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Kunstwart und Kulturwart — 27,3.1914

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Heft 16 (2. Maiheft 1914)
DOI Artikel:
Beaulieu, Heloise Margarete von: Vom Blumenschenken
DOI Artikel:
Corbach, Otto: Der Alkoholmißbrauch in unsern Kolonien
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https://doi.org/10.11588/diglit.14289#0286

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Bluinen schenken ist ja „überflüssig", wenigstens in legitimen und nahen
Verhältnissen! Wenn in gesetzlich legitimierten oder verwandtschaftlich ge-
gebenen Verhältnissen Blumen das „Äberher" bedeuten, die süße Zugabe
zum Brote des Lebens, so sind sie einzig und ganz und gar der Ausdruck
jener Gefühle, die, unabhängig von äußern Beziehungen, gänzlich frei«
willig, unverlangt, vielleicht sogar ungewünscht, überflüssig sind. Blumen
darf man immer schenken. Alle andern Gaben setzen irgendeine Be-
rechtigung, ein schon vorhandenes Band in den Beziehungen voraus, aber
Blumen sind nichts wollende, nichts voraussetzende Opfergaben des sich
selbst genügenden Gefühls, das nichts Besseres verlangt, als sich aus-
strömen zu dürfen wie ein Opferduft. Blumen wollen nichts, sie haben
ihren Zweck schon erfüllt, wenn der, dem sie gegeben, sie annimmt, ihnen
erlaubt, in seinen Räumen zu welken.

Der eine: Man sollte lieber eine Topfpflanze nehmen, die nicht
gleich welkt.

Der andre: Eine Topfpflanze hat etwas mehr Erdenschwere — buch-
stäblich und bildlich. Für mein Gefühl ist gerade die Vlume, die in
kurzem welkt, das schöne Symbol der reinen tzingabe, des süßen Ver-
schwendens. Der Äberfluß des tzerzens will sich in ein sichtbares Symbol
umsetzen. Wenn wir sparen müssen, so laßt es uns in andern Dingen
tun, aber nicht in denen, die unserm tzerzen ein Bedürfnis, die uns not-
wendig sind wie dieser schöne Luxus. H. v. Beaulieu

Der Alkoholmitzbrauch in unsern Kolonien

^^nthaltsamkeit gegenüber dem Alkohol ist, das sehn heut immer mehr
E^Menschen ein, eine Bedingung wahrer Kultur. In dem Maße wie
^^sich Gewerbe, Handel, Verkehr, geistiges Leben entfalten, wie die
Kreise größer werden, für die der Einzelne wirkt, und die für den Ein-
zelnen wirken, wie die Möglichkeiten zunehmen, daß jeder die gerade für
seine besondern Bedürfnisse passenden gelegentlichen oder dauernden Ver-
bindungen mit andern eingeht, wie der Selbsttrieb den äußeren Zwang
ersetzt, um das freie Gesellschaftsmitglied zu den höchsten Leistungen an-
zuspornen — in dem Maße schwindet im Kulturmenschen sogar das
Verlangen nach Alkohol als einem Surrogat sür geistige Anregung.
Menschen, die wegen ihres Berufs oder aus Neigung immer wieder alle
ihre Kräfte anspannen, um bestimmte tzöchstleistungen zu erzielen, werden
oft aus persönlicher Erfahrung von selbst vollständige Abstinenzler, weil
sie die Wirkungen des Alkoholgenusses bei der Arbeit als lähmend emp-
finden. Man kann behaupten, daß der Alkoholgenuß in dem Maße
verwerflich wird, wie jemand Gelegenheit hat, seine Kräfte in den Dienst
der Kultur zu stellen.

Dann aber sollte in den Kolonien Mäßigkeit im Alkoholgenuß vor-
herrschen; denn Kolonien sollen doch auch dazu dienen, Völker niederer
Kultur an unsere höhere zu gewöhnen. Man spricht ja von unsern Kolo-
nisten in Afrika oder Asien gern als von „Kulturpionieren". In der
Tat sind kolonisatorische Aufgaben auch solche, mit deren Ausführung
starker Alkoholgenuß sich nicht verträgt. Wer heimische Einrichtungen auf
koloniale Verhältnisse überträgt, muß den Eigentüwlichkeiten eines fremden
Landes und Volkes fortwährend Rechnung tragen, gleichartige Zwecke

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