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Mauntel, Christoph; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Gewalt in Wort und Tat: Praktiken und Narrative im spätmittelalterlichen Frankreich — Mittelalter-Forschungen, Band 46: Ostfildern, 2014

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https://doi.org/10.11588/diglit.34763#0291

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290

IVI Problematisierungen

Als Teil der adligen Festkultur war das Duell ein Mittel, um seine Tapfer-
keit und Ehre unter Beweis zu stellen. Entsprechend konnten provozierende
Worte zu einer Duellaufforderung ausreichen: 1391 warfen einige englische
Ritter in Calais den Franzosen Feigheit vor, da sie noch nie gesehen hätten,
dass Franzosen sich aneinander messen würden (/mre armes). Regnaud de
Roye und Jean II. le Maingre (genannt Boucicaut) sahen sich dadurch heraus-
gefordert und holten das königliche Einverständnis für einen Zweikampf ein,
bei dem dann Engländer und Franzosen gegeneinander kämpften. Es ging
dabei nicht darum, den Gegner im Kampf zu besiegen: Um schließlich nie-
manden zu brüskieren (und wohl auch, um den Frieden zwischen beiden
Reichen zu wahren), entschieden die Richter, alle Beteiligten hätten gleicher-
maßen ehrenhaft gekämpft A Das anschließende Fest aller Beteiligten und der
Austausch von Geschenken machten eindrücklich deutlich, dass sich die eng-
lischen und französischen Adligen einer gemeinsamen Kultur zugehörig fühl-
ten.^ Bei Fürstentreffen, Hochzeiten oder anderen Gelegenheiten bildeten
Zweikämpfe und Turniere das Rahmenprogramm, der Sieger wurde oft mit
einem Preis belohnt.^ In dieser Funktion als unterhaltsamer Wettbewerb
wurden Zweikämpfe von ritterlich orientierten Chronisten mit großer Hinga-
be geschildert.^
Die höchste Form dieses adligen ritterlichen Habitus' war die Zweikampf-
aufforderung unter Königen A Während große Schlachten als Gottesbeweis
galten, war das königliche Zweikampfangebot wiederum der besondere
Ausweis der individuellen Tapferkeit eines Herrschers, der Blutvergießen
unter am Streit Unbeteiligten vermeiden wollte. Theoretisch konnte der Her-
ausgeforderte sein Gesicht nur durch eine angemessene Antwort wahrenA
Zum Kampf jedoch kam es nieA Vielmehr bot der verbale Schlagabtausch

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esse frederefMr SMpcr ZsZ/s. Chronique du Religieux, Bd. 3, S. 306.
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Z/cMX prcscMS. Juvenal des Ursins, Histoire, S. 385.
78 Zur Adelskultur siehe Paravicini, Einheitliche Adelskultur.
79 Chronique des quatre premiers Valois, S. 313; Journal d un Bourgeois, S. 83f. (§117).
80 Siehe als ein Beispiel die lange Schilderung der Zweikämpfe Pierres de Courtenay bei Froiss-
art, Chroniques (liv. III & IV), S. 384-394 (IV,4-5).
8' Dazu Prietzel, Kriegführung, S. 86-94; Israel, Vereitelter Zweikampf, S. 402-404; Schneider,
Zweikampf.
87 Neumann, Zweikampf, S. 168-177. Karl von Durazzo wandte 1382 einen Trick an, um dem
Kampf gegen Ludwig von Anjou um die Krone Neapels zu entgehen. Auf dessen Herausfor-
derung hatte Karl geantwortet, er werde sich Ludwig kampfbereit stellen - und genau das tat
er, um sich dann nach einem kurzen Auftritt in Rüstung wieder zurückzuziehen. Ludwig zog
schließlich unverrichteter Dinge ab, Chronique du Religieux, Bd. 1, S. 332-338.
88 1355 bot Johann II. Edward III. einen Zweikampf an: Lc d/Z rot/ (...) wende (...) t?Me // sc cow/v/ro-
ZZ HM d/Z Ang/ois, sc // uoM/oi/, corps e corps OM poMuoir conZrc poMuo/r, e ^Mc/^MC JoMr ^M'/Z uoMdro/Z.
Mais /c d/Z AMg/o/s rt^Mse /e ZwZeZ//c cZ s'cw repesse /e wer cn Awg/cZcrrc sens p/MS Jä/re e ce//ey?/s.
Chronique des regnes, Bd. 1, S. 54. Ähnlich auch 1282 in Sizilien, als ein geplaner Zweikampf
zwischen Peter III. von Aragon und Karl I. von Anjou scheiterte, vgl. Vones, Mode und Israel,
Vereitelter Zweikampf, die beide die hohe symbolische Bedeutung und propagandistische
Wirkung allein des Kampfangebots betonen.
 
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