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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 6.1930

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Bäte, Ludwig: Das Ende Karl Ludwig Sands: (ein ungedruckter Brief von Heinrich Voß)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41983#0210

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LZ L3

Das Ende Karl Ludwig Lands
Mitgeteilt von LudwigBäte- Osnabrück
(Ein ungeöruckter Brief von Heinrich Voh)


Am 23. März 1819 hatte Sanb Kotzebue erdolcht, ein Iahr daraus wurde
er in Mannheim hingerichtet. Heinrich Voh, Professor in Heidelberg, Iohann
Heinrichs Sohn, berichtet darüber an seine Tante Bote, die Witwe des Hain-
gründers.

Heidelberg, Pfingstmontag, 1820.
„Ich will Ihnen vom unglücklichen Sand erzählen, der nun endlich erlöset
ist. Man sagt, Rußland und Preußen hätten auf die Hinrichtung gedrungen,
und dazu ward der Tag vor Pfingsten ersehen. Als ihm drei Tage zuvor das
Artheil war vorgelesen worden (einige sagen, er habe es selbst gelesen, und mit
fester Stimme), soll er gesagt haben: „meine armen Eltern!" (Daß sein Vater
vor sechs Wochen gestorben, hat er nicht erfahren) und dann, nach kurzer
Pause, mit freudig verklärtem Blicke: „Gottlob! ich habe mich lange gesehnt
nach dieser Stunde!" Die übrige Lebenszeit hat er auf einen Brief an die
Seinigen, und zu ernsten Betrachtungen, verwandt. Sie glauben nicht, beste
Tante, welche Theilnahme er gefunden bei den Manheimern und überall.
Viele Familien haben Manheim verlassen, aus Schmerz über seinen Tod, wer
da geblieben, hat sich vorbereitet, wie auf einen Trauertag, und sehr wenige
sind zum Schaffst gegangen. Kein Fuhrmann hat ihn fahren wollen; man
hat eine Kutsche von einem Iuöen kaufen und Postpferöe nehmen müssen.
Der Aachrichter hat sich alle Mühe gegeben, aus Carlsruh, Basel, Mosbach,
und andern Orten einen Stellvertreter zu bekommen; keiner ist gekommen, er
hat mit Trauer das Richtschwert in die Hand genommen. Sechs Stunden vor
seinem Tode fodert ihn Sand zu sich, Mitternachts gegen 1 Ahr; weinend
tritt er zu ihm, Sand tröstet ihn, und spricht lange mit ihm; „sei standhaft",
sagt er ihm beim Scheiden, „wie du mich morgen finden wirst". Drauf, nach
einem Gebete, schläft er ganz ruhig gegen vier Stunden. Herzzerreißend soll
der Abschied aus dem Zuchthause gewesen sein; Mann, Frau, Kinder — keins
will sich trennen von dem Geliebten; selbst die Knechte, Mägde, bis zu den
niedrigsten Aufwärtern hinab zerfließen in Thränen. Der Zuchtmeister be-
steigt mit ihm den Wagen, und hält ihn den ganzen Weg bis zum Schaffst
umschlungen, an seinem Halse weinend. Langsam fährt der Wagen durch die
Stadt, durch ein unabsehbares Gedränge von Menschen, die noch einmal den
allgemeinen Liebling sehen wollen, Viele sind in Trauerkleidern. Eine furcht-
bare Stille! nur durch Weinen unterbrochen, und durch stammelnde Laute:
„fahr Wohl, edler Iüngling!" Sand, in der selbigen Kleidung, mit der er
Manheim betrat, sizt ruhig lächelnd, und grüßt freundlich, wie gerade sein
Blick trist. Eben so heiter besteigt er das Schaffot; er läßt sich Einmal herum-

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