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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 6.1930

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Bäte, Ludwig: Das Ende Karl Ludwig Sands: (ein ungedruckter Brief von Heinrich Voß)
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https://doi.org/10.11588/diglit.41983#0211

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führen, blickt freudig umher, die freie Luft unter Gottes Himmel, den er nach
14 qualvollen Monaten zum ersten mal wieder über sich schaut, labt ihn, noch
mehr die nahe Erlösung. Er wirft, da ihm das Redehalten vom Stadtdirektor
untersagt ist, sein Taschentuch auf die Erde, hebt die Hand empor, und ruft:
„Gott sei mein Zeuge, meine That war gut! Die Nachwelt wird es erkennen;
ich wollte Deutschland befreien!" — Dann, nach kurzer Pause: „Mein Leib
gehört der Erde, meine Seele Gott, meine Gedanken mir. Lebt wohl!" —
Festen Fußes geht er zum Richtstuhle. Als man ihn bindet, bittet er freund-
lich: „Nicht zu fest um die Brust, die Wunde schmerzt." Er fürchtete, ein
Krampf möchte ihm die Standhaftigkeit rauben und dem Nachrichter sein Amt
erschweren. Als er diesen traurig, verzagt und bleich sieht, spricht er ihm
nochmals Mut zu, und ermahnt ihn freundlich zur Anverzagtheit in seiner
Pflicht. Wenige Minuten darauf ist er nicht mehr. Sein Leichnam wird
gleich in einen Sarg gelegt, der noch den selbigen Abend unter Absingung
eines Liedes, das Sand selber ausgesucht, begraben sein soll. Während der
ernsten Stunde ist alles ruhig geblieben, nicht aus Furcht vor den 4000 Mann
Infanterie, sondern weil das feierliche in Sands Benehmen sich auch dem
Leichtsinnigsten einprägte. Als der Sarg weggebracht, stürzt alles aufs
Schaffot, um Andenken zu erhalten_ Dank unserm Großherzoge, daß er
Sand so ehrenhaft behandelte, um so mehr, da viele vom badischen Adel in
Sand nur einen gemeinen Verbrecher sehen.
Ob die Zeitungen über Sand Wahres berichten werden? Alle gewiß
nicht. — Sand kam rein aus Gottes Hand; der Zeitschwindel ergrif ihn, und
riß ihn in Sünde, die nicht als Sünde gemeint war. Büßen muhte er; aber
eine unmenschliche Ansicht ist es, daß Gott eine so edle Natur sollte der Ver-
dammnis übergeben; Gott, der allbarmherzige Läuterer!
Am Kozebue floß keine Thräne des Mitleids. — Theure Tante, lesen Sie
Kozebues Leben, herausgegeben von Brockhaus; oder besser lesen Sie es nicht,
sofern Ihnen vor einem Crötenpfuhle graut..."

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