das helldunkle Gesicht, ohne Veränderung
des Grundes, welch spannige Wölbun-
gen und im Ganzen eine traumwand-
lerische Nachtstimmung!
Jch bin uberzeugt, daß nicht alle un-
serer Leser mir solgen; auch dann nicht,
wenn sie die Bilder verstehen — noch
weniger, wenn sie meinem Deutungs-
versuch nicht nachgehen wollen, salls
sie nicht in einen längeren Verkehr mit
den Bildern eintreten. Nur hieraus er-
steht allmählich ihr Sinn. Man braucht
zum Verständnis eines Kunstwerkes ost
länger als zum Verständnis eines Men-
schen seiner Umgebung, um ihm auch
nur gerecht zu werden; geschweige denn,
es zu lieben. Unsere deutschen Künstler,
die es nicht leicht haben und deren
beste es meist am schwersten haben, kön-
nen wenigstenS verlangen, daß man sich
um ihr VerständniS ernstlich bemüht,
daß man an ihrem Ringen teilnimmt
und sich bereithält, seinen Horizont zu
erweitern und zu vertiesen. I. P.
»
aS wundervolle Scherzo-Menuett
steht in Schuberts erster Klavier-
svnate. Er war achtzehn Jahre alt, als
er sie schrieb. Er mußte weit über hundert
Jahre alt werden, bis sie der Allgemein-
heit zugänglich gemacht wurde. Die
Leute ahnen nicht, wie viel von Schubert
noch in der großen Gesamtausgabe
schlummert. Sie werden es mit freu-
digem Besremden ermessen, wenn sie
die vollständige Sammlung Schubert-
scher Klaviersonaten zur Hand nehmen.
die der Pianist Walter Rehberg bei
Steingräber in Leipzig herausge-
geben hat. Es war ein Wagnis, diese
Ausgabe zu veranstalten, unserer ver-
jazzten Zeit unbekannten Schubert an-
zubieten. Aber es ist äußerlich und in-
nerlich gelungen. Man konnte den Text
nicht sciner und pietätvoller klarstellen,
und man konnte ihm kein geschmackvol-
leres Gewand geben, als es hier ge-
schehen ist. Die Bezeichnungen Rehbergg
sind durch kleineren Druck kenntlich ge-
macht, so daß die Jdentität des Origi-
nals nirgends verwischt wird. Die Ev-
gänzungen sind genau hervorgehoben.
Wer sie nicht spielen will, kann sie weg-
lassen. Aber ich möchte einmal ein Par-
kett unvorbereiteter Fachmusiker aus die
Probe gestellt sehen, ob sie den Beginn
der Ergänzungen heraussinden. Viel-
leicht macht uns Rehberg diese Freude.
Wir möchten ihm überhaupt gerne ein-
mal als Schubertspieler begegnen. Nicht
ganz verstehe ich, was Rehberg meint,
wenn er i'm Vorwort sagt, er habe die
Bindebogen der heutigen Notierung ent-
sprechend sinnsällig gemacht. Jch will
nicht annehmen, daß er damit reine
Legatobogen zu Riemannschen Phrasie-
rungsbogen umgedeutet hat. Aber das
wird sich erst durch genaue Textverglei-
chung seststellen lassen.
Alles in allem haben uns Herausgeber
und Verlag init ihrer Ausgabe ein wun-
dervolles Geschenk gemacht, das zu be-
sitzen sür jeden Musiker und Musik-
sreund eine Ehrenpslicht ist.
Alexander Berrsche
Dr. Herm ann Rinn, München. Jn Österreich verantwortlich: Paul Sonnenfeld, Wien IX., Liechtenstein-
straße 16. — Geschäftsstelle für Berlin: Georg Siemens, 57, Kurfürstenstraße 6; Geschäftsstelle für Wien:
Goethe-Buchhandlung, IX., Liechtensteinstraße 16
Sendungen fur den Text nur nach vorheriger Dereinbarung, da sonst keine Derantwortung übernommen werden
kann, an den Kunstwart-Derlag Georg D. W. Callwey in München Z2, Brieffach
des Grundes, welch spannige Wölbun-
gen und im Ganzen eine traumwand-
lerische Nachtstimmung!
