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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 6.1930

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[Anhang: Kalendarium 1930]
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https://doi.org/10.11588/diglit.41983#0237

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Am Fastnachtdienstag wird alljährlich in Langenthal und einigen anderen
Orten des Odenwaldes das „Faserntrad gesprengt". Hat die Dunkelheit sich
über Berg und Tal niedergelassen, so tauchen plötzlich Lichter aus: Holzfackeln
werden geschwungen, einige mit Stroh gefüllte Bienenkörbe rollen als bren-
nende Kugeln den Berg herab. Dann aber wälzt sich langsam und maje-
stätisch das Sonnenrad zu Tal. Seit Wochen schon hat die Jugend von Haus
zu Haus Stroh für das Faserntrad erbettelt. Am Fastnachtdienstag wird durch
die Nabe eines alten Wagenrades eine lange kräftige Stange gezogen und
dann das gesammelte Stroh, Bündel um Bündel, an und um das Rad gebun-
den, das so einen beträchtlichen Ilmfang erhält. Dann wird das Stroh ange-
zündet und die Burschen führen an den beiden Enden der Stange den lodern-
den Ball hinab. Weithin leuchtet das mächtige Feuer, Funken sprühen hoch,
und eine lange Feuerspur leuchtet, langsam verglimmend, nach. Frohe Iugend
springt umher und schleudert in hohem Bogen die Fackeln in die Luft. Endlich,
wenn das Rad ins Tal gelangt ist, erlöscht es zischend im Bache. — Ursprüng-
lich verkörperte der uralte Brauch den Kampf zwischen Sommer und Winter.
Das Feuerrad ist das Abbild der segenbringenden Sonne, mit dem man
dem Sommer zum Sieg verhelfen wollte gegen die Geister der Finsternis.
 
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