Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,1.1928-1929

DOI Heft:
Heft 6 (Märzheft 1929)
DOI Artikel:
Lindner, Werner: Von der Form im Hoch- und Ingenieurbau
DOI Artikel:
Lose Blätter
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.8885#0463

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
wirklich fragen: wie ideenlos mögen dann die anderen sein, die nicht zu diesen
AuserwählLen gehörken?

Machen wir uns noch eines klar: ein späkeres ZeiLalLer wird auch in seinen
BauLen die Lust am Fabulieren, am Schmücken und am PhanLasieren wieder-
bekommen — wir werdcn eben die „senLimenLalistischen AssoziaLionen" nicht los,
nur ihr GesichL wechselL. MelleichL LrikL dann diese Lust in Gegenwirkung zn
den heutigen Werken, auch nach ewigen GeseHen, in besonders starkem Maße
auf. Auch deshalb können wir aus unserer Zeik und über unsere ZeiL in Sachen
der „Form" nichLs Abschließcndes sagen.

Lose BlätLer

Fränke

Aus „Bauern-Novellen" (Verlag A. Langen, München)
Von Martin Andersen-Irexö

-in bicker behaarter 2lrm kam unker dem schweren OberbeLL hervor, faßke

^--'die BeLLquaste und stemmke den wuchkigen Körper empor. BeLL und Boden
knackten unter dem Gewichk, und durch die BrekLer dcr Skubendecke rieselke
Staub auf sie herab; sie schob die UnLerlippe breik vor und pusteke über das
GesichL, um ihn zu entsernen.

Hockcnd saß sie da und starrke gedankcnlos in das Dunkel hinaus, gähnke einige
Male langgezogen und schmahLe mit den brciten Lippen. Sie sann darüber
nach, warum sie eigenklich ausgewacht wäre. Die Lakerne brannke noch draußen
auf der Straße, es konnke also nichk einmal MiLLernacht sein. Oder war es
etwa doch die ZeiL, um die sie auszustehen pflegte? Schläfriger als sonsi war
sie ja nicht. Der LaLernenanzünder war vielleichk gesiern abend betrunken ge-
wesen und haLLe vergessen, das Lichk auszulöschen.

Sie scharrte aus dem Stroh unker dem Kopfpolsier die Streichhölzer hervor
und zündete eines an, um zu schen, wieviel Uhr es sei. Halb zwölf! Sonderbar,
daß sic so früh munker wurde, wo sie doch sonsi nie vor fünf aufwachte, außer
wenn sie sich's bestimmt vornahm. HakLe sie am Ende gar nichk geschlafen?

Za freilich, geschlasen hakke sie. Und der Alp hakte sie gedrückk, obwohl ihre
Schuhc vor dem BeLL sianden, wie sie siehen sollten: mik den Spitzcn nach
außen. Sie hatte so garstig gekräumk: daß man sie mit PeLroleum übergoß
und anzündeke. —

Sie sror im Rückcn und kroch wieder unter die Decke, um weikerzuschlafen,
aber wieder LauchLe die Frage nach dem Mieker aus. War er am Ende doch
daheim? Sie siand leise auf, siahl sich im bloßen Hemd zu seiner Tür und
lauschte. Es war kein Schnarchen zu hören, und aus dem Schlüsselloch siel
kein LichL. Da — nun wußke sie es —, sie hatke abends nachgedacht, nm welche
Zeik er eigenLlich heimkäme. Sie machke leise die Tür aus und sah hinein: er
war nicht da, — goktlob! Ganz mechanisch zog sie sich an: Llnkerröcke nnd Kleid,
gestrickke Jacken und Tücher. Während des Ankleidens wurde sie nach und
nach sieif und unbeholsen; sie pusieke schwer, und zwei lange wciße Dampf-
sireisen zogen aus ihren Nasenlöchern in den feuchLkalken Raum. ZuleHL hüllke

388
 
Annotationen