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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 27.1928

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Der Hindenburgbau in Stuttgart
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https://doi.org/10.11588/diglit.48540#0327

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261


Der Hindenburgbau, Stuttgart. Ansicht gegen den Hindenburgplatz
Architekten: Büro der Indastriehof A.-G.
Bielenberg & Moser, Berlin ; A. Eitel, Stuttgart
Prof. P. Schmohl, Baurat G. Staehelin, Stuttgart
Mitarbeiter und Vorstand des Büros: Reg.-Baumeister E. Zink
Für die Architektur-Ausbildung des Cafes wurde Prof. K. Pullich, Wiesbaden, zugezogen

DER HINDENBURGBAU IN STUTTGART

Es gibt wohl kaum eine Stadt in Deutschland, deren bauliche
Entwicklung in den letzten Jahren so großzügig und fort-
schrittlich gestaltet wurde wie Stuttgart. Man erkennt überall
emen aufstrebenden Geist, der, auf Altem aufbauend, sich grund-
sätzlich zum Neuen bekennt. Der Bau der Weißenhofsiedlung
durch die Stadt Stuttgart bedeutet in erster Linie eine offensicht-
liche Bejahung moderner Bauentwicklung. Das „Experiment“ wie
diese Siedlung von den Skeptikern so gern genannt wird, ist
mehr als ein Versuch, es ist Beweisführung dafür, daß die ver-
schriene extreme Richtung moderner Architektur bei weiterer prak-
tischer Durchbildung sehr wohl zu einem gesunden Ziel führen
kann. Gerade in Stuttgart selbst finden wir..die in dieser Sied-
lung gegebenen Anregungen weitergeführt. Überall in der Stadt,
wie auf den umschließenden Hängen keimt das Neue. Große
moderne Geschäftsbauten geben dem Stadtbild verheißungsvolle
Akzente. Den Kernpunkt der neuen Stuttgartei- Bauentwicklung
bildet jedoch der Bahnhofvorplatz mit seinem angrenzenden Ge-
lände. Durch die Verlegung des Hauptbahnhofs ist hier eine städte-
bauliche Umgruppierung vollzogen worden, die bestimmend für
das künftige architektonische Gesicht Stuttgarts ist. Das Bahnhofs-
gebäude selbst bildet in seiner wohlgegliederten Geschlossenheit
eine wirkungsvolle Platzwand des Bahnhofsvorplatzes. Die zweite,
gegenüberliegende Hauptwand, der Hindenburgbau, wird gegen-
wärtig errichtet und ist bereits in seinen Untergeschossen z. T.
seiner Bestimmung übergeben worden.
Her Hindenburgbau wurde im Auftrage der Bahnhofplatz A.-G.
und der Grundstück A.-G. am neuen Bahnhof Stuttgart durch das
Architektenbüro der Industriehof A.-G.. in seiner Gesamtanlage
sowohl entworfen, als auch ausgeführt. Dieses Architektenbüro
besteht aus den Firmen Bielenberg & Moser, Berlin, Albert Eitel,
Stuttgart, Prof. P. Schmohl und Baurat G. Staehelin, Stuttgart.
Mitarbeiter und zugleich Vorstand des gemeinsamen Büros ist
Reg.-Baumeister E. Zink. Für die architektonische Ausbildung des
Kaffees wurde Herr Prof. Pullich, Wiesbaden, zugezogen, und bei
der Ausstattung der Säle im I. Stock hat Herr Architekt Camill
kiraeser mitgewirkt.

Die Bauaufgabe war von vornherein durch gewisse städtebau-
liche Bestimmungen von Seiten der Stadtgemeinde Stuttgart be-
grenzt. Der breiten Front des Bahnhofs sollte eine in gleicher
Weise geschlossene Platzwand gegenübergestellt werden. Infolge-
dessen war es nötig, die den Bauplatz in der Mitte durchschneidende
Stefanstraße zu überbrücken. Zugleich wurde im Inneren des
gesamten Baublockes eine platzartige Erweiterung der Straße
vorgeschrieben, die durch eine breit angeordnete Arkadenfolge
in den Bahnhofsvorplatz einmünden sollte. Dadurch erhielt die
Mitte des langgestreckten Hindenburgbaues von vornherein
eine besondere Betonung. Für den Architekten bestand nun die
Hauptaufgabe darin, den Gesamtbau so zu gestalten, daß er
dennoch seine Einheit und geschlossene Wirkung wahrt. Der Bau
ist zunächst nur bis zum ersten Obergeschoß einschließlich er-
richtet worden, kann also nur ein vorläufiges Bild der künftigen
Gesamtwirkung geben, die einen weiteren Aufbau von vier Ober-
geschossen vorsieht. Immerhin läßt das heutige sonst noch un-
fertige Bauwerk erkennen, in’ welcher Weise die Architekten ihre
Aufgabe lösen.
Die große, ruhige Klarheit der Gesamtgruppierung wie der
Unterteilung, der bis jetzt als Sockel für den geplanten vierstöckigen
Oberbau errichteten Geschosse wirkt recht ansprechend. Die obere
glatt durchlaufende Wandfläche faßt die beiden seitlichen Trakte
und die mittlere Rundbogenstellung zu einem Ganzen zusammen.
Diese geschlossene Bildung wird sich natürlich erst mit der
Vollendung der Obergeschosse recht auswirken.
Einen wirklichen Eindruck von den künstlerischen Leistungen
am jetzigen Bauteil vermögen die fertiggestellten Innenräume
des großen Restaurants- und Kaffeebetriebes im südöstlichen
Flügel zu vermitteln. In geschickter Ausnutzung und Aufteilung
des Grundrisses sind hier großzügige künstlerische Räume ent-
standen. Neben dem Hauptrestaurant, das mit seiner bis zur
Decke durchgeführten Nußbaumtäfelung als wohnlicher weiter
Saal sich darbietet, beansprucht vor allem das Kaffee besondere
Beachtung. Durch eine beherrschend angelegte, in ihrem Lauf
weich geschwungene Treppe und durch die weite kreisförmige
 
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