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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 6.1930

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Göller, Leopold: Galgen- und Rabensteingeschichten aus Alt-Mannheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.41983#0095

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Galgen- und Rabensteingejchichten
aus Alt-Mannheim
Von LeopvldGöller- Mannheim

„Was weben die dort um den Rabenstein?"
Goethes Faust.
2m Jahre 1767 machte der Konsistorialrat Carl Benjamin List in
Mannheim über einen seiner Amtsvorgänger, den lutherischen Pfarrer Jo-
hannes Appelius, folgende Auszeichnung: „Sein Amt in dieser Stadt
war eines der beschwerlichsten. Er hat etliche hundert Personen zu einem
gewaltsamen Tode begleitet, weil damals alle Missethäter aus dem Ehur-
sürstentum nach Mannheim gebracht und daselbst hingerichtet wurden."
Appelius wirkte hier von 1674 bis 1688. „Etliche hundert Personen"
aus ihn allein dürfte Wohl, nach den Protokollen zu schließen, zu viel gesagt
sein. Wie erschreckend hoch müßte die Gesamtzahl der Hingerichteten sein;
denn je nach der Konfession des Malefikanten muhte auch der deutsch-refor-
mierte oder der französisch-wallonische Geistliche der Exekution beiwohnen.
Eine katholische Pfarrei gab es damals in Mannheim nicht; der Seckenheimer
Psarrer versah die Seelsorge der wenigen hiesigen Katholiken.
Bei den Blutgerichten im 17. Jahrhundert wurde der „peinliche Rezeß"
von zwei Heidelberger Hofgerichtsadvokaten geführt. Für den Strafvollzug
hatte der Mannheimer Stadtrat Sorge zu tragen. Zeitweise war hier kein
Scharfrichter ansässig; man ließ jenen aus Ladenburg, Frankenthal oder
Heidelberg kommen. Zahlreiche Protokolle aus dem 17. und 18. Jahrhundert
geben uns Kunde von „Malefiz-Exekutionen" durch den Strang, das Schwert
oder das Rad.
Am 30. Dezember 1671 unterschrieb Kurfürst Karl Ludwig das von
den Blutrichtern über Iacques du Eamp gefällte Todesurteil und befahl
dem Stadtrat, den Missetäter nach Neujahr mit dem Strange hinrichten zu
lassen. Durch welches Verbrechen dieser sein Leben verwirkt hatte, konnte ich
noch nicht feststellen. Er stammte aus Flandern und hatte sich im Fahre 1667
in Mannheim verheiratet. Seine aus Hanau gebürtige Frau Helene schenkte
ihm zwei Kinder. Im Februar 167O bat er den Stadtrat um Anweisung
eines Bauplatzes. Im Mai desselben Iahres wurde er verklagt, weil er
einem andern, der für ihn ein Stück Land zum Feldbau ausgerodet hatte, den
akkordierten Arbeitslohn von 2O Reichstalern schuldig geblieben war. Er
trieb demnach Landwirtschaft.
Auf den 2. Ianuar 1672 lieh der Stadtschultheiß Dr. Glöckner die beiden
Bürgermeister und die Ratsverwandten zu einer „extra orclinari" Ratssitzung
einberufen. Nachdem dem versammelten Kollegium das Todesurteil über du
Camp verlesen war, gab der Stadtschultheiß dem Stadtdiener Ierosme du

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