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Schwedler, Gerald; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Herrschertreffen des Spätmittelalters: Formen, Rituale, Wirkungen — Mittelalter-Forschungen, Band 21: Ostfildern, 2008

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https://doi.org/10.11588/diglit.34738#0064

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Teil 1: Spätmittelalterliche Herrschertreffen

ohne jedoch explizit ein Urteil zu erwähnen. Von der angeblich von Philipp VI.
illegitim getragenen Krone war nicht mehr die Rede, doch die Sprachregelung
der kaiserlichen Kanzlei, den König der Franzosen lediglich als Philipp von Va-
lois zu titulieren, lässt erkennen, dass man ihm, Eduards Auffassung folgend,
den französischen Königstitel nicht zugestand. Wenn der englische König die
bis dahin vereinbarten Zahlungen geleistet habe, sollte Ludwig zum Vollzug
des Urteilsspruchs am 8. Mai 1339 in der Gegend von Cambrai insgesamt
2000 Bewaffnete gegen Philipp VI. aufstellen.
Die Gerichtssitzung erweckte nicht gerade uneingeschränkt den Eindruck
der unparteiischen Rechtsfindung. Dem Schreiber der Einträge in das Koblen-
zer Ratsbuch war kein nennenswerter Rechtsakt präsent. Statt eine Rechtsfin-
dung anzudeuten, interpretiert der Autor die Vorgänge zwischen der beiden
Monarchen als enges Bündnis.*conspzracz'ongzzi. "*

Das GcngzWUhzziaf per Gdziizazzzazu
Für die Visualisierung des Verhältnisses zwischen Eduard III. von England
und Kaiser Ludwig dem Bayern war die Verleihung des Generalvikariates am
bedeutsamsten, weil am innovativsten. Obwohl diese in den Koblenzer Rechts-
akten schwer greifbar ist, muß sie zweifellos dort erfolgt sein. Denn als Eduard
am 18. September 1338 Reichsangehörige zu einem Hoftag lud, machte er bereits
von dem Rechtstitel eines vz'can'zzs per Gerztzzmz'azzz Gebrauch.'"" Auf welche Wei-
se hatte er aber dieses Amt erhalten? Eine feierliche Verleihung am 5., vielleicht
auch am 6. September ist nicht belegt, scheint jedoch nicht unwahrscheinlich.
Die betreffende Bestallungsurkunde sowie die Aufforderung an die Getreuen
des Reichs, dem neuen Generalvikar Gehorsam zu leisten, wurde von Ludwig
jedoch erst zehn Tage später, am 15. September 1338, in Frankfurt ausgestellt. "
Dies würde bedeuten, dass die Verleihung in Koblenz und die Beurkundung
dieser Verleihung räumlich und zeitlich voneinander getrennt wurden. "
Keine der erzählenden Quellen, die die Rechtssetzungen Ludwigs ansonsten
mit großer Detailgenauigkeit beschreiben, erwähnen die Verleihungshand-
lung. Der einzige Beleg, der eine derartige Handlung ausführlich darstellt, die
Chronographia Regum Francorum, zählt nicht zu den Glaubwürdigsten. Zu
viele Einzelheiten bleiben dort unstimmig. Wie in anderen Chroniken wird
eine sehr wertvolle und edle Bühne beschrieben, auf der Ludwig in Purpurge-

132 Koblenzer Ratsbuch, ed. Schaus, S. 502: [...] consp;'n?tz'one?7! z'zz züuz'cezzz cozz-
ÜC OZ7777CS R0777H777Z777 Z777j!7e7'z'7Z777 SZKZSfZ'e Z777peztz'g77fgS.
133 Das deutsch-englische Bündnis, ed. Bock, Nr. 533, S. 122-124.
134 Das deutsch-englische Bündnis, ed. Bock, Nr. 530, S. 120f. (Bestallungsurkunde), 531, 121f.
(Aufforderung an die Reichsfürsten); Deutsche Ausfertigung: FRG, ed. Böhmer, Bd. 1, S. 219.
135 In beiden Urkunden findet sich lediglich der Vermerk »datum«. Dies ist aufgrund des freie-
ren Kanzleigebrauchs im 14. Jahrhundert durchaus üblich; dazu: BRESSLAU, Handbuch der
Urkundenlehre für Deutschland und Italien, Bd. 1, S. 856f.; auf die verspätete Ausfertigung
weist hin: RI LdB 5, Nr. 236 S. 113. Doch ausgehend von diesen Schriftstücken leimte Marie-
Louise Heckmann eine Verleihung Eduards III. in Koblenz ab: HECKMANN, Das Reichsvikariat
Eduards III. von England, S. 167-169.
 
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