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Kunstwart und Kulturwart — 27,3.1914

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Heft 16 (2. Maiheft 1914)
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Corbach, Otto: Der Alkoholmißbrauch in unsern Kolonien
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14289#0288

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rnännlrchen Bevölkerung in Kamerun wie in Ostafrikcr ein mehrfaches des
deutschen beträgt, und daß in Togo, bei neuerdings anscheinend steigender
Tendenz — die (heimische) deutsche Kopfquote gegenwärtig ebenfalls über-
schritten wird". In Ostafrika und SüdwestafrikU) neuerdings ebenso in
Togo, ist nach Warnack auch der Bierverbrauch viel größer als in Deutsch»
land. Man darf also von einem erheblichen Alkoholmißbrauch in allen
deutschen Kolonien in Afrika reden, und zwar in bezug auf Bier und
Branntwein, von Südwest abgesehen, wo nur der Bierkonsum an deutschen,
heimischen Verhältnissen gemessen übermäßig erscheint. Der Gesamtauf-
wand der deutschen Kolonien in Afrika belief sich (9(0 auf rund 20,2,
(9(( auf rund 20,9 Millionen Mark. Die Reichszuschüsse für diese Kolo-
nien betrugen (9(0 insgesamt 20,^., (9(( nur (7,3 Millionen Mark. Die
eingeführten Alkoholgetränke kosten die weiße Bevöl-
kerung der deutschen afrikanischen Kolonien weit mehr
als doppelt soviel als die Einfuhr irgendeiner andern
Warengattung, etwa von Textilwaren, Metallwaren, Maschinen.

Diese Tatsachen zwingen jeden unbefangen Rrteilenden zu der Schluß«
folgerung, daß die meisten der in deutschen afrikanischen Kolonien ansässigen
Weißen den Eingeborenen nicht als musterhafte Pioniere europäischer
Kultur zur tzöherentwicklung anspornen, sondern sich lieber unter dem
fremden tzimmel um die Anforderungen eines fortgeschrittenen Kultur-
lebens herumdrücken. Daß es Ausnahmen gibt, wüßten wir, wenn wir
es sonst nicht wüßten, gerade aus den Klagen unfrer Freunde in den
Kolonien. In allen trifft man Einzelne, denen sich fast unbeschränkte
Möglichkeiten für die Entfaltung ihrer kulturellen Anlagen eröffnen, und
die sich als die richtigen Naturen erweisen, solche glücklichen äußeren
Amstände mit allen Kräften auszunützen. Aber sie stechen als „Sonder-
linge" von der Menge der Durchschnittskolonisten ab. Sie führen oft
ein einsames Leben, weil der Abstand zwischen ihnen und den Menschen
ihrer Amgebung größer ist als er in der tzeimat sein könnte.

Mit abstinenzlerischen Kapuzinerpredigten läßt sich wenig oder nichts
dagegen ausrichten. Aur eine positive Bekämpfung jener Seuche kann
nützen, und die wieder verlangt: die Erziehung unserer Kolonialpolitiker
zu Kulturpolitikern. Otto Lorbach

Lose Blätter

Aus Fritz von Llnruhs „Prinz Louis Ferdinand"

fFritz von Anruh kam vor einiger Zeit in Berlin mit einem jugendlich
lebhasten Drama „Offiziere" auf die Bühne, welches die Leidenschaft ge-
wisser heißblütiger Leutnants für Schlacht und Krieg eigentümlich stark
und zitternd widerspiegelte. Das unausgeglichene, etwas überhihte und
wirre Stück konnte sich nicht halten und auch als Buch nicht von mehr
überzeugen als einem ausgesprochenen dichterischen Talent mit einem tzang
zur Theaterwirkung, der gelegentlich über die feineren inneren Intentionen
hinausdrängte. Dieser tzang scheint auch in seinem neuen, durch die
tzohenzollern-Zensur so rasch bekannt gemachten Werk noch hie und da
durch das Szenengefüge; indessen, der Dichter liegt, wenn ich recht sehe,

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