Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,1.1928-1929

DOI Heft:
Heft 5 (Februarheft 1929)
DOI Artikel:
Martin, Kurt: Der Maler Daumier
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.8885#0353

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
smd Charakkerspieler ei'ner all-
gemem menschlichen Jdee, Ici-
denschafklich verdichkek zum
Jndividuum, aus einem Liescn,
Lragischen Erleben geborene Ge-
schöpfe, die viclleichL nichL die
BedeuLung, aber die Artnng be-
sitzcn, wie sie Don QuijoLe und
seine VcrwandLen sür die euro-
päische GeistigkeiL darikellen.
Diese inncre RichLung be-
herrschL auch die Serien, die
zusammengesaszL und als Gan-
zes gesehen wcrdcn wollen wie
die zahllosen Bände von Bal-
zacs (lomeclio liumaiiio; aber
Balzae und Daunücr, die man
ost verglichen hat, sind nicht
nur IllusiraLoren ihrer Zeit,
denn ihre Wcrke cntslanden
nicht aus erweiterLer BeLrach-
Lung, sondern aus einem all-
gemeinen Willcn zum Men-
schen. Eine der erstcn Sericn,
die Oariorituriimii, bringt großcn Ersolg, Ansang der vierziger Iahre entstehen
die klistoiros ancieim68, solgend die lloliemious cle 1^ari8,608 1>ou8 llourgeoi^,
I^i68 l'smmo^ 8avrmto8, 1.08 6ou8 clo >1u8tioo, schließlich die ^ctualit608, die in
sast dreißig Iahren (bis 1871) zu einem gigantischen Werk von mehr als
1000 Blättern anwachsen. Seit der Revolution von 48 beschästigt sich Dau-
mier erneut mi'L der polikischeu Sakire, der er sich mehr und mehr zuwendet.
Er bekämpst das zweite Kaiserreich, dic doppelgesichtige PoliLik (lcapoleons lll.,
das Larno valo des gesellschastlichen Lebeus. Er erlebk den Krimkrieg, die 11n-
ternehmungen in Italicn, den Kampf gegen den Klerus, die versteckke PoliLik
gegen den Papst, schließlich dcn Dcutsch-Französischen Krieg und die dritte Ile-
publik. Es ist wie eine Karikatur, daß ihm I^apoleon 1870 das Kreuz der
Ehrenlegion anbieteL, das Daumicr ausschlägt. Halb erblindek zeichnet er noch.
Seineni Frcund CoroL gelingk es, ihm eine kleine Pension zu verschassen. Er
lcbt in Balmandois in seincm kleinen Landhaus und stirbt blind und in ärmlich-
sten VerhälLnissen am 12. Februar 187g. Daunüer mußte aus StaaLskosten,
aus dem Jlrmenwcg beerdigt wcrden.

Der KarikaLurist stehk immer im vordersten Bordergrnnd des .Tageö, dauernd
bereit, das Lächerliche der SiLuaLion zu empsangen, Künstler des Tages nnd
der Bcrgänglichkeit, wcnn sein Lachcn klcinlich bleibt oder sich zur Grimasse
verziehl. Daunüers Lachen, dieses biLLere, elementare Lachen, hak cinen ande-
ren Klang, denn cr cnLzündet mit diesem cinzigartigen Lachcn, das im Reich
bildcndcr Kunst ohnegleichcn ist, an der klcinen TaLsache des AllLags wie an
der politischen Konstellation cine allgemeinere WirklichkeiL, eine NichLung des-

Di^netre auö dem ^ln^eum prnisien

2«8
 
Annotationen