sätze von drererlei Art: es handelt srch um das Verständnrs des Lhristen»
tums > um die Geltung der Kirche und um die Auffassung der Kindes »
seele samt der unterrichtlichen Arbeit an ihr. Liegt der noch herrschen«
den Auffassung und Abung je die alte Anschauung über Religion, Kirche
und Kindesseele zugrunde, so versteht man die Refornrbewegung nur, wenn
man prüft, wie sich inzwischen das theologische Verständnis unserer Religion,
wie sich das Verhältnis von Kirche und Schule und wie sich endlich die
Lehre von der Erziehung entwickelt hat. Denn aus allen drei Stücken
zieht die Reformbewegung ihre Nahrung. Friedrich Niebergall
(Schluß folgt)
- i -
Deutsche Kleider
regt sich was — in der Welt der Moden, der Moden für Deutsch--
S^^land. Seit die französische Luxusmode mit ihrer Spekulation auf
^»^die weibliche Eitelkeit und die zahlungsfähige deutsche Auslands-
verhimmelung sich immer verzweifelter in Geschmacksanarchie und Dirnen-
geschmack verrannt, regt sich's denn doch allmählich in den dumpfen „tetes
earrees" der deutschen Gefolgschaft.
In Konfektionskreisen sogar wird seit etwa zwei Iahren von der Mög-
lichkeit gesprochen und geschrieben, eine deutsche Kleid- und tzutmode zu
schaffen; wenigstens für die tzerren. Für die Frauenmode hat ja bereits
die Iahrhundertwende den Anstoß zur Verdeutschung gebracht. Nur daß
leider diese „künstlerischen Frauentrachten", diese „Reformkleider" praktisch
empfindender Frauen allzu rasch durch unberufene Mitmacher und Rach«
ahmerinnen in Mißkredit gerieten.
Sie sind zwar nicht mehr von der Bildfläche verschwunden. In der
Gestalt des „Eigenkleides" (ein viel schönerer Name als „Reformkleid")
hat sich das deutsche, von der Pariser Modistin unabhängige Gewand auf
alle Fälle die grundsätzliche Daseinsberechtigung auch „für elegant" bereits
erworben. Nnd (wie heute selbst die Konfektionäre zugeben) die Poiretmode
war ohne das vielverulkte deutsche Reformgewand nicht denkbar. Die
Tyrannei der Pariser Mode aber ist durch all dies noch immer nicht ernstlich
erschüttert. Nämlich bei denen, auf die es hier ankommt: bei den viel-
zuvielen deutschen Damen, die das, was „nicht weit her" ist, unsagbar
gering schätzen und im übrigen um jeden Preis stets nach der neuesten
Abereinkunft (unter Pariser Führung) durch ihre Kleidung hervorstechen
wollen; ohne jede Rücksicht auf Vernunft, organischen Zusammenhang,
Bequemlichkeit, Gesundheitpflege und Geldausgaben. Bei den „Eleganten^,
„ä tout prix" also, soll nun erst mit der Einführung deutscher Kleider
— sage und schreibe: „deutscher Kleider"! — Ernst zu machen versucht
werden.
Die bevorstehende Deutsche Werkbund-Ausstellung in Köln wird nach
dieser Richtung hin manches, hoffen wir: Lntscheidendes bringen. In
Berlin soll das tzaus Gerson durch Künstler wie Alfred Mohrbutter (mit
dem es schon (902 in Verbindung stand) Kleider für die Kölner Ausstellung
entwerfen lassen. And ein anderes großes richtiges Modehaus, V. Man-
heimer, hat es soeben gar gewagt, eine Sonderausstellung mit dem unerhört
eleganzwidrigen Titel „Deutsche Kleider^ zu eröffnen. (Die Sachen
sollen nachher zum Teil auch auf der Werkbundschau gezeigt werden.)
Zwischen alten Modebildern, höchst neumodischen Gewandzeichnungen von
88
tums > um die Geltung der Kirche und um die Auffassung der Kindes »
seele samt der unterrichtlichen Arbeit an ihr. Liegt der noch herrschen«
den Auffassung und Abung je die alte Anschauung über Religion, Kirche
und Kindesseele zugrunde, so versteht man die Refornrbewegung nur, wenn
man prüft, wie sich inzwischen das theologische Verständnis unserer Religion,
wie sich das Verhältnis von Kirche und Schule und wie sich endlich die
Lehre von der Erziehung entwickelt hat. Denn aus allen drei Stücken
zieht die Reformbewegung ihre Nahrung. Friedrich Niebergall
(Schluß folgt)
- i -
Deutsche Kleider
regt sich was — in der Welt der Moden, der Moden für Deutsch--
S^^land. Seit die französische Luxusmode mit ihrer Spekulation auf
^»^die weibliche Eitelkeit und die zahlungsfähige deutsche Auslands-
verhimmelung sich immer verzweifelter in Geschmacksanarchie und Dirnen-
geschmack verrannt, regt sich's denn doch allmählich in den dumpfen „tetes
earrees" der deutschen Gefolgschaft.
In Konfektionskreisen sogar wird seit etwa zwei Iahren von der Mög-
lichkeit gesprochen und geschrieben, eine deutsche Kleid- und tzutmode zu
schaffen; wenigstens für die tzerren. Für die Frauenmode hat ja bereits
die Iahrhundertwende den Anstoß zur Verdeutschung gebracht. Nur daß
leider diese „künstlerischen Frauentrachten", diese „Reformkleider" praktisch
empfindender Frauen allzu rasch durch unberufene Mitmacher und Rach«
ahmerinnen in Mißkredit gerieten.
Sie sind zwar nicht mehr von der Bildfläche verschwunden. In der
Gestalt des „Eigenkleides" (ein viel schönerer Name als „Reformkleid")
hat sich das deutsche, von der Pariser Modistin unabhängige Gewand auf
alle Fälle die grundsätzliche Daseinsberechtigung auch „für elegant" bereits
erworben. Nnd (wie heute selbst die Konfektionäre zugeben) die Poiretmode
war ohne das vielverulkte deutsche Reformgewand nicht denkbar. Die
Tyrannei der Pariser Mode aber ist durch all dies noch immer nicht ernstlich
erschüttert. Nämlich bei denen, auf die es hier ankommt: bei den viel-
zuvielen deutschen Damen, die das, was „nicht weit her" ist, unsagbar
gering schätzen und im übrigen um jeden Preis stets nach der neuesten
Abereinkunft (unter Pariser Führung) durch ihre Kleidung hervorstechen
wollen; ohne jede Rücksicht auf Vernunft, organischen Zusammenhang,
Bequemlichkeit, Gesundheitpflege und Geldausgaben. Bei den „Eleganten^,
„ä tout prix" also, soll nun erst mit der Einführung deutscher Kleider
— sage und schreibe: „deutscher Kleider"! — Ernst zu machen versucht
werden.
Die bevorstehende Deutsche Werkbund-Ausstellung in Köln wird nach
dieser Richtung hin manches, hoffen wir: Lntscheidendes bringen. In
Berlin soll das tzaus Gerson durch Künstler wie Alfred Mohrbutter (mit
dem es schon (902 in Verbindung stand) Kleider für die Kölner Ausstellung
entwerfen lassen. And ein anderes großes richtiges Modehaus, V. Man-
heimer, hat es soeben gar gewagt, eine Sonderausstellung mit dem unerhört
eleganzwidrigen Titel „Deutsche Kleider^ zu eröffnen. (Die Sachen
sollen nachher zum Teil auch auf der Werkbundschau gezeigt werden.)
Zwischen alten Modebildern, höchst neumodischen Gewandzeichnungen von
88