schauungen gibk. Obwohl er im Gedichk vom Feuergerst der Sprache, des
Genius in ihr immer wieder ergriffen uud entzündet wird, m seliger Sehnsucht
fortgerissen zu höherer Begattung, deutek er das Wesen der Sprache selbst
rein rakional: „Die Rede geht herab, denn sie beschreibt. Der Geist will auf-
wärts, wo er ewig bleibt." Dagegen nennt Hölderlin die dahinströmenden
Hymnen Pindars „mit dem Stromgeist gesungen" und kennzeichnet dannt das
Wesen der Dichtung schlechthin, das Wesen seiner eigenen Dichtung. Sein
Wort „die Sprache Gottes ist das Werden und Vergehen" dringt auf den
verborgenen Grund jeglicher Äußerung. Auch Rilke zeugt (anders als George)
von dem Pneumatischen der Sprache und wahrer Dichtung:
„Fn Wahrheit singen ist ein anderer Hauch.
Ein Hauch um nichts. Ein Wehn im Gott. Ein Wind."
Pkur wo die Innerlichkeit mangelt, kann der Geist verendlichk werden, Form
als Ferkiges, Abgeschlossenes, llnauslösbares gelten. Die innere, lebendige
Form der Sprache und jeder menschlichen Äußerung bleibk immer der Dralog,
das wirkliche Gespräch zwischen Ich und Du. Der Verschlossene ist seinem
Wesen nach stumm. Wo er spricht, redek er im Selbstgespräch — der Mo-
nolog ist seine Sprache.
Alles Kreaturmäßige ist labil geschaffen worden und unterstehk dem Fall und
Verfall, dem Zeichen des Kreuzes. Das Schlagen des geängsteten Herzens
im Menschen ist, wie Baader sagt, nur die geregelte und irnmer wiederkehrende
Konvulsion des gesangenen, Besreiung (nicht Tod) ankämpsenden Lebens.
Sinu und Ausgabe wahrer Dichtung beruhk darin, das Zeikliche zum Ewigen
zu restituieren, nicht im Symbol des Kreises, des geschlossenen Bundes (und
sei es auch des eigenen Volkes!), sondern in der Hffnung, im Opfer, jener
schweigenden Darbringung, die die Bestimmung unseres Lebens ausmacht.
Zwar sind die Organe des Menschen, im GegensaH zn dcn Pflanzen, einge-
schlossen und nach innen gelegk. Aber im strömenden Akem, in seiner Stimme
ist auch der Mensch (man begreife dies ganz konkret und physiologisch) mit
dem All verbunden, dem All geöffnek. Die Sprache dienk hier als Medium
und Element jeder echten, zeugerischen Gemeinschast. Der Sinn des Ver-
gehens, das GeseH der Wandlung und Berwandlung, ausliegend allen natür-
lichen wie geistigen Dingen, drückt auch der Sprache sein Siegel auf. Hier
gelten die wunderbaren Worte Claudels: „Die Zeik ist die Einladung zum
Sterben, für jeden SaH, sich aufzulösen in den vollen Akkord, das Wort der
Anbetung zu vollziehen vor dcm Ohr des fchweigenden Abgrundes." Das ge-
schlossene wie das geöffnete Wort wird vergehen. Auch das Verschlossene ist
eine Offenbarung, die unfreiwillige Offenbarung. Es fällt zur Erde zurück,
stärkt Kult und Kultur durch die Kraft seiner Materie. Rkegativ weist es
hin auf den Geift, der allein heiligt und belebt. Jeneö aber, das geöffnete
Wort fteigt als Samen auf zu pneumatifcher Beseelung und Befruchknng,
löft sich erlöst-erlösend im göttlichen Schweigen selbft. Beide bereiten des
Menfchen Tag, seinen Morgen und Abend. An uns ist es, aufzuhorchen und
im Gesprochenen das Schweigende zu vernehmen. An uns, den Ruf Hölder-
lins zu erfüllen:
„O trinke Morgenlüfte,
Bis daß du offen bift."