Jch bin uberzeugt, daß nicht alle un-
serer Leser mir solgen; auch dann nicht,
wenn sie die Bilder verstehen — noch
weniger, wenn sie meinem Deutungs-
versuch nicht nachgehen wollen, salls
sie nicht in einen längeren Verkehr mit
den Bildern eintreten. Nur hieraus er-
steht allmählich ihr Sinn. Man braucht
zum Verständnis eines Kunstwerkes ost
länger als zum Verständnis eines Men-
schen seiner Umgebung, um ihm auch
nur gerecht zu werden; geschweige denn,
es zu lieben. Unsere deutschen Künstler,
die es nicht leicht haben und deren
beste es meist am schwersten haben, kön-
nen wenigstenS verlangen, daß man sich
um ihr VerständniS ernstlich bemüht,
daß man an ihrem Ringen teilnimmt
und sich bereithält, seinen Horizont zu
erweitern und zu vertiesen. I. P.
»
aS wundervolle Scherzo-Menuett
steht in Schuberts erster Klavier-
svnate. Er war achtzehn Jahre alt, als
er sie schrieb. Er mußte weit über hundert
Jahre alt werden, bis sie der Allgemein-
heit zugänglich gemacht wurde. Die
Leute ahnen nicht, wie viel von Schubert
noch in der großen Gesamtausgabe
schlummert. Sie werden es mit freu-
digem Besremden ermessen, wenn sie
die vollständige Sammlung Schubert-
scher Klaviersonaten zur Hand nehmen.
die der Pianist Walter Rehberg bei
Steingräber in Leipzig herausge-
geben hat. Es war ein Wagnis, diese
Ausgabe zu veranstalten, unserer ver-
jazzten Zeit unbekannten Schubert an-
zubieten. Aber es ist äußerlich und in-
nerlich gelungen. Man konnte den Text
nicht sciner und pietätvoller klarstellen,
und man konnte ihm kein geschmackvol-
leres Gewand geben, als es hier ge-
schehen ist. Die Bezeichnungen Rehbergg
sind durch kleineren Druck kenntlich ge-
macht, so daß die Jdentität des Origi-
nals nirgends verwischt wird. Die Ev-
gänzungen sind genau hervorgehoben.
Wer sie nicht spielen will, kann sie weg-
lassen. Aber ich möchte einmal ein Par-
kett unvorbereiteter Fachmusiker aus die
Probe gestellt sehen, ob sie den Beginn
der Ergänzungen heraussinden. Viel-
leicht macht uns Rehberg diese Freude.
Wir möchten ihm überhaupt gerne ein-
mal als Schubertspieler begegnen. Nicht
ganz verstehe ich, was Rehberg meint,
wenn er i'm Vorwort sagt, er habe die
Bindebogen der heutigen Notierung ent-
sprechend sinnsällig gemacht. Jch will
nicht annehmen, daß er damit reine
Legatobogen zu Riemannschen Phrasie-
rungsbogen umgedeutet hat. Aber das
wird sich erst durch genaue Textverglei-
chung seststellen lassen.
Alles in allem haben uns Herausgeber
und Verlag init ihrer Ausgabe ein wun-
dervolles Geschenk gemacht, das zu be-
sitzen sür jeden Musiker und Musik-
sreund eine Ehrenpslicht ist.
Alexander Berrsche
Dr. Herm ann Rinn, München. Jn Österreich verantwortlich: Paul Sonnenfeld, Wien IX., Liechtenstein-
straße 16. — Geschäftsstelle für Berlin: Georg Siemens, 57, Kurfürstenstraße 6; Geschäftsstelle für Wien:
Goethe-Buchhandlung, IX., Liechtensteinstraße 16
Sendungen fur den Text nur nach vorheriger Dereinbarung, da sonst keine Derantwortung übernommen werden
kann, an den Kunstwart-Derlag Georg D. W. Callwey in München Z2, Brieffach