Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,1.1928-1929

DOI issue:
Heft 1 (Oktoberheft 1928)
DOI article:
Vetter, August: Das Schicksal der Kunst
DOI article:
Eberlein, Kurt Karl: Die Neue Form und das Glas
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.8885#0034

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
verleiht. Was er bei semer besihränkLen und bestimmten ZielseHung gewinnL,
isL vor allem das der sreien KunsL in hohem Maß abhanden gekommene B a u-
gesühl: die VorausseHung der künsLlerischen GesLalLung. Die Enkwicklung
des Sinnes aus dem Zweck, der Besriedigung aus dem Reiz, der Schönheik
aus der NLHlichkeiL, der Form aus dem Skoff, des Bildes aus der Wand,
der Musik aus dem Tanz, des WorLes aus dem Ereignis, der DichLung aus
der Handlnng — in LiefsLer BedeuLung also die EnLwicklung einer sreien Lö-
sung aus noLwendiger Forderung und Spannung: das isL die Aufgabe, vor
die sich zwar der KünsLler überhaupL gesLellL siehL, die aber dem angewandL
Schassenden mit der unausweichlichen Skrenge des besLimmken Einzelsalles
zum BewußLsein kommt. llnd aus diesem Wege dürske eine grundsäHliche und
allgemeine Bindung des GesLaltungswillens allein möglich sein.

Wenn im Verlaus einer solchen EnLwicklung das freie Schassen hinker die
ZweckgesLalLnng zurückkriLL, so bedeuLeL das ohne Frage eine Absage an die
romankische, vielleichL auch an die klassische Aussassung vom Wesen des KünsL-
lers. Daraus nun aber eine KunsLenksagung schlechthin abzuleiten und zu sor-
dern, wäre ein MißversLändnis, das nakürlicherweise Auflehnung zur Folge
haL. Denn die Umwandlung kann sich ohne Schaden und Rückfälle nur voll-
ziehen, wo und soweiL die Nötigung dazu wirklich verspürk wird, wo also die
SinnlosigkeiL des KunstbeLriebes aus der Scele brennL. Daß dies weithin der
Fall ist, kann nichL in Abrede gestellk werden. Ebendaher enLspringL auch inner-
halb der freien Kunst das Bedürsnis, zur vorklassischen, ja urmenschlichen For-
mensprachc znrückzukehren, worin sich gleichfalls eine Neubelebung des Bau-
gefühls gegenüber der Schmuckwillkür ausdrückL.

Sicherlich besaßen die romankischen, die eigenklich „sreien" KünsLler eine erhe-
bendere Ansfassung vom Wesen der Kunst; doch ebenso gewiß ist, daß sich unter
ihren Händen die GöLLin in eine Wolke verwandelte. Die IlmdeuLung des
KünsLlerLums zur plakonischen Ideenschau und ewigen Aufgabc ließ die im
Stroni der Zeik forkschreiLende WirklichkeiL weik hinker sich. Aber sie ver-
schwand nicht; ihre Forderungen machen sich im Gegenkeil nun nm so härker
gelkend. Sie zu überhören ist nicht mehr möglich. Doch wer möchkc voraus-
sagen, ob es gelingL, die verflogenen, immer noch widerspenstigen Kräfte im
angewandken Schasfen neu an die Erde zu binden?

Die neue Form und das Glas

Von KurL Karl Eberlein

I.

'an wird lebcndige, lebenswerke Epochen immer daran erkennen, daß

^ I^sie neue eigene Form suchen nnd finden, daß sie einen neuen Le-
bensstil und KnnsLstil gestalten. Daß es heuke überall im innercn und äußeren
Leben um eine neue Form gehk und zu ciner neuen Form Lreibk, ist zweifellos; ob
es aber zu einer organischen Lebcnsform oder zu einer abstrakten Hilssform komme,
das ist noch die Frage. Man hak behaupkek, das Rekkende und Nene wäre
das neue „Körpergefühl" des faustischen Menschen, ein neues gestaltendes
Verhältnis zum Körperlichen, Geformten jeder Ark. Aber KonsLrukLionen
und Theorien sind körpcrfeindlich. Man muß sehen und warken können,

12
 
Annotationen