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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 6.1930

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Müller-Clemm, Wolfgang: Mannheim, Gründung und Bestimmung
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https://doi.org/10.11588/diglit.41983#0039

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Wesen dieser Stadt, unabänderlich ist der Bestimmung Gesetz. Ihre
literarische Zeit ist Ausspann und Resignation, der kaufmännischen Stadt
kürzeste Periode. Bald saugt sie wieder lebendige Kräfte aus. Von außen
kommen die Männer ihrer Industrie, aus dem nahen Lande wandert der
wiedergeborene Handelsstand ein, Sentiments verschwinden, Geltung hat nur
die freie, befreiende Form, um die schöne Silhouette aus Kuppel und Türmen
kümmert sich keiner. Die Festung ist geschliffen, die Stadt wächst in den Raum.
Statt Palisaden und Schanzen bauen sie Fabrik an Fabrik und umzingeln
die Stadt. Esse an Esse strebt himmelan. Von noch größerer Ferne winkt jetzt
dem Schassenden Lockung und Verspruch.
Materielle Begierde und schöpferische Kraft sind die Schwungräder alles
menschlichen Tuns, und die stärksten Triebe führen zu Taten. Den rein geisti-
gen stehen die geistig materiellen gegenüber. Wir sind gewohnt, die Ersten zu
feiern, die Zweiten zu vergessen. Das Große im Geistigen findet Gewahrsam
auch über seine Zeit hinaus, das materiell Geistige hat auf Ruhm und Er-
haltung zu verzichten, doch es darf der Enkel und Arenkel Wiege sein, tragend
und hütend. Roch immer hat merkantiles Schaffen das Anonyme geschäht und
es wird kein Zufall sein, daß der hanseatisch denkende Verfasser der Privi-
legien von 1607 nie aus der Verborgenheit heraustrat. Seine Tat lebt noch
heute in aller Lebendigkeit wie ein Leuchtfeuer über der Stadt, denn Heuer
steht wieder an mancherlei Ecken und Flächen das werbende Plakat. Statt
großmütiger Worte verbrämt Vierfarbendruck Versprechen und Sinn. Heute
wie damals!

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