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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,1.1928-1929

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Heft 3 (Dezemberheft 1928)
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Spe, Friedrich von: Ein Liebgesang
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Rang, Bernhard: Zur offenen und christlichen Form: ein Versuch
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https://doi.org/10.11588/diglit.8885#0180

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Doch me so gar mich zehret
Die Liebe, Jesu mein,

Als gleich sie wieder nehret

lliid schenkk auch Freuden ein.

O Flämmlein, süß ohn Maaßen!

O bitker auch ohn Ziel!

Du machest mich verlassen

Jlll ander Freud und Spiel;

Du zündest mein Gemüte,

Bringst mir groß Herzenleid,

Du kühlest mein Geblüke,

Bringst auch Ergetzlichkeik.

2lde zu Lausend Zahren,

O Welk, zu guker Nachk!

Ade, laß mich nur fahren,

Jch längst hab dich veracht.

Jn Jesu Lieb ich lebe,

Sags rund von Herzengrund,

Iü lauker Lust ich schwebe,

Wie sehr ich bin verwund*.

Zur ojfenen oder christlichen Form
Ein Versuch
Von Bernhard Nang

as Geheimnis des Geschassenen ruhk nichk im Skostlich-Äußeren, sondern

^—^lii der ZnkarnaLion, der Leibwerdung des Geistes. 2llles Gestalkete weist
anf seinen Gestalker hin, alles Gewordene auf seinen Ursprung. Jm Wesen
jeder Äußerung, jeder Formgebung liegt bereits ein Unsagbares, ein über sich
Hinausweisendes. Schon der Vorgang des Schastens, da zur Stunde der
Jnspiration Denken, Schauen und Tun im Menschm vereink wirken, der
Prozeß des im weiten Sinne dichkerischm Schastens, gebunden und geboren
durch die Welk der Sprache, geschiehk spoutan, als Durchbruch und Öffnung.
Um Zeugung und Geburt webk aber Geheimnis. „Ein Rätsel ist Reinenk-
sprungenes." Ein Rätsel dem Ursprunge und dem Wesen nach.

Immer hat die Geschichte der Kuust wie der Dichkung sich gescheut, das
Eigenleben des Einzelwerks ganz ernst zu nehmen. Zwar ist bemerkt worden,
daß das geschastene Werk nach seiner EnLstehung dem Schöpfer fremd und
seinem Fühlen und Denken abgelöst gegenübersteht, daß es also zum Gegen-
stand oder Ob-jekL geworden. Aber man hat nicht genügend crkannt, daß füg-
lich auch ihm Dasein gegeben ist, Leben, das nichk nur cinmallg, sondern fort-
dauernd auf UmwelL und NachwelL zu wirken vermag; man hat nicht die
zeugerifchen Kräfte, die hicr auf eine so nachhaltige Weise sich ostenbaren,
zu ahnen, gefchweige zu sehen vermocht. llnd doch begreifen wir erst am Ein-

* I,i: sich wann — wenn sich: II,z: voch — noch --- wedee — noch; III,Z: nundee l>jn-
untee; V,^: Mut — Gemük.
 
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