Schlussbetrachtung
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sen. Dabei traten sowohl die institutionell gebundene Rolle des Königs wie
auch dessen individuelles Auftreten in Erscheinung.
Zweitens waren Herrschertreffen vielschichtige Kommunikationsereig-
nisse, bei denen auf unterschiedlichen Ebenen die Individuen und Personen-
gruppen in engere Beziehung traten. Im Vordergrund stand die verbale und
ritualisierte Interaktion der Souveräne, die in unterschiedlichem Grade in fe-
sten Formen ablaufen konnte. Aufgrund der Bedeutung der Hauptanliegen,
die zumeist politischer und rechtlicher Natur waren, rückten Herrschertreffen
ins Untersuchungsfeld politisch orientierter Geschichtsforschung und wurden
ertragreich ausgewertet. Doch erfolgte die Kommunikation sehr viel weitgrei-
fender als auf der Ebene der politischen Verständigung zwischen den Königen
und deren Ratsgremien. Neben dem Informationsaustausch politischen Ge-
halts und der Konsensbildung bei Versammlungen spielten auch der Vollzug
der königlichen Rechtsakte (Bündnisversprechen, Eide, Homagien) vor einer
unterschiedlich breiten Öffentlichkeit und Aspekte der Selbstdarstellung eine
Rolle. Durch Formwahl, Zeichensetzung und Ritualisierung von Handlungen
konnten sowohl Ansprüche und Zugeständnisse als auch gewünschte Herr-
schaftsordnungen zum Ausdruck gebracht werden.
Hierbei sind unterschiedliche Adressatengruppen auszumachen. Die in-
tentionale Zeichensetzung der Gestalter bezog sich zunächst in ihrer Wirkung
auf die Gegenseite. Ihr sollte ein möglichst geordnetes und beeindruckendes,
ja überwältigendes Bild geboten werden, das den eigenen Herrschaftsansprü-
chen Ausdruck verlieh. Dies konnte so weit gehen, dass mehrere Tausend Ad-
lige zum prunkvollen und geordneten Erscheinen verpflichtet wurden - bis-
weilen waren es mehr Personen, als zu einer Feldschlacht aufgeboten wurden/
Dabei ging es nicht allein um den Einsatz erwählter Menschengruppen und
prestigefördernder Mittel als Ausdruck der eigenen Machtfülle, sondern auch
um ein Eindruck erweckendes Verhalten und Auftreten, wozu auch die Ges-
tik zählte. Dies widersprach nicht der Absicht, durch besondere Zeichen und
Gesten Friedfertigkeit, Freundschaft und Brüderlichkeit unter den Königen zu
demonstrieren. Die Art und Weise, wie Könige in den besonders sichtbaren
Situationen wie der Begrüßung, den Festmählern etc. miteinander umgingen,
signalisierte, welche Art der Beziehung zum jeweiligen Herrscher man in den
Vordergrund stellen wollte, sei es auf institutioneller, vertraglicher oder per-
sönlicher Ebene. Dabei zeigte sich freilich die Tendenz, eine Verbindung durch
möglichst viele Eebensbezüge zu festigen, wobei zumindest der Abschluss von
Ehebündnissen - wenn nicht auf königlicher Ebene, so doch bei deren Nach-
kommen oder Verwandten - angestrebt wurde.
Ein Herrschertreffen hatte zudem eine erstaunliche Signalwirkung nach in-
nen, in den eigenen Machtbereich hinein. So bestand hierin auch die Anerken-
nung der eigenen Titel- und Herrschaftsansprüche, die durch eine Begegnung
gleichsam von außen bestätigt wurden und damit einen König und dessen Dy-
nastie als einen anerkannten Herrscher legitimierte. Dies erklärt die evidente
Vermeidung von Begegnungen mit Machthabern, die Ansprüche auf dasselbe
3 Vgl. dazu die Einzugsprozession Sigismunds 1416 in London: Kap. 1.3., insb. S. 129.
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sen. Dabei traten sowohl die institutionell gebundene Rolle des Königs wie
auch dessen individuelles Auftreten in Erscheinung.
