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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0044

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21 Forschungsstand

43

Beziehung zu Abbildungen von Gewalt jüngst ein stark kunsthistorisch ge-
prägter Sammelband thematisierte.^
Was hier exemplarisch mit Blick auf die historische Kriegsforschung aus-
geführt wurde, gilt selbstverständlich auch für andere Bereiche, die sich im
weitesten Sinn mit Gewalt auseinandersetzen: Nachdem Revolten und Auf-
stände in der Folge der sozialen Unruhen nach 1968 bis zur Mitte der 80er
Jahre ein dominierendes Thema waren 5' und unter sozial wissenschaftlichen
Aspekten primär auf ihre Trägerschichten und politischen Ziele hin unter-
sucht wurden, wurde ab Mitte der 1990er Jahre auch hier der Blick zuneh-
mend auf die (symbolischen) Formen des Protests gerichtet.^ Beispielhaft
dafür ist der Projektbereich C (Gewalt im Raum des Politischen) des Bielefel-
der Sonderforschungsbereichs 584 „Das Politische als Kommunikationsraum
in der Geschichte" (2001-2012), der die Gewaltausübung im Kontext von
Aufständen explizit unter dem Aspekt der Kommunikation analysierte.^
Auch die historische Kriminalitätsforschung untersuchte seit den 1990er
Jahren Verbrechen und Strafen vermehrt als soziale Praktiken, wobei sich
hier unterschiedliche Ansätze zeigen.^ In Deutschland ist die Kriminalitäts-
geschichte durch Forschungen zu Ordnungs- und Verfassungsstrukturen ge-
prägt,^ während in England und den USA quantitative Analysen dominie-
ren, die versuchen, historische Mordraten zu ermitteln und so die Frage nach
der Gewaltpräsenz in verschiedenen Gesellschaften statistisch zu beantwor-
ten.^ In Frankreich wiederum sind die umfassenden Arbeiten zur Alltags-
kriminalität stark sozialgeschichtlich angelegt.^ Durch die Auswertung kö-
niglicher Begnadigungsbriefe, der Teüzvs de rczzzzsszozz, gelang es vor allem
Gauvard, einen umfassenden Einblick in den Alltag und die Vorstellungs-
welt der Menschen zu gewinnen und Verbrechen auf Handlungsweisen,
Täter, Praktiken und Motive hin zu untersuchen.^ Auch Strafpraktiken wur-
den in den letzten Jahren auf ihre sozialen und kulturellen Funktionen sowie
auf die Art ihrer Darstellung in den Quellen hin analysiert.^

50 Beholding violence. Zur Ästhetik von Gewaltdarstellungen siehe die Beiträge in: Ästhetik der
Gewalt (stark neuzeitlich orientiert).
51 Als Auswahl sei nur auf einige Werke mit breiterem Fokus verwiesen: Europäische Bauernre-
volten; Fourquin, Anatomy; Berce, Fete; Revolte und Revolution; Rural protest; Violence and
civil disorder; Mollat/Wolff, Ongles bleus.
52 Wegweisend ist z. B. der Aufsatz von Oexle, Kultur der Rebellion. Siehe vor allem die neuere
Synthese von Cohn, Lust.
55 Siehe hierzu Bommersbach, Gewalt und Flinck, Gewalt.
54 Vgl. Schwerhoff, Kriminalitätsforschung, S. 30-39, 54-71; Schwerhof, Gewaltkriminalität.
55 Siehe z. B. Schuster, Stadt; Schwerhoff, Köln; Burghartz, Disziplinierung, sowie die Beiträge in:
Mit den Waffen der Justiz. Als Überblick für das Mittelalter eignet sich Schubert, Räuber sowie
aus französischer Sicht Gonthier, Chätiment.
50 Für das Mittelalter siehe z. B. Finch, Nature; Given, Society.
5" Vgl. z. B. Muchembled, Populär culture; Muchembled, Violence; Gauvard, Grace espedal
(zuerst 1991 erschienen).
55 Gauvard, Grace espedal; sowie jüngst Skoda, Medieval violence. Für die Frühe Neuzeit wur-
den die Lettres de remission durch Davis und jüngst Nassiet bearbeitet: Davis, Kopf; Nassiet, Vi-
olence.
59 Siehe z. B. Oschema, Cruel end; Israel, Hinrichtung; La peine; Mills, Suspended animation;
Boone, Justice; Gauvard, Memoire.
 
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