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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 6.1930

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Lohmeyer, Karl: Geleitwort
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https://doi.org/10.11588/diglit.41983#0015

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Geleitwort

Als man 1676 dem Kurfürsten Karl Ludwig von der Pfalz über die
kommende 300jährige Stiftungsfeier der Universität Heidelberg Relation
erstattete, schrieb er mit eigener Hand unter den Bericht: „Churpfalz (d. h.
er selber) wird in der Zeit das Jubiläum im Chor der Kirche zum Heil. Geist
mit stiller Music halten, Wenn anders die Hhpergrhphischen (d. h. die nach
Gold die Grabstätten durchwühlenden) Bölcker seine Gebeine werden ruhen
lassen."
Cr hatte sich als ein guter Prophet erwiesen, denn 17 Iahre darauf waren
die hhpergrhphischen Völker wirklich über die Pfalz in Gestalt der Franzosen
hereingebrochen und hatten weder die Gebeine der Pfalzgrafen noch die sich
darüber erhebenden kunstvollen Grabmäler verschont.
Doch ein gütiges Geschick hat diese wichtigen Zeugen deutscher Kunst, „sie
mögen zerschlagen oder noch gut sehn", an sicherm, noch in seiner genauen
Lage unbekanntem Orte in Heidelberg verborgen. And heute ruhen sie noch,
tief unter dem Boden der jetzigen Stadt, in mächtigen Gewölben des alten
mittelalterlichen Heidelbergs. Auch sie werden einst auferstehen, und eine
steinerne Kunstgeschichte süddeutscher Plastik wird sich vor uns entrollen, wenn
die alten Pfalzgrafen einmal aus der Erde steigen. (Vgl. dazu Karl Loh-
meher: Die Grabmäler der Pfalzgrafen in der Heiliggeistkirche in Heidelberg
an sicherem Ort verborgen. Neues Archiv für die Geschichte Heidelbergs und
der Kurpfalz, Bd. XI, 1924, S. 160.)
Auch über Speher waren die hhpergrhphischen Völker zu der nämlichen
Zeit wie über Heidelberg gekommen, als das Geheiß „Linileo 1e polatinnt"
zur flammenden Wirklichkeit geworden war. Auch dort hatten sie nur Schutt
und Asche hinterlassen und hier gar die Grablege der alten Kaiser des heili-
gen römischen Reichs deutscher Ration nach Gold durchwühlt und zerstört,
denen in ernster romanischer Würde die Krypta des ehrwürdigen Doms den
Rahmen verlieh, die diesem Jahrbuch im Bilde voranstehen möge. And
genau 100 Jahre später, als das neue Geheiß erging „?aix aux chaamiere8,
Auerre aux chareauxch „Friede den Hütten, Krieg den Palästen", und selbst
Frankreich im schlimmsten inneren Landesaufruhr das große nationale Ziel,
das linke Rheinufer nicht aus den Augen ließ und ganz und gar nicht nur,
wie verheißen, volksbeglückenden internationalen Zwecken, sondern lediglich
eigenen, rein nationalen doch in erster Linie huldigte, waren sie wiederge-
kommen, hatten das meiste an Kunst und Kultur dieser reichen Südwestecke
Deutschlands vernichtet und schließlich weder Hütte noch Palast geschont. —
And die Verluste an damaligem Kunstgut, von Saarbrücken angefangen über
den Karlsberg bei Homburg bis zur Mainzer Favorite, gegenüber der Main-
mündung in den Rhein, sind fast bedauernswerter und weniger wieder gut
zu machen, als die Zerstörung der immer beklagten Rheinburgen, die letzten
 
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