen, Lampen,
Lüstern alle Ehre. Aber wie schwer sindet Frankreich, das immer noch
von dem alten Jugendstil-Ruhm zehrk, zu neuer reiner Glassorm, während
England zu besseren Glasformen gekommen ist. Zu guker LeHL muß doch
aus Schweden hingewiesen werden, das durch sein O r r e f o r s - Glas eine
ncue Otualikät der Blas- und Schlisform geschasfen hak und durch zarte
Tönung (Topasglas u. a.) das einfache Gebrauchsglas zu einem Schmuck des
Tisches gestaltet. Wer jemals das Skockholmer Geschäsk oder den Leipziger
Messestand besuchk hat, wird zugebeu, daß neben Deutschland vor allem
Schweden sür die neue handwerkliche Form des Glases erzieherische Ver-
dienste hat.
Der Resraktär und sem Wort
Bon Wilhelm Michel
ugo Ball, Dichter, Kritiker, Mensch, Kabarettist, Konvertik, hak sich
^^von diesem Leben verabschiedet mit einem Buche, das sich betitelk „Flucht
aus der Zeik"*. Es besteht aus Tagebuchauszeichnungen, die vom Zahre 191Z
bis zum Jahre 1921 reichen. Die ersten Teile sind nach dem späteren katho-
lischen Gesichtspunkt bcarbeitek, weil es schlechterdings nichk möglich war, sie
in ihrer direkten Gestalk mit Balls Endsitnakion zu reimen. Was so zustande-
gekommen ist, läßt sich als die Odyssee eines gewisscn Typus des ungebun-
denen modernen Geistesmenschen bezeichnen; cine Heimkehr aus der Haltung
äußerster Freiheit, Willkür und Rebellion zu eineni Extrem an Unterwerfung.
Ilnd gerade die Superlative in der Bezeichnung dieser Reiseroute sind das
Entscheidende. Weil die Hemmungslosigkeit, mit der sich dieser Mann in
seinen Anfängen der „Zeit" überließ, unbedingt war, wurde auch seine Ab-
kehr von der Zeit zu einer unbedingten Abkehr. Dem Extrem an anfänglicher
Selbstherrlichkeik entspricht das Extrem an schließlicher Selbstbeugung; der
Lollen, sinnlosen Vermischung mit der Welk die angeekelte Scheidung von
ihr. Die Heimkehr aus der Fremde wurde zu einer Abkehr von der Menschen-
welt überhaupt, die Ablösung vom Jrren wurde zur Fluchk aus der Zeit.
Dies muß gleich zu Anfang gesagt werden, weil Ball mehrfach als Kritiker
hervorgetreten ist, als Kritiker besonders des deutschen Volkes und des Pro-
Lestantismus. Er hak diese Kritik mik größter Schärfe, ja mit Erbikterung ge-
übt. Er ist für moinen Gefchmack namenklich in seiner „Kritik der deutschen
Jntelligenz" hark bis an die Grenze des Möglichen gegangen. Denn er hak da
zu einer Zoik, in der die Kriegsbeschädigung der Geister noch ganz Europa
' Declag Ounckee L Humblot, wo auch Balls „Byzantinlsches Christenruni" und „Oie Fvlgen
ber Resormation" (— neue AuSgabe der „Kritik der deutschen Antelligenz") erschienen sind.
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gleichen Hause eigenartig sort. Die neue Wiener Schule, die sich sür ihre
kostbaren Gravurarbeiten der ersten Künstler bedienk, seierk in der alten
Schnitt- und Gravurtechmk neue Ersolge. Auch in Berlin sind gute Ein-
zelleistungen zu verzeichnen, zumal die Staaksschulen, die Werkstätken und
Werkbundbestrebungen dazuhelsen. Wie interessant ist der Abstand der aus-
ländischen Werkstätten von den deukschen! Vor allem machk Murano sei-
nem alten Ruf durch schlichtes edles Gebrauchsglas in Wasen, Lampen,
Lüstern alle Ehre. Aber wie schwer sindet Frankreich, das immer noch
von dem alten Jugendstil-Ruhm zehrk, zu neuer reiner Glassorm, während
England zu besseren Glasformen gekommen ist. Zu guker LeHL muß doch
aus Schweden hingewiesen werden, das durch sein O r r e f o r s - Glas eine
ncue Otualikät der Blas- und Schlisform geschasfen hak und durch zarte
Tönung (Topasglas u. a.) das einfache Gebrauchsglas zu einem Schmuck des
Tisches gestaltet. Wer jemals das Skockholmer Geschäsk oder den Leipziger
Messestand besuchk hat, wird zugebeu, daß neben Deutschland vor allem
Schweden sür die neue handwerkliche Form des Glases erzieherische Ver-
dienste hat.
Der Resraktär und sem Wort
Bon Wilhelm Michel
ugo Ball, Dichter, Kritiker, Mensch, Kabarettist, Konvertik, hak sich
^^von diesem Leben verabschiedet mit einem Buche, das sich betitelk „Flucht
aus der Zeik"*. Es besteht aus Tagebuchauszeichnungen, die vom Zahre 191Z
bis zum Jahre 1921 reichen. Die ersten Teile sind nach dem späteren katho-
lischen Gesichtspunkt bcarbeitek, weil es schlechterdings nichk möglich war, sie
in ihrer direkten Gestalk mit Balls Endsitnakion zu reimen. Was so zustande-
gekommen ist, läßt sich als die Odyssee eines gewisscn Typus des ungebun-
denen modernen Geistesmenschen bezeichnen; cine Heimkehr aus der Haltung
äußerster Freiheit, Willkür und Rebellion zu eineni Extrem an Unterwerfung.
Ilnd gerade die Superlative in der Bezeichnung dieser Reiseroute sind das
Entscheidende. Weil die Hemmungslosigkeit, mit der sich dieser Mann in
seinen Anfängen der „Zeit" überließ, unbedingt war, wurde auch seine Ab-
kehr von der Zeit zu einer unbedingten Abkehr. Dem Extrem an anfänglicher
Selbstherrlichkeik entspricht das Extrem an schließlicher Selbstbeugung; der
Lollen, sinnlosen Vermischung mit der Welk die angeekelte Scheidung von
ihr. Die Heimkehr aus der Fremde wurde zu einer Abkehr von der Menschen-
welt überhaupt, die Ablösung vom Jrren wurde zur Fluchk aus der Zeit.
Dies muß gleich zu Anfang gesagt werden, weil Ball mehrfach als Kritiker
hervorgetreten ist, als Kritiker besonders des deutschen Volkes und des Pro-
Lestantismus. Er hak diese Kritik mik größter Schärfe, ja mit Erbikterung ge-
übt. Er ist für moinen Gefchmack namenklich in seiner „Kritik der deutschen
Jntelligenz" hark bis an die Grenze des Möglichen gegangen. Denn er hak da
zu einer Zoik, in der die Kriegsbeschädigung der Geister noch ganz Europa
' Declag Ounckee L Humblot, wo auch Balls „Byzantinlsches Christenruni" und „Oie Fvlgen
ber Resormation" (— neue AuSgabe der „Kritik der deutschen Antelligenz") erschienen sind.
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