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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 6.1930

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Reitz, Leopold: Hans Heinrich von Weingarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.41983#0031

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„Bleibt auf dem Posten", ermahnt der Kasper.
„Wenns um vier Ahr hell wird, wagt mir keiner mehr die Nase vorzu-
strecken." Der Bogt prahlt.
Sagt der Iörg: „Ich glaub der Mond geht überm Haus auf" — er drückt
die Iudasnase an die Butzenscheiben — „ich kann den Lattenzaun schon sehen."
Der Kasper drauf: „'s muh Vollmond sein, so hell wirds im Hof. Ich
kann schon die Stämme am Waldrand zählen. — Guck, dort führen sie eine
Kuh in den Wald — noch eine." Er reist das Fenster auf: „Wart, Gesindel,
ich will euch andrer Leut Sach stehlen", kreischt er hinaus.
„Es wird mir so hell", sagt der Vogt gedehnt, die Augen weit aufge-
rissen. „Das Haus brennt!"
Gelähmt vor Entsetzen starren die Männer in den Hof, wo der Funken-
regen niedergeht. Sensen funkeln mordgierig im Feuerschein.
Der Kasper findet als erster die Sprache wieder: „Bleibt auf dem Posten,
sie werden jetzt kommen!" Da sieht er, wie sich der Iörg an der Barrikade
vor der Tür zu schaffen macht: „Halt, Freundchen, sonst stoß ich dir die eigene
Pike in den Bauch!"
Rauch dringt zu den Türritzen herein. Die Fenster auf! Ein Knecht
springt hinaus, läuft durch die stürzenden Sparren, schlägt hin — schon fahren
ihm Fäuste ins Genick. „Die geben dirs, du feiger Hund! — ha ha", der
Kasper lacht gräßlich, „da baumelt er schon am Eichenast". Wildes Geschrei
empfängt den Gehenkten. Feuerzungen lecken von der Kammer herein und
fressen sich näher und näher: „ich ersticke", röchelt der Iörg und fällt um.
Der Vogt schießt seine Muskete ins Blaue, um überhaupt etwas zu tun. Der
Kasper tut es nach. Wollen sich einen Ausweg schaffen. Sie springen durchs
Fenster. Da stoßen Fäuste auf sie zu. Ein kurzer stummer Kampf. Das
ist der Galli Reefen und der Stephan Wertheimer. „Hunde, Ihr sollt es auch
wissen, wie das Verbrennen tut" und mit einem Schubs fliegen die Halb-
erwürgten in die Flammen hinein.
Groß, wie eine Fackel der Freiheit, brennt das Haus in die Nacht. Hinten
gibt die Queich ihre Wasser hinauf, die Mühle zu retten.
Am Morgen, der Hirtenfranz zum Galli Reefen: „Hast du den Alten
gekannt, der auf den Gedanken kam, das Haus anzustecken. Der mit dem
Kranzbart, der plötzlich den Zunder aus der Tasche kramte und den Funken
schlug?"
„Muß ein Fremder sein."
Noch ehe der Winter kam, hielt das junge Paar seinen Einzug in das
neue Haus. Soviel hilfreiche Hände hatten mitgeholfen, es zu bauen. Das
Mühlrad klapperte wie eh und je. Aeber der Haustür, wie zum Schutz gegen
böse Geister, waren die Weidenstäbe gekreuzt mit den weihen Herzen.
Der Müller, seit der Nacht des Brandes — von Zeiskam aus hatte er
zugesehen — steinalt geworden, saß am Kamin und hielt die Bibel auf den
Knien, ohne darin zu lesen.
Das einzige, was er sagte, wenn die Männer aus dem Dorfe da waren:
„Wer den Stein wälzt, auf den muß er fallen!"
So streng ist die Gerechtigkeit Gottes.

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