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Genius in ihr immer wieder ergriffen uud entzündet wird, m seliger Sehnsucht
fortgerissen zu höherer Begattung, deutek er das Wesen der Sprache selbst
rein rakional: „Die Rede geht herab, denn sie beschreibt. Der Geist will auf-
wärts, wo er ewig bleibt." Dagegen nennt Hölderlin die dahinströmenden
Hymnen Pindars „mit dem Stromgeist gesungen" und kennzeichnet dannt das
Wesen der Dichtung schlechthin, das Wesen seiner eigenen Dichtung. Sein
Wort „die Sprache Gottes ist das Werden und Vergehen" dringt auf den
verborgenen Grund jeglicher Äußerung. Auch Rilke zeugt (anders als George)
von dem Pneumatischen der Sprache und wahrer Dichtung:
„Fn Wahrheit singen ist ein anderer Hauch.
Ein Hauch um nichts. Ein Wehn im Gott. Ein Wind."
Pkur wo die Innerlichkeit mangelt, kann der Geist verendlichk werden, Form
als Ferkiges, Abgeschlossenes, llnauslösbares gelten. Die innere, lebendige
Form der Sprache und jeder menschlichen Äußerung bleibk immer der Dralog,
das wirkliche Gespräch zwischen Ich und Du. Der Verschlossene ist seinem
Wesen nach stumm. Wo er spricht, redek er im Selbstgespräch — der Mo-
nolog ist seine Sprache.
Alles Kreaturmäßige ist labil geschaffen worden und unterstehk dem Fall und
Verfall, dem Zeichen des Kreuzes. Das Schlagen des geängsteten Herzens
im Menschen ist, wie Baader sagt, nur die geregelte und irnmer wiederkehrende
Konvulsion des gesangenen, Besreiung (nicht Tod) ankämpsenden Lebens.
Sinu und Ausgabe wahrer Dichtung beruhk darin, das Zeikliche zum Ewigen
zu restituieren, nicht im Symbol des Kreises, des geschlossenen Bundes (und
sei es auch des eigenen Volkes!), sondern in der Hffnung, im Opfer, jener
schweigenden Darbringung, die die Bestimmung unseres Lebens ausmacht.
Zwar sind die Organe des Menschen, im GegensaH zn dcn Pflanzen, einge-
schlossen und nach innen gelegk. Aber im strömenden Akem, in seiner Stimme
ist auch der Mensch (man begreife dies ganz konkret und physiologisch) mit
dem All verbunden, dem All geöffnek. Die Sprache dienk hier als Medium
und Element jeder echten, zeugerischen Gemeinschast. Der Sinn des Ver-
gehens, das GeseH der Wandlung und Berwandlung, ausliegend allen natür-
lichen wie geistigen Dingen, drückt auch der Sprache sein Siegel auf. Hier
gelten die wunderbaren Worte Claudels: „Die Zeik ist die Einladung zum
Sterben, für jeden SaH, sich aufzulösen in den vollen Akkord, das Wort der
Anbetung zu vollziehen vor dcm Ohr des fchweigenden Abgrundes." Das ge-
schlossene wie das geöffnete Wort wird vergehen. Auch das Verschlossene ist
eine Offenbarung, die unfreiwillige Offenbarung. Es fällt zur Erde zurück,
stärkt Kult und Kultur durch die Kraft seiner Materie. Rkegativ weist es
hin auf den Geift, der allein heiligt und belebt. Jeneö aber, das geöffnete
Wort fteigt als Samen auf zu pneumatifcher Beseelung und Befruchknng,
löft sich erlöst-erlösend im göttlichen Schweigen selbft. Beide bereiten des
Menfchen Tag, seinen Morgen und Abend. An uns ist es, aufzuhorchen und
im Gesprochenen das Schweigende zu vernehmen. An uns, den Ruf Hölder-
lins zu erfüllen:
„O trinke Morgenlüfte,
Bis daß du offen bift."
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