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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 42,1.1928-1929

DOI Heft:
Heft 6 (Märzheft 1929)
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Schaeffer, Albrecht: Hektors Tod
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https://doi.org/10.11588/diglit.8885#0451

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„Kmd, ich Arme! Was lebe ich mm, Furchtbares gelitten,

Deln Versterben, der mir die Nächte hindnrch nnd am Tage
Lob nur tvar in der Siedlung, doch allen Andern ein Labsal,

Troern und Troinnen all in der Stadt, wo dich sie begrüßten
Wie einen Gott. Denn ach, ihnen warst du ei'n mächtiges Prangen,
Da du lebtest, doch nun dich Tod und Zumaß ereilten."

Also sagte sie weinend. Doch Nichts erfuhr noch die Dettfrau
Hektorö; nämli'ch ihr war kein wahrhafter Bote gekommen,

Botend, daß vor dem Tor ihr Eheherr draußen verharrte.

Sondern sie webt' ein Gewebs im Winkel dcs hohen GebäudeS,
Zwiefach wallend; darein abcr streute sic zierlich Geblümtes.

Aber sie rief durchs Gebäu den flechtenfchönen, den Mägden,

Über das Feuer zu stellen den mächtigen Dreifuß, auf daß es
Hektor würde ein heißes Bad, wenn er kehrte vom Kampfe,
Kindisch, — sie merkte ja nicht, daß ihn gar ferne dcn Bädcrn
Jn den Händen Achills bewältigte Pallas Athene.

Aber sie hörte Geschluchz und Wehegeschrei von dem Turme,

Und ihr wankten die Glieder; das Webschisf fiel ihr zu Bodeu.
Wiederum rief sie zu den flechtenfchönen, den Magden:

„Hierher, Zwei mir folgen! Jch seh, welch Werke gefchehen.

Mei'ner Schwieger Stimme vernahm ich, jedoch in mir selbcr
Flattert zum Mund m den Brüsten der Odem, doch unten die Kniee
Haften, — nahe ist nun ein Arges Priamoü' Kindern.

Bliebe doch ab mir das Wort vom Ohre! Aber gar schrccklich
Fürcht ich, daß Hektor nun den kühnen der hehre Achilleus
Abgeschnitten allein und ihn jagt von der Stadt in die Ebne,

Und die Mannhaftigkeit die leidsame macht ihm ein Ende,

Die ihn hatte; denn nie in der Masse verharrt' er der Männer,
Sondern er lief weit vor, an Eifcr Niemandem welchend."

So gesprochen durchlief sie den Saal wie eine Mänade
Flatternden Herzens; zuglei'ch aber mit ihr gingen die Mägde.

Als sie zum Turme nun kamen und in daü Gemenge der Männer,
Trat sie spähend umher auf die Mauer. Doch sie bemcrkt' ihn
Hingeschleift vor der Stadt; die Rosse aber, die schnellen,

Schleiften ihn sorgloS dahin zu den hohlen Danaer-Schiffen.

Jhr aber nun todfinstere Nacht die Augen nmhüllte,

Und sie sturzte zurück und hauchte von sich die Seele.

Ferne warf sie vom Haupt die fchimmerlichten Gebinde,

Haube und Stirnreif und die wohlgeflochtcne Binde,

Und das Kopftuch auch, das die goldene Afrodite

An dem Tage ihr gab, wo der Helmschüttler Hektor sie führte

Aus Eetions Haus, da er Brautgift schasfte unzähli'g.

Aber es sranden umhcr Manns-Schwestern und Schwäger-Frauen,
Die sie unter sich hielten, die bis zum Verderben Betäubte.

Als sie eratmete nun, die Seele sich sammelt' im Busen,

Stoßend schluchzte sie nun nnd sprach zu den Troi'nnen wei'nend:
 
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