Zweitens waren Herrschertreffen vielschichtige Kommunikationsereig-
nisse, bei denen auf unterschiedlichen Ebenen die Individuen und Personen-
gruppen in engere Beziehung traten. Im Vordergrund stand die verbale und
ritualisierte Interaktion der Souveräne, die in unterschiedlichem Grade in fe-
sten Formen ablaufen konnte. Aufgrund der Bedeutung der Hauptanliegen,
die zumeist politischer und rechtlicher Natur waren, rückten Herrschertreffen
ins Untersuchungsfeld politisch orientierter Geschichtsforschung und wurden
ertragreich ausgewertet. Doch erfolgte die Kommunikation sehr viel weitgrei-
fender als auf der Ebene der politischen Verständigung zwischen den Königen
und deren Ratsgremien. Neben dem Informationsaustausch politischen Ge-
halts und der Konsensbildung bei Versammlungen spielten auch der Vollzug
der königlichen Rechtsakte (Bündnisversprechen, Eide, Homagien) vor einer
unterschiedlich breiten Öffentlichkeit und Aspekte der Selbstdarstellung eine
Rolle. Durch Formwahl, Zeichensetzung und Ritualisierung von Handlungen
konnten sowohl Ansprüche und Zugeständnisse als auch gewünschte Herr-
schaftsordnungen zum Ausdruck gebracht werden.
Hierbei sind unterschiedliche Adressatengruppen auszumachen. Die in-
tentionale Zeichensetzung der Gestalter bezog sich zunächst in ihrer Wirkung
auf die Gegenseite. Ihr sollte ein möglichst geordnetes und beeindruckendes,
ja überwältigendes Bild geboten werden, das den eigenen Herrschaftsansprü-
chen Ausdruck verlieh. Dies konnte so weit gehen, dass mehrere Tausend Ad-
lige zum prunkvollen und geordneten Erscheinen verpflichtet wurden - bis-
weilen waren es mehr Personen, als zu einer Feldschlacht aufgeboten wurden/
Dabei ging es nicht allein um den Einsatz erwählter Menschengruppen und
prestigefördernder Mittel als Ausdruck der eigenen Machtfülle, sondern auch
um ein Eindruck erweckendes Verhalten und Auftreten, wozu auch die Ges-
tik zählte. Dies widersprach nicht der Absicht, durch besondere Zeichen und
Gesten Friedfertigkeit, Freundschaft und Brüderlichkeit unter den Königen zu
demonstrieren. Die Art und Weise, wie Könige in den besonders sichtbaren
Situationen wie der Begrüßung, den Festmählern etc. miteinander umgingen,
signalisierte, welche Art der Beziehung zum jeweiligen Herrscher man in den
Vordergrund stellen wollte, sei es auf institutioneller, vertraglicher oder per-
sönlicher Ebene. Dabei zeigte sich freilich die Tendenz, eine Verbindung durch
möglichst viele Eebensbezüge zu festigen, wobei zumindest der Abschluss von
Ehebündnissen - wenn nicht auf königlicher Ebene, so doch bei deren Nach-
kommen oder Verwandten - angestrebt wurde.
Ein Herrschertreffen hatte zudem eine erstaunliche Signalwirkung nach in-
nen, in den eigenen Machtbereich hinein. So bestand hierin auch die Anerken-
nung der eigenen Titel- und Herrschaftsansprüche, die durch eine Begegnung
gleichsam von außen bestätigt wurden und damit einen König und dessen Dy-
nastie als einen anerkannten Herrscher legitimierte. Dies erklärt die evidente
Vermeidung von Begegnungen mit Machthabern, die Ansprüche auf dasselbe
3 Vgl. dazu die Einzugsprozession Sigismunds 1416 in London: Kap. 1.3., insb. S. 129.