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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 27.1928

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Arbeiterhäuser von André Lurc̨at
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https://doi.org/10.11588/diglit.48540#0603

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501


Andre Lur§at, Paris
Entwurf von Arbeiterhäusern in Villeneuve-Saint Georges: Gesamtplan
ARBEITERHÄUSER VON ANDRE LURQAT

Arbeiten dieses sehr regen Pariser Architekten wurden in
.diesen Heften schon gezeigt. Ergänzend seien hier noch
einige Proben aus Einzelwohnhäusern vorgeführt, die den mo-
dernen Geist dieses Baumeisters spüren lassen. Das Schwerge-
wicht der Betrachtung legen wir diesmal aber auf das Projekt
von Arbeiterhäusern für Villeneuve-Saint Georges, das uns in
vieler Hinsicht neue Anregungen für diesen heute dringlichsten
Typus zu bieten scheint.
Der Regulierungsplan zieht zwei Straßen, die sich gabeln. Die
übliche Bebauung entlang den Straßen würde einerseits wenig
Sonnenfronten, andererseits viel Windfronten ergeben. Lurgat
stellt seine Gebäude senkrecht zur Straßenflucht, ja überbaut
die Straßen mit ihnen. So erzielt er Sonnenfänger im besten
Sinn und gewinnt Platz. Die Trakte sind schmal (sieben Meter),
um alle Wohnräume an die günstig orientierten Fassaden zu
plazieren. Sie sind in Distanzen von 24 m angelegt, so daß bei
einer Gesamthöhe des Gebäudes von 19 m noch die untersten
Stockwerke von den tiefsten Sonnenstrahlen im Winter erreicht
werden. So sind über relativ kleinem Terrain 10 Längstrakte
errichtet (5 über jeder Straßenflucht), zwischen denen sich Ruhe-
gärten und Spielgärten für die Kinder befinden. An der Straßen-
gabelung stoßen zwei Trakte aneinander an und nehmen ein
Badgebäude zwischen sich. Der freibleibende Zwickel dahinter
— also zwischen den Straßen — ergibt ein schönes Spielgelände
und einen englischen Garten.
Jedes Gebäude enthält ein Kellergeschoß, ein Zwischengeschoß,
fünf gleiche Stockwerke, eine zugängliche Dachterrasse. Alle
Stockwerke sind durch eine einzige Treppe in Eisenbeton ver-
bunden. Die verschiedenen Einzelwohnungen jedes Stockwerks
sind unter sich durch eine vorgelegte, nach außen offene Galerie
verbunden, an der die Eingangstüren und die Haushaltsräume

liegen. In den Straßendurchstößen sind Läden eingebaut, so daß
die Bewohner ihre Einkäufe immer im Schutz des Hauses besor-
gen können. An diese Läden im Zwischengeschoß sind Wohnungen
angegliedert: Wohnküche, Zimmer und Keller. Jedes der oberen
Stockwerke enthält 5 Wohnungen. Zwei Wohnungen nach dem
Typus A: ein großer Gemeinschaftsraum (mit Platz für zwei
Kinderbetten), zwei Zimmer, Küche, Toilette mit W. C., Dusche.
Eine Wohnung Typus B: zwei Zimmer, Wohnküche und W. C.
Eine Typus C: wie B. Eine Typus D: ein Zimmer, Ecke mit
Gas und Toilette, W. C. Die Dachterrasse ist allen Bewohnern
zugänglich.
Jede Wohnung ist durch ein eigenes Entree vom Außen ge-
schieden. Alle Zimmer sind zur Sonnenseite orientiert, jedes
hat einen Waschtisch mit laufendem Wasser, eingebauten Schrank
für Kleider und Leibwäsche, einen Kamin. Die Küche ist schwarz
getäfelt. In einer Ecke steht ein Gas- oder Kohlenherd, Ausguß
mit Spültisch in Fayence, dahinter schützen weiße Fayenceplatten
die Mauer. Die Küche ist nach Norden orientiert. Die Wohnungen
für große Familien haben außerdem noch eine Loggienterrasse
auf. der Sonnenseite.
Äußerste Ökonomie bestimmte auch die Konstruktion. Es mußten
außergewöhnlich schnelle und einfache Konstruktionsmittel gefun-
den werden. Beidem dient der Eisenbeton und die Standardi-
sierung der Bauelemente. Gerüst und Deckendurchzüge sind aus
Eisenbeton. Dies Gerüst wird mit hohlen Zementsteinen verschalt,
was trotz Dünne und Leichtigkeit vollkommene Isolierung gegen
außen ergibt. Alle Konstruktionselemente sind für Serienher-
stellung durchgearbeitet: drei Fenstermodelle, ein Modell
für die Außentüre, ein Modell für die Innentüren, je ein Mo-
dell für Herd, Ausguß, Waschtisch usw- Das Projekt schafft
ca. 300 Wohnungen. Dr. O. S.
 
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