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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 27.1928

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Wienkoop, Arthur: Der Kirchenneubau des Ordens der Pallottiner in Limburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.48540#0231

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183

Architekt J. H. Pinand, Darmstadt
Kirche in Limburg-. — Sakristei und Chor


DER KIRCHENNEUBAU DES ORDENS DER PALLOTTINER
IN LIMBURG

Es ist zweifellos, im Kirchenbau der Neuzeit — insbe-
sondere dem der katholischen Kirche — stehen wir vor
Offenbarungen; seit 2—3 Jahren mehren sich die Zeugnisse
schöpferischer Erlebnisse besonderer Art! — Mit dem, was
man den „neuen Stil“ nennt — die Richtung Corbusier und
Genossen — hat das nichts zu tun; es ist ein Besonderes, auf
das engste verknüpft mit dem Wesen und der seelischen
Struktur der Kirche — und es wird immer klarer, der Archi-
tekt einer modernen katholischen Kirche muß in erster Linie
Katholik sein — nicht bloß äußerlich — nur wer das innerste
Wesen der Kirche erfaßt hat, kann von dieser Grundlage aus
dem Inhalte eine Form geben! — Deshalb sind auch die Ver-
suche, eine Kirche im „neuen Stil“ zu bauen, hoffnungslos
falsch — weil hier die Einheit fehlt — eben das, was der
Nichtkatholik nicht weiß, daß katholisch sein „letztes und
höchstes Erfaßtsein kosmischer Universalität als geschlossenes
Ganzes“ ist — oder mit anderen Worten „Urewiges Har-
monieerleben alles Sichtbaren und Unsichtbaren“.
Und es leuchtet klar und eindeutig auf, daß nur der
Architekt mit Erfolg ein katholisches Gotteshaus bauen wird,
der den Zusammenhang der heiligen Handlung mit dem
Raum erfaßt hat, so daß in erster Linie der Kirchenbau als
raumschöpferisches Ergebnis zur Geltung kommen muß. —
Man geht dann nicht zu weit, wenn man den scheinbar toten
Stoff, die Materie Stein, Eisen, Holz teilnehmen läßt an
dem in der heiligen Messe stattfindenden Erlösungswerke!
Das ist ja das geheimnisvolle Wunderbare der gotischen

Kathedrale, daß nicht nur die Seele der Gläubigen sich zu
den Sphären des Ewigen emporschwingt, daß auch im Raum
die Pfeiler und Gewölbe herausgehoben werden aus den Ge-
setzen erdgebundener Statik, und mit den Schwingungen
gregorianischer Chorgesänge in die Welt der reinen Geister
emporgehoben werden.
Aus diesen Gedanken wird es klar, daß das deutsche
Mittelalter, die Hochgotik, den äußerlich sichtbaren Aus-
druck der katholischen Kirche am reinsten verkörpert hat,
und da die Kirche in ihrer Struktur und Wesenheit un-
wandelbar verharrt, so wird der Kirchenbau von heute und
von morgen immer — in einem wohlverstandenen Sinne
„gotisch“ sein und werden müssen.
Die in den Abbildungen dargestellte Pallottinerkirche zu
Limburg ist mehr als ein Versuch; ich betrachte sie als einen
Markstein in der Entwicklung des Kirchenbaues der Neuzeit.
Das Wesentliche, das Wichtigste ist hier geglückt. Eine
raumschöpferische Synthese entstand, welche den christo-
zentrischen Grundbegriff des katholischen Gotteshauses um-
schließt. — Feierliches Geheimnis umfängt den, der das
Innere betritt. •— Es gehörte Mut dazu, den großen hohen
Hallenraum mit den dem Auge unsichtbaren, hinter tiefe
Laibungen verborgenen schmalen Fenstern zu belichten.
Das Ergebnis dieser Lichtwirkung ist ein erfreulich ge-
glücktes Wagnis, — und es erfüllt die Sehnsucht des ver-
innerlichten Beters.
Und aus dem Dunkel des Raumes leuchtet hell hervor
 
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